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Bewegtes Bild. Verbraucher wollen auch unterwegs nicht mehr auf ihre Lieblingsserien verzichten.

© picture alliance / dpa-tmn

Alles in einer Hand: Warum AT&T Time Warner kauft

Mobilfunkanbieter wollen nicht mehr nur das Netz bereitstellen – sondern auch die Inhalte. Der US-Anbieter AT&T kauft deshalb nun Time Warner.

Von Carla Neuhaus

Es ist die größte Übernahme dieses Jahres: 85,4 Milliarden Dollar gibt der US-Mobilfunkanbieter AT&T für den Medienkonzern Time Warner aus. Aber warum? Warum greift ein Mobilfunkanbieter nach einem Konzern, der Kinofilme wie Harry Potter oder Batman produziert, der Sender wie CNN und HBO besitzt? Dahinter steckt mehr als der Wunsch des Konzerns, mit aller Macht wachsen zu wollen. Vielmehr geht es um eine Branche, die ihren Höhepunkt eigentlich hinter sich hat, und deren Anbieter sich neu erfinden müssen, wenn sie weiter Geld verdienen wollen.

Der Mobilfunkmarkt war einst eine Goldgrube. Erst wollten alle ein Handy haben, dann ein Smartphone – und sie brauchten dafür Tarife. Mit jedem neuen Kunden konnten die Mobilfunkanbieter wachsen. Doch diese Zeiten sind vorbei. In Europa wie in den USA ist der Mobilfunkmarkt gesättigt. Dies- wie jenseits des Atlantiks gibt es inzwischen mehr Mobilfunkanschlüsse als Menschen. Europäer zum Beispiel haben pro Person im Schnitt 1,3 bis 1,4 Mobilfunkverträge. Wollen die Anbieter Kunden gewinnen, müssen sie sie also der Konkurrenz abwerben. Die Folge ist ein harter Preiskampf. Doch werden Mobilfunkverträge günstiger, können die Konzerne damit immer weniger verdienen.

Auch für Datenvolumen wollen die Kunden immer weniger zahlen

Zumal ihnen in den vergangenen Jahren ohnehin schon etliche Ertragsquellen abhanden gekommen sind. Seit es Nachrichtendienste wie Whatsapp gibt, sind Kunden kaum noch bereit, für SMS zu bezahlen. Und auch was das Datenvolumen angeht, werden Kunden anspruchsvoller: Sie wünschen sich unbegrenzte Verfügbarkeit, wollen selbst Videos unterwegs auf dem Smartphone anschauen können und das auch noch möglichst günstig. Mobilfunkmanager hatten einst gehofft, ihre Umsätze im gleichen Maße steigern zu können, wie der Datenverbrauch zunimmt. Doch daraus ist nichts geworden – zu groß ist der Druck der Kunden und der Wettbewerber.
Um dennoch weiter wachsen zu können, haben die Mobilfunkkonzerne zunächst versucht, Konkurrenten aufzukaufen. Besonders erfolgreich war dabei die spanische Telekommunikationsfirma Telefonica. Erst kaufte sie O2, später E-Plus. Durch deren Zusammenschluss ist schließlich der größte Mobilfunkanbieter Deutschlands entstanden. Auch AT&T versuchte sich an Übernahmen von Konkurrenten: Für T-Mobile US, eine Tochter der deutschen Telekom, war der Konzern bereit, knapp 40 Milliarden Dollar zu zahlen. Zustande kam der Deal nur deshalb nicht, weil die Kartellbehörde gegen den Zusammenschluss klagte. Das zeigt: Aufgrund der Größe der Konzerne sind Fusionen innerhalb der Branche inzwischen nur noch begrenzt möglich.

Deshalb suchen die Mobilfunkkonzerne verstärkt nach neuen Geschäftsbereichen – und entdecken den Fernseh- und Videomarkt für sich. Denn anders als das Geschäft mit Mobilfunkverträgen wächst der weiter, vor allem im Bereich Video on Demand: Immer mehr Nutzer wollen Serien und Filme jederzeit anschauen können – nicht nur dann, wenn sie gerade im Fernsehen laufen. Außerdem wollen sie sie auch unterwegs auf dem Smartphone schauen können. Und genau da kommen die Mobilfunkanbieter ins Spiel.

Mobilfunkanbieter kontrollieren nun auch die Inhalte

Die entwickeln sich durch die Übernahme von Medienkonzernen stark weiter. Früher waren sie lediglich diejenigen, die die „dumme Leitung“ kontrollierten, über die Nachrichten verteilt werden – während das große Geschäft andere machten. Doch jetzt beherrschen sie zunehmend auch die Inhalte, die über ihre Netze zum Kunden gelangen wie etwa Filme oder Serien.

Die Mobilfunkanbieter können durch die Übernahme der Medienkonzerne zum einen direkt an deren Erfolg teilhaben. Zum anderen können sie aber bestimmte Serien oder Filme ihren Kunden auch exklusiv anbieten – und sich so von der Konkurrenz abgrenzen. Besonders weit treibt das derzeit der spanische Telekom-Konzern Telefonica. Er will demnächst sogar seine eigene Serien produzieren. Acht Stück sollen demnächst gedreht werden.

Auch die Telekom setzt aufs bewegte Bild

AT&T ist also nicht der einzige Mobilfunkanbieter, der ins Fernsehgeschäft einsteigt. Auch die deutsche Telekom ist in diesem Markt zunehmend aktiv, bietet zeitunabhängiges Fernsehen über ihr Programm Entertain TV an und kooperiert mit dem amerikanischen Streamingdienst Netflix. Wie die Telekom will auch der britische Konzern Vodafone hierzulande Telefon, Internet und Fernsehen aus einer Hand vertreiben und hat deshalb den Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland gekauft.
Entsprechend groß ist die Hoffnung, die AT&T in das Geschäft mit dem bewegten Bild setzt. „Die Zukunft des Mobil-Geschäfts ist Video, und die Zukunft von Video ist mobil“, sagt Konzernchef Randall Stephenson.

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