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Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG

© dpa/Guido Kirchner

Abgestraft, aber nicht geschasst: Baumann ist Bayer-Chef auf Bewährung

Nach der verweigerten Entlastung fordern Investoren: Bayer-Chef Baumann muss auf die Aktionäre zugehen. Ein Rücktritt steht offenbar nicht zur Debatte.

Nach dem Eklat auf der Hauptversammlung fordern große Investoren einen Kurswechsel bei Bayer. „Ein ,Weiter so’ darf es nicht mehr geben“, sagte Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka dem Tagesspiegel. Bayer müsse auf die Aktionäre zugehen und „Klarheit bezüglich Schadenshöhe und Verfahrenslänge in die Rechtsrisiken bringen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“.

Die Deka und Union Investment hatten Bayer-Chef Werner Baumann am vergangenen Freitag auf der Hauptversammlung die Entlastung verweigert. So wie die Mehrzahl des Kapitals: Baumann blieb die Entlastung verwehrt. Ein unerhörter Vorgang.

Rechtliche Konsequenzen hat er zwar nicht. Dennoch ist das Votum eine Ohrfeige für die Bayer-Führung. Niemals zuvor haben die Anteilseigner einem amtierenden Dax-Chef das Vertrauen entzogen. Selbst die Deutsche-Bank-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen hatten 2015 noch 61 Prozent Zustimmung bekommen – traten aber dennoch wenige Wochen später zurück.


Die Aktionäre machen den Vorstand für den Absturz der Bayer-Aktie verantwortlich. Seit dem Kauf des US-Saatgut- und Pestizidherstellers Monsanto im vergangenen Sommer hat der Leverkusener Konzern gut 38 Milliarden Euro an Börsenwert verloren. Maßgeblich dafür ist eine Klagewelle gegen das von Monsanto hergestellte Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat.

In zwei Geschworenenprozessen ist Bayer zu Schadensersatz in Millionenhöhe verurteilt worden. Die Jurys waren der Auffassung, Glyphosat erzeuge Krebs. Mehr als 13.400 weitere Klagen sind in den USA anhängig. Nach einer Einschätzung der Ratingagentur Moody’s könnte Bayer einen möglichen Vergleich in Höhe von fünf Milliarden Euro verkraften, 20 Milliarden Euro – wie von einigen Analysten prognostiziert – wären aber schwer zu verdauen.

Baumann soll Chef bleiben

Trotz des Misstrauensvotums wollen jedoch weder der Aufsichtsrat noch die Investoren einen Rücktritt Baumanns. „Wir sind gegen einen Führungswechsel bei Bayer“, sagte Janne Werning, Analyst bei Union Investment, dem Tagesspiegel. Da die Klagerisiken frühestens im nächsten Jahr besser einzuschätzen seien, müsse man der Spitze mehr Zeit geben. Das sehen auch andere Investoren und der Aufsichtsrat so. Aufsichtsratschef Werner Wenning hatte Baumann bereits unmittelbar nach der Hauptversammlung sein Vertrauen ausgesprochen.

Auf einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung soll geklärt werden, wie es weitergeht. „Bayer muss die rechtlichen Herausforderungen in den USA in den Griff bekommen, ohne das operative Geschäft zu vernachlässigen“, fordert Werning. Eine wichtige Aufgabe sei es auch, die Produkt-Pipeline im Pharmageschäft wieder zu füllen. Die Fondsgesellschaft DWS fordert mehr Transparenz. „Wir erwarten, dass sich das Management mit den Investoren austauscht und seine ,Glyphosat-Strategie’ transparent darlegt, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen", sagt Nicolas Huber, Leiter Corporate Governance.

Streit um Glyphosat: Mehr als 13.400 Klagen sind in den USA wegen vermeintlicher Krebsgefahr anhängig.
Streit um Glyphosat: Mehr als 13.400 Klagen sind in den USA wegen vermeintlicher Krebsgefahr anhängig.

© epd

Am Donnerstag konnten sich die Aktionäre aber endlich wieder über einen Kursanstieg freuen. Die US-Umweltbehörde EPA bestätigte die Bayer-Position, dass Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung nicht krebserregend ist: man sehe weiterhin „keine Risiken für die öffentliche Gesundheit“.

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