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Ob der Ventilator an sein soll oder aus, darüber kann es schnell Streit geben.

© dpa

Alltagskonflikte: Wenn Angestellten die Hitze zu Kopf steigt

Die Hitze im Büro macht vielen Menschen zu schaffen. Da können Alltagskonflikte schnell eskalieren.

Strümpfe aus, einen Eimer mit kaltem Wasser unter den Schreibtisch und die Füße rein – so behilft sich ein Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung im Büroalltag bei mehr als 30 Grad Außentemperatur. Andernorts gibt es Streit: Wie schnell darf der Ventilator drehen? Und in welche Richtung? Welches Prinzip ist das richtige bei der Klimaanlage? Prinzip Eisschrank oder sollte es moderat sein? Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat ermittelt, dass von den fast 20 Millionen Deutschen, die in Büros arbeiten, immerhin fünf Prozent sich an ihrem Arbeitsplatz nicht wohlfühlen.

„Behaglichkeit ist subjektiv“, stellt Jörg Feldmann von der BAuA fest. „Wenn dem einen mollig warm ist, friert vielleicht der Nachbar schon.“ Immer wieder verlaufen die Fronten zwischen den Geschlechtern, wenn es um Fragen nach Raumtemperatur und Durchzug geht. „Frauen frieren eher als Männer“, berichtet der Biologe Feldmann. Wissenschaftler streiten bis heute über die Gründe. Man munkelt, es liegt am langsameren Stoffwechsel der Frauen.

Optimal sind 20 bis 24 Grad

Selbst Feldmann, immerhin Fachmann für Gesundheit im Büro, ist bei der Frage nach der besten Raumtemperatur nicht sicher. „Optimal sind eigentlich 20 bis 24 Grad“, sagt er. Andererseits sollten die Innentemperaturen nicht mehr als sechs Grad von der Außentemperatur abweichen. Sonst leide der Kreislauf. Bei Temperaturen von 36 Grad wird das mit höchstens 24 Grad schwierig.

Aber Feldmann weiß Rat. So lohnt sich Lüften morgens, weil man dann die nächtliche Abkühlung noch nutzt. Direkte Sonneneinstrahlung lässt sich durch Jalousien verhindern. Auch Ventilatoren können Abhilfe schaffen, wobei wiederum deren Geräusch stören kann. Auch kriegt mancher Arbeitnehmer bei Zugluft schnell eine Erkältung. Erst recht, wenn er in der sommerlichen Hitze schwitzt.

Der Experte rät zum Zwiebelprinzip

„Zwiebelprinzip“, lautet hier die Empfehlung von Feldmann: Die Beschäftigten sollten sich mehrere Kleidungsstücke mitnehmen. Wer es lieber luftig hat, lässt sich dann im T-Shirt vom Ventilator anpusten, und wem es schon im Hals kratzt, der lässt den Pulli eben an.

Wem es partout zu heiß im Büro ist, der kann sich um einen kühleren Arbeitsplatz bemühen. Feldmann schlägt etwa Aktenarbeit im Keller vor. Insgesamt ist er aber optimistisch, was die deutschen Büros und ihre Sommerfestigkeit angeht. „Der Sommerfall kommt hierzulande ja auch nicht so häufig vor“, sagt er.

Mitarbeiter brauchen Rückzugsräume

Ähnlich gelassen sieht Andreas Feuser von der deutschen Rentenversicherung die Situation. Einerseits gebe es ungeahnt viele und kreative Ideen, wie die knapp 25 000 Beschäftigten deutschlandweit mit der Hitze umgingen – wie etwa den eingangs erwähnten Eimer Wasser für die Füße. Andererseits seien viele Kollegen gerade im Urlaub, freuten sich auf den Urlaub oder seien frisch erholt vom Urlaub, sodass die Stimmung in den Großraumbüros gelassen und ruhig sei. Da lasse sich das neue Rentenpaket der Bundesregierung trotz Hitze bewältigen.

Doch die Rentenversicherung ist wohl ein Positiv-Beispiel. Anika Graf von der Unternehmensberatung Profil M kennt sich mit den sogenannten Human Ressources in Unternehmen aus. „Den Menschen ist heiß, sie stehen unter Stress. Da wird mancher Konflikt härter geführt als sonst“, sagt die 31-Jährige. Sie empfiehlt Führungskräften, ihren Teams bei 38 Grad nicht zu viel aufzubürden. Außerdem solle man den Angestellten Rückzugsräume und Freiheiten lassen. So gilt es etwa zu verhindern, dass ein Kollege, der mit dem Eimer zur Arbeit kommt, dafür ausgelacht wird.

Philip Barnstorf

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