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Niedrige Zinsen machen Riester-Anlegern zu schaffen.

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Altersvorsorge: Riester in der Zinsfalle

Trotz staatlicher Zulagen lohnen sich viele Produkte zur Altersvorsorge nicht. Die Renditen bröckeln weil die Anbieter lediglich den Erhalt von Beiträgen und Zulagen garantieren.

Die niedrigen Zinsen machen auch Riester-Anlegern zu schaffen. Betroffen sind nicht nur Banksparpläne, sondern auch andere Riester-Produkte wie Fondssparpläne und Rentenversicherungen. Weil die Renditen sinken – bei unverändert hohen Kosten –, könnte es sich für manche Sparer sogar lohnen, auf die staatlichen Zulagen zu verzichten und stattdessen mit günstigeren und renditestärkeren Produkten in Eigenregie fürs Alter vorzusorgen, sagt Altersvorsorge-Experte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

16 Millionen Deutsche sparen fürs Alter mit einem Riester-Vertrag Geld an, davon knapp elf Millionen mit einer Versicherung, gut drei Millionen mit Investmentfonds, 1,3 Millionen mit dem „Wohn-Riester“ und 811 000 über einen Banksparplan. Sie profitieren zwar von staatlichen Zuschüssen (154 Euro Grundzulage plus bis zu 300 Euro pro Kind und Jahr) und Steuererleichterungen. Doch die Renditen bröckeln. Zwar müssen die Anbieter von Riester-Produkten den Erhalt von Beiträgen und Zulagen zum Ende der Sparphase garantieren. Doch positive Renditen werden manche Sparer darüber hinaus nicht erwarten können.

Die Anbieter von Banksparplänen, vor allem Sparkassen und Volksbanken, haben die Zinssätze bereits massiv reduziert, meist auf 0,05 Prozent, teilweise auch auf null Prozent. Die Anbieter könnten sogar negative Zinsen verlangen, also von den Kunden Geld einbehalten. Denn die Zinsen sind meist an die Umlaufrendite gekoppelt, von der die Bank dann einen halben bis einen Prozentpunkt für sich einbehält. Da die Umlaufrendite, die die Renditen eines Korbs öffentlicher Anleihen widerspiegelt, derzeit nur noch bei 0,2 Prozent liegt, wären also Sätze bis minus 1,2 Prozent denkbar. „Vorerst“ sei das kein Thema, ein Zins von null oder darunter sei tabu, heißt es bei der Skatbank oder der Mainzer Volksbank. Die Volksbank Gronau-Ahaus, einer der zinsstärksten Anbieter, will zumindest für Bestandskunden an ihrem „Mindestsatz von 0,5 Prozent“ festhalten, kann dies aber „bei weiter sinkenden Marktzinsen für neue Kunden vielleicht nicht mehr garantieren“.

Gesunkene Mindestverzinsung

Kunden von Riester-Versicherungen wiederum leiden unter der erneut gesunkenen Mindestverzinsung von 1,25 Prozent, die auch nur für eingezahlte Beiträge und Zulagen nach Abzug aller Kosten gilt. Da die Versicherer das Geld der Kunden hauptsächlich in Anleihen anlegen müssen, werden die Erträge weiter sinken: Etwa 30 Prozent aller Staatsanleihen in der Eurozone weisen inzwischen negative Renditen auf. Wegen des Anleihen-Kaufprogramms der Europäischen Zentralbank befürchten Beobachter und Analysten, dass die meisten Staatsanleihen früher oder später negative Renditen aufweisen werden. Verbraucherschützer raten deshalb vom Neuabschluss einer Riester-Rentenversicherung derzeit generell ab.

Nauhauser: „Angesichts der Zinsebbe ist zu erwarten, dass ein neuer Vertrag etwa zehn Jahre im Minus bleibt, weil die niedrigen Zinsen bei Weitem nicht die Abschlusskosten und die laufenden Gebühren erwirtschaften können.“ Damit habe der Sparer kaum eine Möglichkeit zum Anbieter- oder Produktwechsel. Doch auch steigende Zinsen seien für die Versicherer ein Problem: Denn eine Zinswende drückt dann die Kurse alter Anleihen, von denen die Versicherer derzeit noch zehren. Zudem sitzen die Anbieter dann auf Bergen alter, niedriger verzinster Anleihen, so dass Versicherungskunden länger im Zinstal gefangen bleiben als andere Anleger.

Axel Kleinlein, Vorstand des Bundes der Versicherten, rät dennoch von der Kündigung laufender Riester-Verträge ab. Sinnvoller sei es, einen Vertrag beitragsfrei ruhen zu lassen – und frisches Geld in ein renditestärkeres Produkt einzuzahlen. Gerne werden hier Investmentfonds empfohlen. Doch auch hier wirkt der Zinszügel, vor allem bei älteren Riester-Sparern: Weil die Anbieter den Erhalt von Beiträgen und Zulagen garantieren müssen, schichten sie trotz der Hausse an den Aktienmärkten bei älteren Kunden und bei geringsten Schwächezeichen der Märkte sofort in Rentenpapiere um. Dies drückt die Rendite erheblich. Riester-Kunden, die die Aktienmärkte nutzen wollten und deshalb auf Fondslösungen gesetzt haben, müssen sich teilweise für die vergangenen zehn Jahre mit weniger als zwei Prozent Rendite pro Jahr begnügen. Hier fallen die hohen Kosten ins Gewicht.

Probleme auch bei Bausparverträge

Auch auf Bausparverträge („Wohn- Riester“) könnten Probleme zukommen, vermutet Nauhauser. Da es auch hier ältere Verträge mit höheren Verzinsungen gebe, seien Kündigungswellen denkbar. Jenseits der Riester-Verträge haben einige Bausparkassen tausenden Kunden gekündigt, weil sie die Versprechungen der Vergangenheit nicht mehr erfüllen konnten oder wollten. Auch für ältere Anleger könnte es schwierig werden, Riester-Verträge zu ergattern. Denn es dauert wegen der niedrigen Zinsen immer länger, bis Versicherer die versprochene Garantieverzinsung erwirtschaften. Je älter der Kunde, desto kürzer ist die Laufzeit des Vertrags. Einige Anbieter haben das Maximalalter für Neuverträge gesenkt.

Ob der Abschluss eines Riester-Vertrags überhaupt noch Sinn macht, hängt laut Kleinlein von der Höhe der staatlichen Zulagen und/oder der Steuervorteile ab. Zwar sei das System „ineffizient, unrentabel und bürokratisch“, doch könnten Alterssparer profitieren, die bei geringeren Einkommen (und damit geringerer Eigenleistung, denn zu zahlen sind vier Prozent des beitragspflichtigen Einkommens) und mehreren Kindern von einem hohen staatlichen Förderanteil profitieren. Anlegerschützer Nauhauser gibt jedoch zu bedenken, dass etwa die Hälfte der Rendite beim Riester-Sparen von Gebühren und Kosten aufgefressen werde.

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