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Im August dieses Jahres war die Tiergartenstraße in Mitte knietief überflutet.

© dpa

128 Millionen Euro Schäden: Berlin ist vor Starkregen besonders schlecht geschützt

Mit dem Klimawandel wird Starkregen immer häufiger. Weder Hauseigentümer noch Kommunen sind darauf vorbereitet. Berlins Zahlen sehen besonders schlecht aus.

Daran, welche Folgen Starkregen haben kann, werden die Anwohner rund um den Gleimtunnel täglich erinnert. Im Sommer 2016 war die Verkehrsverbindung zwischen Prenzlauer Berg und Gesundbrunnen bei heftigen Regenfällen überflutet worden; Autos wurden von den Wassermassen weggeschwemmt. Seitdem ist der Tunnel gesperrt, Autofahrer müssen Umwege in Kauf nehmen. Eine Lösung ist noch nicht gefunden. Immer wieder füllt sich die Überführung seitdem bei Regenfällen kniehoch mit Wasser.

Mit diesem Problem stehen die Anwohner nicht alleine da. Zwischen den Jahren 2002 und 2017 haben extreme Regenfälle bundesweit 1,3 Millionen Schäden an Wohngebäuden verursacht, wie aus einer am Montag vorgestellten Studie hervorgeht. Zum ersten Mal haben der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und der Deutsche Wetterdienst (DWD) das Phänomen Starkregen und seine Folgen wissenschaftlich untersucht. Denn mit dem fortschreitenden Klimawandel wird Deutschland davon häufiger betroffen sein.

Starkregen alle 5 statt alle 13 Jahre

„Früher ging man davon aus, dass Starkregen sehr topografiebezogen auftritt“, erklärt Andreas Becker vom DWD und meint damit, dass sich das Phänomen vor allem auf Gebirgsregionen beschränkte. „Inzwischen kann man sich aber auch auf dem flachen Land nicht mehr davor sicher fühlen.“ Da Starkregen räumlich sehr konzentriert ist, gab es vor dieser Studie kaum Daten dazu. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Niederschlag schlicht nicht in einen der Messtöpfe des Wetterdienstes fiel, war zu groß.

Mit einer neuen Radartechnik kann der DWD Starkregen inzwischen flächendeckend erfassen. Wie häufig Starkregen in Zukunft auftreten wird, hängt laut Becker direkt an der Klimapolitik. Der DWD berechne drei Szenarien, je nachdem wie gut der Klimaschutz in Deutschland ausgebaut wird. „Im Moment haben wir einen schlechten Klimaschutz“, meint Becker. „Das würde bedeuten, dass Starkregen in Zukunft alle fünf statt alle 13 Jahre auftritt.“ Die meisten Starkregenereignisse zählte der DWD im Jahr 2018

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Berlin ist davon massiv betroffen. Im betrachteten Zeitraum gab es in der Hauptstadt an 131 von 1000 Gebäuden Starkregenschäden. Höher lag der Wert nur in Sachsen. Der Gesamtschaden in Berlin betrug demnach 128 Millionen Euro – und das bei „nur“ 27 Starkregenereignissen zwischen 2002 und 2017. Zum Vergleich: Bayern verzeichnete in dieser Zeit 1866 Starkregenereignisse, dennoch waren im Freistaat seitdem nur 88 von 1000 Gebäuden betroffen worden. Insgesamt beziffert der GDV den Schaden bundesweit auf 6,7 Milliarden Euro.

Adlershof nicht an die Kanalisation angeschlossen

Die Beseitigung der Schäden kostete betroffene Hausbesitzer laut der Studie im Schnitt 5293 Euro. Doch im Einzelfall können vollgelaufene Keller, unterspülte Fundamente oder durchnässte Wände auch weit höhere Kosten verursachen oder ein Haus gar unbewohnbar machen. Der Spitzenschadenswert eines Einfamilienhauses nach Starkregen lag laut GDV bei rund 700.000 Euro. „So gut wie jedes Haus ist gegen Sturm und Hagel abgesichert“, sagt Oliver Hauner vom GDV. „Doch den Schutz gegen Starkregen haben viele Hausbesitzer bislang vernachlässigt.“ Baukonstruktionsforscher Thomas Naumann von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden fordert deshalb bessere Unterstützung für Gebäudeeigentümer und kleinere Kommunen. „Starkregen kommt fast ohne Vorwarnzeit“, so Naumann. Es gäbe bislang kaum Ressourcen, sich ein Bild über die Gefahrenpunkte zu machen und vorzusorgen.

Wie die Zahlen zeigen, tut das in Berlin besonders Not. In der zuständigen Senatsverwaltung verweist man darauf, dem Problem mit verschiedenen Maßnahmen entgegenzuwirken. So gehört laut dem Stadtentwicklungsplan (StEP) Klima die Bewältigung von Starkregen zu den zwei Kernaufgaben der Klimaanpassung. Dafür stellt der StEP verschiedene Wege vor. Grundsätzlich sollen so wenige Flächen wie möglich versiegelt werden. Außerdem seien Rückhalteflächen vorgesehen, die das Wasser halten können. „Um Schäden an Gebäuden und Infrastruktur zu verhindern, kann Regenwasser an der Oberfläche gezielt an Orte geleitet werden, an denen das Schadensrisiko gering ist“, heißt es im StEP Klima. „Das können Bereiche in Parks und Grünanlagen sein, Sportplätze, Schulhöfe, Verkehrsflächen mit ihren Begleiträumen oder große Stellplätze und so weiter.“

Das alles soll die Kanalisation bei Starkregen entlasten. In einigen Neubauprojekten ist das bereits verwirklicht worden. So ist der öffentliche Raum desWissenschaftsstandorts Adlershof laut der Senatsverwaltung abgesehen von der Hauptstraße nicht ans Entwässerungssystem angebunden. Der Abfluss erfolge einzig über Frei- und Grünflächen.

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