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Signal und Telegram gehören zu den bekannteren Messenger-Alternativen.

© imagao / photothek.de / Florian Gärtner

Alternativen zu Whatsapp: Was machen Signal oder Telegram besser?

Neue Regeln beim Messengerdienst Whatsapp irritieren die Nutzer*innen. Sorgen um den Datenschutz weckten zuletzt wieder das Interesse an Alternativen. Nicht alle sind zu empfehlen.

Von Jonas Bickelmann

Die Beunruhigung war groß. Millionen Menschen wurden von der weltweit meist genutzten Messenger-Anwendung Whatsapp aufgefordert, ab dem 7. Januar neue Nutzungsbedingungen zu akzeptieren. Und zwar mit der Drohung, ohne Einwilligung könne man den Dienst schon ab dem 8. Februar nicht weiter nutzen, wie es hieß. Vielen Nutzer*innen passte nicht, dass sie damit zustimmen sollten, dass Whatsapp bestimmte Daten mit dem Mutterkonzern Facebook teilen darf.

Was sich genau ändern soll, war allerdings unklar. Zugriff auf Nachrichteninhalte wird Facebook weiterhin nicht haben, denn die sind verschlüsselt. Telefonnummern, Infos zum Betriebssystem des Smartphones und Zeitpunkte der Nutzung sind aber für Facebook einsehbar. Gleichzeitig teilte Whatsapp mit, es gebe „keine Änderungen an den Praktiken der Datenweitergabe von Whatsapp in der europäischen Region“.

Tatsächlich hat Facebook schon seit vier Jahren Zugriff auf die Handynummern der Whatsapp-Konten. Es gehe nun vor allem darum, dass Unternehmen in Zukunft die Möglichkeit nutzen können, auf ihrer Facebook-Präsenz eine Verknüpfung zu Whatsapp anzubieten, teilte der Konzern mit und beklagte sich, seine Ankündigung sei falsch interpretiert worden.

Ebenfalls groß war nämlich die Empörung über den Zwang, die neuen Bedingungen akzeptieren zu müssen. Facebook hat auch wegen der zugekauften Tochterfirmen wie Whatsapp und Instagram eine außergewöhnliche Marktmacht. „Dies ist ein riesiges ‚Fick dich‘ an die Kartellbehörden“, beschwerte sich der ehemalige Facebook-Investor Roger McNamee auf Twitter. Whatsapp knickte schließlich ein: Die neuen Regeln sollen jetzt nicht mehr Anfang Februar in Kraft treten, sondern erst ab dem 15. Mai. Ändern soll sich an ihrem Inhalt aber nichts.

Besonders gegenüber den großen Digitalkonzernen sind die Deutschen in Datenschutzfragen sehr vorsichtig. Allerdings plant auch die EU, die geheime Kommunikation über Messenger-Apps einzuschränken. Sicherheitsbehörden wünschen sich eine sogenannte Hintertür, um die Chatverläufe etwa von Terrorverdächtigen mitlesen zu können. Der Vorstoß des Europäischen Rats könnte schon bald zu einer verbindlichen gesetzlichen Regelung führen.

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Zuletzt schauten sich viele der weltweit etwa zwei Milliarden Nutzer*innen nach Whatsapp-Alternativen um. „Lasst euch nicht erpressen, nutzt andere Messenger“, forderte zum Beispiel der Digital-Aktivist Henning Tillmann. An Konkurrenten mangelt es nicht. Noch ist allerdings das beste Argument für Whatsapp, dass hier die meisten Kontakte zu finden sind. Aber das ändert sich langsam: Nachdem die neuen Nutzungsbedingungen angekündigt wurden, rutschten andere Messenger- Apps in den Download-Charts auf die vorderen Plätze.

Threema: Für Anonyme

Ein Schweizer Qualitätsprodukt, das seinen Preis hat: Anders als Signal oder Telegram ist der Messenger Threema nur in einer Bezahlversion verfügbar. Eine zeitlich unbegrenzte Lizenz kostet bei direktem Download auf der Website 3,71 Euro, in den App-Stores geht es schneller, kostet dafür aber 3,99.

Bei der Anonymität hat Threema auch den international bekannteren Alternativen Telegram oder Signal etwas voraus. Für die Anmeldung ist keine Telefonnummer nötig. Der Zugang wird mit einem zufallsgenerierten Identifizierungscode verknüpft. Anders als bei der Handynummer ist damit kein Rückschluss auf die Person möglich.

Das bedeutet aber auch, dass die Nachrichten nicht so einfach auf ein neues Handy übertragen werden können wie etwa bei Whatsapp. Dort loggt man sich einfach mit derselben Handynummer ein und alle Chats sind wieder da. Bei Threema müssen sie manuell übertragen werden. Es ist also eine Frage der Prioritäten: Lieber unkompliziert oder lieber anonym? Threema sammelt auch keine Daten der Nutzer*innen und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gehört selbstverständlich zum Funktionsumfang. Dahinter steht eine vergleichsweise kleine Firma mit Sitz im beschaulichen Pfäffikon im Kanton Schwyz. Threema wickelt sämtliche Kommunikation über Server ab, die in der Schweiz stehen.

Trotzdem: Bisher ist die App vor allem bei besonders Datenschutzbewussten verbreitet, genutzt wird sie von etwa acht Millionen Menschen. Seit Whatsapp in die Kritik geriet rückte die Anwendung hierzulande allerdings auf den ersten Platz der beliebtesten kostenpflichtigen Android-Apps.

Signal: Fürs Exil

Nicht nur das US-Militär vertraut dieser App, auch der im Exil lebende Whistleblower Edward Snowden kommuniziert über sie: Signal hat unter Datenschutzaktivist*innen einen besonders guten Ruf. Gleichzeitig müssen sie auf kaum eine der von den größeren Konkurrenten bekannten Funktionen verzichten. Es gibt Sprachanrufe via Internet, mit oder ohne Video und eine Anwendung für den Desktop.

Besonders bewundert wird Signal für seine starke Verschlüsselung. Expert*innen trauen ihr deutlich mehr zu als etwa der von Telegram. Whatsapp orientierte sich bei seiner eigenen Entwicklung am ungleich kleineren Wettbewerber. Die App ist außerdem kostenlos. Oft heißt es, für Gratis-Dienste müsse man mit den eigenen Daten bezahlen. Signal wertet diese aber nicht aus wie es Whatsapp oder Telegram machen.

Ein Manko für alle, die ganz und gar anonym bleiben wollen: Für die Anmeldung ist eine Telefonnummer notwendig. Der Quellcode der App ist als sogenannte Open Source frei im Internet verfügbar, sodass Versierte ihn weiterentwickeln und den eigenen Bedürfnissen anpassen können. Signal wird von einer US-Stiftung entwickelt, die keine Gewinne erwirtschaften möchte. Das hat sie auch nicht nötig. Stiftungschef Brian Acton trug zur Gründung 50 Millionen US-Dollar bei – er gründete einst Whatsapp mit und ist heute Milliardär.

Signals Vorgängerprojekt Whisper war schon während des Arabischen Frühlings in Ägypten beliebt. Viele Downloads verzeichnete Signal außerdem vergangenen Sommer in den USA, als es Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt gab.

Telegram: Für Kompromissbereite

Die aus Russland stammende App Telegram ist nach Whatsapp so etwas wie der ewige Zweite unter den Messengern. So ist die Chance, dort Bekannte zu finden deutlich besser als auf noch kleineren Diensten. Die App ähnelt der Nummer Eins auch im Design stark, Umsteiger werden sich leicht zurechtfinden. Es gibt wie bei Whatsapp eine Web-Variante, mit der man im Browser auf dem Computer Nachrichten lesen und schreiben kann. Außerdem ist Telegram kostenlos.

Allerdings sind Chats nicht standardmäßig verschlüsselt. In dieser Hinsicht ist sogar Whatsapp besser, hier ist die Verschlüsselung für alle Chats gültig. Bei Telegram gilt das nur für Anrufe und für „Geheime Chats“, die man extra aktivieren muss.

In der App können auch sehr große Gruppen erstellt werden, in denen jedoch nur die Gründer*innen posten können. Also eine Art digitaler Radiokanal. Weil solche Kanäle auch für die Verbreitung von Hetze und üblen Verschwörungsideologien genutzt werden, gibt es Kritik daran.

SMS: Für Nostalgische

Älter als alle digitalen Dienste ist die SMS. Schon vor mehr als 25 Jahren wurde die erste Kurznachricht verschickt. Aber wer sich in die guten alten Zeiten vor der Digitalisierung zurückwünscht und Datenschutzprobleme nur bei Facebook und Google vermutet, irrt. Die SMS ist unsicherer als Whatsapp.

Die Nachrichten sind zwar zunächst verschlüsselt, werden aber teilweise bei den Netzbetreibern zwischengespeichert, falls sie etwa an ein ausgeschaltetes Telefon gesendet werden – ohne Verschlüsselung. 

Auch mit speziellen Geräten können SMS entschlüsselt und ausspioniert werden. Oder sogar manipuliert, ohne dass der Sender etwas davon merkt.

Die Zahl der versendeten SMS nimmt seit dem Aufkommen der Messengerdienste stark ab. 2012 waren es in Deutschland noch fast 60 Milliarden, 2019 weniger als acht. Und dabei ist die Kurznachricht heute bei vielen unbegrenzt im Preis einer Flatrate enthalten. Wer würde heute schon neun Cent oder mehr für bloße 160 Zeichen bezahlen?

WeChat: Für gläserne Bürger*innen

Weit über eine Milliarde Menschen nutzen Chinas „App für alles“. Denn WeChat ist nicht nur eine Messenger-Anwendung. Sie dient zugleich als digitaler Geldbeutel, bietet kleine Spiele an und macht mit einer Suchfunktion Google und dem chinesischen Anbieter Baidu Konkurrenz. Sogar den Personalausweis können Bürger*innen der Volksrepublik in der App hinterlegen, er wird von chinesischen Behörden anerkannt.

All das gibt es gratis, angeboten vom Internetgiganten Tencent. Beim Datenschutz ist WeChat aber alles andere als eine sinnvolle Whatsapp-Alternative. Der chinesische Staat liest mit. Nachrichten sind nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt. Außerdem gibt es eine Chat-

Zensur in WeChat. Unliebsame Inhalte wie etwa zu den Wahlen in Hongkong werden gefiltert. Davon waren auch Nutzer*innen der App betroffen, die nicht in China leben. Und als sich 2020 Nachrichten über eine rätselhafte Lungenerkrankung aus Wuhan mehrten, blockierte WeChat sie zunächst, wie die „South China Morning Post“ berichtet.

Ex-US-Präsident Trump plante, WeChat ebenso wie Tiktok zu verbieten. Ein Gericht stoppte seine Pläne.

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