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Vorbereitungen zum Super Bowl am Stadion in Miami, Florida

© Reuters/Mike Blake

1,4 Milliarden verkaufte Hähnchenschenkel: So sehr profitiert die Wirtschaft vom Super Bowl

Das Finalspiel im American Football ist ein Riesengeschäft für den Einzelhandel und die Werbeindustrie. Auch Ausrichter Miami profitiert von dem Spektakel.

Von Laurin Meyer

Normalerweise funktioniert Fernsehwerbung für Knabberzeug so: Ein Prominenter greift in eine makellos geöffnete Tüte, zieht ein paar gold-braune Chips heraus und beißt genüsslich zu. Die Gebäcksparte von Pepsi macht es anders – und wirbt mit den Nachteilen. Dessen fettiges Popcorn „Cheetos“ klebt nämlich so sehr an den Fingern, dass Vielfraße danach nichts mehr anfassen können. Unterlagen im Büro? Würden verschmieren. Das Baby in den Armen halten? Besser nicht.

Dutzende Marketingexperten haben sich über diesen Werbespot den Kopf zerbrochen. Schließlich musste etwas Besonderes her: möglichst verrückt, möglichst selbstironisch. Denn der Spot läuft zur wohl teuersten Werbezeit im Fernsehen – in der Pause des US-amerikanischen Super Bowls. Wenn am Sonntag das Finale der National Football League (NFL) in Miami stattfindet, werden Höchstpreise aufgerufen. Schließlich gilt der Super Bowl als das größte Sportereignis der Welt.

Der US-Sender Fox, der in diesem Jahr die Übertragungsrechte hält, verlangt für einen 30-sekündigen Werbespot bis zu 5,6 Millionen Dollar. Laut US-Medienberichten ist das ein neuer Rekord, das höchste Gebot lag im vergangenen Jahr noch bei 5,3 Millionen Dollar. Fox hat die Werbeplätze zudem verknappt. Statt fünf wird es in diesem Jahr nur vier Spots pro Spielviertel geben. Das dürfte die Preise zusätzlich in die Höhe getrieben haben. Schon im November hatte Fox verkündet, alle Plätze verkauft zu haben.

Auch deutsche Unternehmen werben in der Halbzeitpause

Auch deutsche Firmen zahlen wieder kräftig für die begehrten Werbezeiten: Porsche hat einen Platz für sein E-Automodell Taycan gebucht, Audi will mit seinem Spot gar seine neue globale Marketingkampagne anlaufen lassen. Dafür lässt der Ingolstädter Autobauer die US-Seriendarstellerin Maisie Williams das elektrische E-Tron-Modell fahren, während diese laut einen Disney-Song singt. Das dürfte ankommen bei den US-Amerikanern. Doch auch weltweit könnte sich der Spot auszahlen. Fast eine Milliarde Zuschauer dürften Sonntagnacht einschalten – in 170 Ländern.

Die Marketingbranche treibt das Event jedes Jahr zu Höchstleistungen an. Für den Super Bowl produzieren sie regelmäßig die lustigsten, verrücktesten und emotionalsten TV-Werbungen. Die Tageszeitung „USA Today“ veranstaltet traditionell eine Live-Umfrage unter Zuschauern, die die Werbespots auf einer Skala von eins bis zehn bewerten können. Dem Gewinner winkt am Ende viel Prestige. Und auch Stars hat die Werbepause des Football-Finalspiels schon hervorgebracht. Ein Spot mit Pepsi hat dem Topmodel Cindy Crawford vor fast 30 Jahren zum Durchbruch verholfen.

Ein Hotelzimmer in Miami kostet 530 Dollar

Der Super Bowl beflügelt nicht nur den Werbemarkt. Weite Teile der Wirtschaft profitieren von der Sportveranstaltung – allen voran die austragende Stadt. Nach dem Super Bowl im Jahr 2018 haben Marktanalysten von Rockport Analytics ausgerechnet, wie sehr Minneapolis als damaliger Gastgeber vom Football-Finale profitiert hat. Das Ergebnis: Rund 400 Millionen Dollar sollen Besucher zur Zeit des Super Bowls in der Stadt ausgegeben haben, einen Großteil davon ließen Gäste in Restaurants und Hotels.

Das sorgte sogar für einen kurzen Beschäftigungsboom in Minneapolis. So zahlten Firmen rund 270 Millionen Dollar an Löhnen für Mitarbeiter, die unmittelbar mit dem Super Bowl zusammenhingen. Das entspricht ungefähr 6000 Vollzeit-Stellen für ein Jahr lang. Und auch die örtlichen Behörden profitierten: Sie nahmen zusätzlich rund 32 Millionen Euro an Steuern ein.

Miami dürfte sich in diesem Jahr ganz ähnliche Hoffnungen machen. 65.000 Zuschauer verfolgen das Spektakel live im Stadion – und zahlen im Durchschnitt 4500 Dollar für die Eintrittskarte. Wer von auswärts kommt, übernachtet in der Regel im Hotel. Der durchschnittliche Übernachtungspreis für ein Zimmer am Super Bowl-Sonntag bei 530 Dollar, berichtet das Marktforschungsinstitut STR. Miami erwartet rund 150.000 Besucher von außerhalb an diesem Wochenende. Experten beziffern den ökonomischen Nutzen durch das Endspiel auf gut 500 Millionen Dollar.

Um richtig große Summen geht es auch in den Wettbüros. In einer Umfrage der American Gaming Association wollen fast 23 Millionen Amerikaner mit insgesamt mehr als sechs Milliarden Dollar auf das Super-Bowl-Ergebnis wetten.

1,4 Milliarden Chicken Wings an einem Tag

Der Super Bowl ist auch ein Umsatztreiber für den gesamten US-Einzelhandel. Rund 89 Dollar bezahlt ein Fan, der das Spiel zuhause schaut, für Snacks und Getränke oder Fanartikel. Das zeigt eine Umfrage des Nationalen Einzelhandelsverbandes NRF. Gegenüber 2010 ist der Pro-Kopf-Konsum um 70 Prozent gestiegen. Am ausgabefreudigsten sind die Amerikaner beim Essen. Das National Chicken Council (NCC) prognostiziert jedes Jahr, wie viele Hähnchenschenkel am Tag des Super Bowls gegessen werden. 2020 sollen es wohl erstmals mehr als 1,4 Milliarden sein.

Für Lieferdienste ist der Super Bowl ein echter Großkampftag. Nach Angaben des nationalen Verbandes (APC) bestellen die Amerikaner zum Finale mehr als zwölf Millionen Pizzen. Ein Viertel davon entfallen auf die Marktführer „Domino’s“ und „Pizza Hut“. Wie stark sich dieser eine Finalsonntag vom Geschäft des restlichen Jahres unterscheidet, verdeutlicht eine Nachricht aus dem Jahr 2017: Damals verkündete Pizza Hut, allein für das Wochenende des Super Bowls 11.000 Mitarbeiter einstellen zu wollen.

Neben Chicken Wings und Pizza essen Fans auch tonnenweise Tortilla-Chips mit Guacamole. Deren Umsatz geht in der Woche des Super Bowls ebenfalls deutlich nach oben – um fast 25 Prozent, wie Zahlen des Marktforschungsinstituts IRI zeigen. Die Avocados für die Guacamole stammen vor allem aus Mexiko. Laut der mexikanischen Wirtschaftsförderung „Pro Méxiko“ lieferte das Nachbarland im Jahr 2018 mehr als 40.000 Tonnen der grünen Frucht nur für den Super Bowl.

Ob das Großereignis auch hierzulande Effekte auf den Einzelhandel haben wird, kann der Handelsverband Deutschland (HDE) nicht beurteilen. Einzelne Unternehmen haben jedoch große Kampagnen für den Super Bowl gestartet. Die Discounter-Kette Lidl wirbt etwa mit amerikanischen Spezialitäten ihrer Eigenmarke zum großen Event. „Den international beliebten Super Bowl integrieren wir seit vielen Jahren in unsere Aktionen und Werbemaßnahmen“, erklärt ein Sprecher. Genaue Zahlen zum Erfolg verrät Lidl nicht.

Für das klebrige Popcorn von Pepsi kommt der Super Bowl wohl zu spät. Wenn die Werbung läuft, haben sich die meisten Zuschauer längst mit Knabberzeug eingedeckt. Doch Fans könnten sich an den unkonventionellen Spot erinnern, so lautet vermutlich das Kalkül. Und beim nächsten Mal zuschlagen.

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