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Google sieht alles - fast. Aber Google zeigt nicht alles.

© Julian Stratenschulte/dpa-pa

Was muss im Internet gelöscht werden?: Google muss nicht alles vergessen

Nach EU-Recht kann jeder verlangen, dass falsche oder überholte Informationen über in aus dem Internet entfernt werden - aber nicht ohne Bedingungen, urteilte jetzt der Bundesgerichtshof.

Von Carsten Werner

Internet-Suchmaschinen wie Google müssen nicht für den Inhalt der mit ihrer Hilfe gefundenen Seiten haften. Sie müssen allerdings dann reagieren, wenn sie ganz konkrete Hinweise über Persönlichkeitsrechtsverletzungen bekommen. Das hat am Dienstag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden (Az.: VI ZR 489/16). Er wies damit die Klage eines Ehepaares aus dem Rheinland gegen Google ab.

Als Mitbegründer eines Internetforums war es in einen Streit mit den Betreibern und Nutzern eines anderen Forums geraten. In diesem Zusammenhang wurde das Ehepaar im Internet unter anderem als „Arschkriecher“, „Schwerstkriminelle“, „Terroristen“ und „krimineller Stalkerhaushalt“ beschimpft. Das Ehepaar argumentiert, weil die entsprechenden Internetseiten über Google auffindbar seien, trage die Suchmaschine bei, seine Persönlichkeitsrechte zu verletzen.

Der Europäische Gerichtshof hatte 2014 entschieden, dass EU-Bürger das Löschen von veralteten Informationen über sie im Internet verlangen können, wenn die nicht von öffentlichem Interesse sind. Dieses „Recht auf Vergessen“ wird im Mai auch in der dann in Kraft tretenden neuen EU-Datenschutzgrundverordnung Gesetz. Es geht darum, dass Menschen im Privat- und Berufsleben Entwicklungen zugestanden werden, für die veraltete negative Meldungen hinderlich, kompromittierend oder schlicht überholt sind. Umstritten ist, wie absolut jeder alleine darüber entscheiden können soll, wie über ihn öffentlich kommuniziert wird.

Das „Recht auf Vergessen“ gilt nicht absolut

Bei Google kann jeder selbst oder über juristische Vertreter beantragen, dass bestimmte Links bei der Namenssuche zur eigenen Person von der Suchmaschine nicht angezeigt werden – das wird in der EU inzwischen millionenfach genutzt. Die meisten Antragsteller sind nach Auskunft von Google mit 85 Prozent Privatleute ohne Prominenz, dazu kommen noch fünf Prozent Minderjährige. Die meisten verborgenen Verlinkungen zielen auf soziale Netzwerke und Plattformen wie Facebook, Twitter oder Youtube. Unter den 25 Nachrichtenseiten, die am häufigsten betroffen waren, ist laut „Süddeutscher Zeitung“ nur eine einzige deutsche Seite: bild.de.

Der BGH betonte nun, dass die kritisierten Inhalte nicht von Google, sondern von anderen ins Internet eingestellt wurden. Dadurch, dass die Seiten Eingang in den automatischen Suchindex gefunden haben, habe sie Google sich nicht zu Eigen gemacht. Vom Suchmaschinen-Betreiber könne aber „vernünftigerweise nicht erwartet werden, dass er sich vergewissert, ob die von den Suchprogrammen aufgefundenen Inhalte rechtmäßig ins Internet eingestellt worden sind“. Suchmaschinen seien von der Gesellschaft erwünscht, von der Rechtsordnung gebilligt und ohne sie wäre die Information im Internet kaum sinnvoll möglich. „Praktisch kaum zu bewerkstelligende“ Prüfpflichten würden ihr Geschäftsmodell „ernstlich in Frage stellen“, erklärte der BGH. Daher müsse der Betreiber erst reagieren, „wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt hat“. Im Streitfall lägen diese Voraussetzungen nicht vor. (mit AFP)

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