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Mit Tarnkappe: Unter der massigen Motorhabe entfaltet ein Dreizylinder seine Kraft.

© Volvo

Volvo XC40 T3: Grand mit Dreien?

Volvo bricht ein Tabu: Die Schweden bringen einen SUV mit einem Dreizylinder-Turbobenziner. Kann das gut gehen?

Auf dem Papier reiht sich der neue Dreizylinder ganz vorn in seiner Gilde ein, da kommt die dreizylindrige Konkurrenz von BMW über Ford bis Volkswagen nicht mit: 1,5 Liter Hubraum, 156 PS bei 5000 Touren, 265 Newtonmeter zwischen 1850 und 3850 Umdrehungen pro Minute, aktuelle Abgasnorm Euro6d-Temp mittels zusätzlichem Otto-Partikelfilter, hohe Laufruhe dank zusätzlicher Ausgleichswellen. Als Spitze schafft er im CX40 T3 Tempo 200, und den Sprint von Null auf 100 km/h in ordentlichen 9,4 Sekunden.

Souveräner Kleiner

Und in der Praxis? Da gibt sich der Kleine so souverän, dass man kaum glauben mag, „nur“ einen Dreizylinder unter der Haube zu haben. Die Drehmomentkurve steigt, ungewöhnlich für einen Benziner, sehr steil an, so dass bereits knapp über 1000 Touren spürbarer Durchzug erfühlt werden kann. Beim sanften Dahinrollen im Flachland lässt sich der handgeschaltete T3 ausgesprochen niedertourig fahren. Niemals wirkt er angestrengt, und selbstbewusst verleugnet er seine krumme Zylinderzahl. Man meint, er müsse 20 Ausgleichswellen haben, so kultiviert und „schüttelfrei“ agiert er. Das können manche Vierzylinder auch nicht besser. Selbst das bauartbedingte Schnarren haben ihm die schwedischen Ingenieure weitgehend austreiben können. Nur wenn er kalt ist, kann er seine drei Zylinder nicht verbergen. Fordert man den Kleinen, was sich in bergigem Geläuf nicht immer  vermeiden lässt, stößt er mit voller Zuladung manchmal schon an seine Grenzen, dann meldet er mit knurrig fauchendem Sound: Ich muss schuften! Deutlich, aber nie lästig. Die sechs Gänge lassen sich flüssig und präzise durchschalten; der knuffige Hebel liegt griffgünstig zur Hand.

Markante Rückansicht - und hinter der Klappe viel Platz.
Markante Rückansicht - und hinter der Klappe viel Platz.

© Promo

Kombi-Tradition zahlt sich aus

Aus dem mit 46 Litern ausreichend großem Tank bedient sich der Dreizylinder durchaus zurückhaltend. Bei unserer Testfahrt im Flachland sowie in bergigem Terrain waren es zwischen 7,1 und 8,6 Liter Super pro 100 Kilometer; im Durchschnitt dann 7,9 Liter. Das geht voll in Ordnung, denn Volvo gibt nach dem neuen WLTP-Messzyklus realistische 7,2 Liter pro 100 Kilometer an. Auch sonst gibt es kaum etwas zum Meckern: Die Platzverhältnisse im Innenraum sind für vier Passagiere gut, und der Kofferraum bietet ordentliche 460 bis 1360 Liter Volumen, die Rücksitzlehnen klappen per Tastendruck zu einer topfebenen Ladefläche um. Hier zeigt sich die lange Kombi-Tradition der Schweden. Mit 4,43 Metern Länge ist er sechs Zentimeter kürzer als der VW Tiguan, den er auch in der Breite und in der Höhe leicht unterschreitet, dennoch wirkt der Volvo XC40 optisch fast eine halbe Nummer größer. Clever gemacht. Das Auto fährt sich auch mit dem Standard-Fahrwerk komfortabel, selbst mit den an unserem Testwagen montierten 18-Zoll-Rädern. Die neu entwickelten Sitze sind straffer ausgelegt als bei den größeren Brüdern, doch selbst nach Stunden kneifen sie nicht.

Mehr als nette Gags

Der kleinste XC darf verspielter daher kommen als seine größeren Brüder. So überrascht er im Cockpit mit einem netten Gag: Statt üblicher Einlagen aus Holz, Kunststoff oder Aluminium zeigt er auf der Beifahrerseite einen geprägten Stadtplan von Göteborg, dem Stammsitz von Volvo. Der XC 40 hat jedoch nicht nur Gags zu bieten, sondern auch praktische Lösungen: Ungewöhnliche Staufächer wie die mit weichem Filz gepolsterten Türablagen, in denen sich nicht nur große Wasserflaschen problemlos verstauen lassen, sondern sogar ein 15 Zoll großer Laptop. Volvo hat Platz gewonnen, weil die dort gewöhnlich eingebauten Bassboxen durch einen Subwoofer unterhalb der Windschutzscheibe ersetzt wurden. Oder nehmen wir den praktischen Parkzettelhalter an der Windschutzscheibe, wie man ihn seit Jahren vom Skoda Octavia kennt, und den jetzt auch der XC40 hat. Der neun Zoll große Hochkant-Touchscreen sowie das virtuelle Cockpit lösen hoch auf, bieten glasklare Anzeigen – und sind serienmäßig. Ebenso wie die blitzsaubere Verarbeitung.

Mit Sicherheit ganz vorn

Volvo wäre nicht Volvo, wenn die Sicherheit nicht die erste Geige spielen würde. Im XC40 sind die Assistenzsysteme so weit entwickelt,  dass man bei günstigen Verkehrs- und Witterungsbedingungen mehrere Hundert Kilometer auf der Autobahn zurücklegen kann, ohne auch nur ein einziges Mal die Pedale zu benutzen. Wer allerdings die gesamte Armada an Assistenzsystemen bis zum semiautonomen Autobahnpiloten bestellt, die komplett aus den Topmodellen XC60 und XC90 übernommen wurden, der kommt der 45 000-Euro-Schwelle sehr schnell nahe. Da sind wir beim Preis: Der Basis-XC40 T3 kostet 32 050 Euro, bewegt sich damit zwischen Audi Q2 und Mercedes GLA. Doch nach oben sind die Spielräume eben sehr groß. Es ist nun mal kein billiger Spaß, ein besonderes SUV mit Premiumanspruch in der Kompaktklasse fahren zu wollen.

Blitzsaubere Verarbeitung - und glasklare Anzeigen auf dem neun Zoll großen Touchscreen.
Blitzsaubere Verarbeitung - und glasklare Anzeigen auf dem neun Zoll großen Touchscreen.

© Volvo

Auf eigenem Weg

Mit dem dreizylindrigen XC40 bietet Volvo bei den Lifestyle-SUV klar eine hochinteressante Alternative an – nicht so sportlich wie ein BMW X1, nicht so exaltiert wie ein Range Rover Evoque, nicht so teuer wie ein Mercedes GLA. Eben ein klassischer Volvo, der vieles anders und manches auch besser macht. Die Schweden haben mit dem kleinsten SUV noch viel vor. Im nächsten Jahr folgt ein XC40 T5 Plug-in-Hybrid. Und das erste Elektroauto von Volvo wird ab Ende 2019 ebenfalls ein XC40 sein, gebaut von Volvo in China und von dort in alle Welt exportiert. Die Reichweite soll vorerst bis zu 400 Kilometer betragen. Es bleibt spannend bei den Schweden.

Grand mit Dreien? Jein. Der XC40 mit dem ebenso kräftigen wie kultivierten Dreizylinder ist eine uneingeschränkte Empfehlung wert. Aber nur, wenn der Kunde zu Abstrichen bereit ist. Wer unbedingt Automatik und Allradantrieb braucht, was beim Basis-XC40 T3 nicht lieferbar ist, der muss bereit sein, 6500 Euro mehr für einen XC40 T4 mit 190 PS, Allrad und Achtgangautomatik einzuplanen – und landet dann schon bei 38 550 Euro – ohne Extras. 

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