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Die IBB hat vielen Kleinunternehmern schnell geholfen. So schnell, dass die Landesmittel jetzt nicht mehr für alle reichen.

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15.000 für Selbstständige und Kleinunternehmer: Wie soll überprüft werden, ob alle Corona-Zuschüsse gerechtfertigt waren?

Die IBB hat vielen Firmen mit schnellen Zuschüssen geholfen. Ob jeder Antrag berechtigt war oder wie das im Nachgang kontrolliert werden soll, bleibt unklar.

Tausende Unternehmer und Selbstständige in Berlin konnten sich in den vergangenen Tagen über ein üppiges Plus auf ihrem Konto freuen. Allein in der ersten Woche, in der Anträge möglich waren, überwies die Investitionsbank Berlin (IBB) Coronahilfen in Höhe von insgesamt 1,3 Milliarden Euro. Pro Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern sind 15.000 Euro an Zuschüssen möglich, die nicht zurückgezahlt werden müssen, bei bis zu fünf Mitarbeitern sind es 9000 Euro.

Die Auszahlung ist dabei ausgesprochen schnell, mitunter landet das Geld schon am Tag nach der Antragstellung auf dem Konto. Die Antragsteller müssen auf dem Weg zum Zuschuss keine hohen Hürden überwinden. Teils genügen der Name, das Gründungsdatum des Betriebes und die Steuer-ID. Anschließend kann man den Wunschbetrag eingeben. Wofür er benötigt wird, muss man nicht darlegen. Unterlagen muss man zunächst nicht hochladen, nur gegebenenfalls nachreichen.

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Nun ist diese unbürokratische Bearbeitung für viele Unternehmen überlebenswichtig gewesen, um die Liquidität angesichts einbrechender Einnahmen zu erhalten. Doch spätestens seit der Senat Anfang dieser Woche zugeben musste, dass alle Landesmittel bereits verbraucht sind und Antragsteller plötzlich - entgegen aller Versprechen aus der Politik - 5000 Euro weniger erhalten als ihre Vorgänger, stellt sich die Frage, wie die Vergabe kontrolliert wird.

Zuschüsse nur für bestimmte Kosten gedacht

Erfüllt wirklich jeder Antragsteller die Förderbedingungen? Ist die Höhe der Förderung in jedem Fall angemessen? Wird das Geld tatsächlich nur für laufende Kosten wie Mieten, Leasingsaufwendungen oder Personalkosten verwendet? Oder sind letztere nicht schon über das Kurzarbeitergeld abgegolten? Geschäftsführer-Gehälter, die Kompensation von Umsatz- und Honorarausfällen für persönliche Lebenshaltungskosten und Krankenkassenbeiträge dürfen beispielsweise nicht mit den Corona-Zuschüssen der IBB finanziert werden.

Schon kursieren Geschichten von Unternehmern mit nur einem Angestellten und geringen Mietkosten, die ohne weiteres um 15.000 Euro reicher waren. Das Problem existiert nicht nur in Berlin. Auch die Vorsitzende des Verbands Freier Berufe in Hamburg, Ute Mascher, hat bereits einige Missbrauchsfälle ausgemacht. Aus ihrer beruflichen Praxis seien ihr Fälle unerwünschter und unsolidarischer Mitnahmeeffekte bekannt geworden, sagt sie. So gebe es Teil-Selbstständige, die auch als Angestellte oder sogar Beamte ein festes Einkommen hätten und Ansprüche an die Soforthilfe stellten.

"Kontrolle erfolgt nachgelagert"

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft bleibt bei der Frage nach Kontrollen vage. "Wir haben entschieden, erst zu helfen. Die Kontrolle erfolgt nachgelagert", teilt eine Sprecherin auf Nachfrage mit. Zudem müssten Antragsteller die Richtigkeit der Angaben an Eides Statt versichern, es gebe zudem während des Verfahrens IT-basierte Prüfungen und manuelle Stichproben.

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"Durch Finanzämter und Rechnungshöfe (Bund, Land, EU) erfolgen Nachprüfungen", heißt es weiter. Die Fragen, wann diese stattfinden und wie genau sie aussehen - ob es etwa Hausbesuche sind - beantwortet die Senatsverwaltung nicht. Auch auf die Frage, welche Priorität man den Kontrollen einräumt angesichts tausender Antragsteller, die jetzt keine Landesmittel mehr bekommen, bleibt unbeantwortet. Das Bundeswirtschaftsministerium geht auf die Frage, wie die Auszahlung der Zuschüsse kontrolliert wird, auf Anfrage gar nicht ein.

Bei der IBB heißt es: "Mitnahmeeffekte wird es aber geben, das lässt sich bei der Zielsetzung eines schnellen und unbürokratischen Verfahrens leider nicht vollständig vermeiden." Man gehe aber von einer vernachlässigbaren Größe im Verhältnis zu der Gesamtzahl der bewilligten Anträge aus.

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Sollten im Antragsformular bewusst falsche Angaben gemacht worden sein, kommt neben einer falschen Versicherung an Eides je nach Organisation und Tätigkeit des Antragstellers ein Betrug oder ein Subventionsbetrug in Betracht. Diese Taten werden mit Freiheitsstrafe - Betrug und Subventionsbetrug mit bis zu fünf Jahren - oder mit Geldstrafe bestraft.

Bislang hieß es von der IBB, etwaige Falschangaben würden spätestens bei der nächsten Steuererklärung auffliegen. Das liegt daran, dass die Corona-Soforthilfe eine steuerpflichtige Betriebseinnahme darstellt, die die Empfänger in der Gewinnermittlung für den Veranlagungszeitraum 2020 erfassen muss. Die Steuerpflichtigen haben diese in der Steuererklärung vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen, teilt die Senatsverwaltung für Finanzen mit. Sie verweist zudem auf die "Instrumente" der Finanzbehörden, wie etwa Außenprüfungen, und betont, dass Steuerpflichtige und auch andere Personen zur Auskunft herangezogen werden können.

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