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Julia Albu und ihr Toyata - die nächste Reise ist schon geplant.

© Holger Heye/My African Conquest

Von Kapstadt nach Kairo: Mit Oldies im Ohr durch Afrika

Sie ist 80, ihr Auto 20. Gemeinsam reisten sie einmal quer durch den afrikanischen Kontinent. Musik war immer dabei

Sie wurde vor 80 Jahren geboren, ihr grauer Toyota Conquest hat mittlerweile 20 Jahre auf dem Buckel. „Zusammen sind wir 100. Jetzt wurde es Zeit für einen Ausflug nach London“, lacht Julia Albu. Die Großmutter aus Kapstadt ist sichtlich mitgenommen – die Hände in Bandagen, das Gesicht von der afrikanischen Sonne gegerbt. Albu ist eben erst zurück von ihrem Roadtrip von Kapstadt nach Kairo. Trotz der Strapazen ist die jung gebliebene Greisin fest entschlossen, in wenigen Wochen die restliche Strecke bis nach Großbritannien zu bestreiten. Und danach? Über den Balkan und quer durch Afrika wieder zurück!

„Man darf die Welt nicht bloß bei National Geographic sehen. Man muss sie selbst erleben, sie anfassen, riechen, essen“, ruft die Rentnerin begeistert aus. 14000 Kilometer fuhr Albu in ihrem Wagen „Tracy“ in den vergangenen Monaten auf Autobahnen, Schlammpisten und Sandstraßen durch den schwarzen Kontinent. Im Juni war die Südafrikanerin in Kapstadt gestartet. Den Kleinwagen hatte sie als Vorbereitung auf den Afrika-Trip mit neuen Stoßdämpfern ausstatten lassen, größeren Reifen – und Sitzüberzügen im Strandstil der 70er Jahre.

Irgendjemand saß immer auf dem Beifahrersitz

Selten war die vierfache Mutter und neunfache Oma auf ihrem Selbstfindungstrip allein. Etappenweise wurde sie von Verwandten oder neuen Freunden auf dem Beifahrersitz begleitet. „Für ein solches Unterfangen brauchst du Leute um dich“, sagt sie zur Erklärung.

Ob sie jemals Zweifel oder Angst verspürt habe? „Nein, ich bin zu alt, um mich zu fürchten!“ Allerdings, gesteht Albu, habe sie ihre Mitreisenden durch ihren Musikgeschmack mitunter in den Wahnsinn getrieben: „Fragt man meinen Schwiegersohn nach der grauenvollsten Erfahrung unterwegs – er würde sagen, meine Musik: Golden Oldies.“

Gartenschere und Duschkopf als Werkzeug für unterwegs

Auf zwei Dinge sei Albu in Afrika immer wieder gestoßen: Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft. Und dies nicht nur, als Grenzbeamten in Kenia ihr Frühstück servierten, als sie wegen eines fehlenden Visums in Tränen ausbrach. Unterstützung erhielt Albu auch, wenn ihr Werkzeugkoffer, bestehend aus einer Gartenschere und einem Duschkopf, an seine Grenzen stieß. Im islamisch geprägten Sudan grillten bis dahin Fremde Nilbarsch zum Weihnachtsdinner für sie und ihre Familie. Und in Kairo durfte sie zwei Nächte an der Seite von sieben Ägyptern in einer Cafeteria schlafen. „Sie sprachen kaum Englisch, aber kümmerten sich rührend um mich.“

Bürokratie nervte mehr als die Bodenwellen

Albu erzählt von badewannengroßen Schlaglöchern auf der Strecke nach Norden, die sie im Bogen umfahren musste. Doch die größte Herausforderung der abenteuerlichen Reise war nicht die mangelhafte Infrastruktur, sondern die Tücken der Bürokratie: So hätten die Gebühren für Visa den Großteil ihres Reisebudgets verschlungen. Bei einer Gelegenheit habe sie dem Botschaftspersonal vorgegaukelt, einen Termin beim Botschafter zu haben, um an ein Visum zu gelangen.

Und was macht eine ältere Dame auf ihrem Weg durch die Savanne? Zum Beispiel Kekse und Lollies verteilen. Aber noch viel wichtiger: Stifte und Bücher. Um Kindern das Lesen näher zu bringen, arbeitete Albu mit „Shine Literacy“ zusammen. Die südafrikanische Hilfsorganisation hatte Albu einen Stapel Lehrbücher mit auf den Weg gegeben, die Albu an Dorfschulen verteilte. Die weitgereiste Großmutter ist überzeugt: „Lesen ist überlebenswichtig. Es hilft dir, die Welt zu verstehen.“ Danach kann man sie dann immer noch entdecken – auch mit 80 Jahren.

Albus Reiselogbuch: www.myafricanconquest.com

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