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Die Trümmer des Stadtarchivs im Jahr 2009.

© Oliver Berg/dpa

Update

Urteil des Landgerichts: Einsturz des Kölner Stadtarchivs: Drei Freisprüche, einmal Bewährung

Zwei Menschen starben, als 2009 das Kölner Stadtarchiv einstürzte. Jetzt hat das Landgericht im Strafprozess sein Urteil gesprochen.

Die Bilder des eingestürzten Kölner Stadtarchivs gingen um die Welt: ein klaffendes Loch in der Häuserzeile, ein riesiger staubender Trümmerberg. Darunter begraben: zwei junge Männer und unzählige historische Dokumente. Neuneinhalb Jahre später das Urteil: acht Monate auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung für einen Bauüberwacher der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). Und Freispruch für die drei anderen Angeklagten – eine KVB-Überwacherin und zwei Mitarbeiter von Baufirmen.

Bei den Bauarbeiten kam es zu folgenschweren Fehlern

Er sei froh, dass der Prozess eines „eindeutig und zweifelsfrei“ geklärt habe, sagt der Vorsitzende Richter Michael Greve im Kölner Landgericht: nämlich die Einsturzursache. Es sei nun ganz klar, dass Fehler bei den Bauarbeiten für eine neue U-Bahn-Haltestelle unmittelbar vor dem Archivgebäude zu dem Unglück im Jahr 2009 mit den zwei Toten geführt hätten. Was man nicht eindeutig habe feststellen können, sei, wer dies im Einzelnen zu verantworten habe. „Es steht leider zu befürchten, dass dieser Punkt nie zweifelsfrei geklärt werden wird und die betroffenen Personen ihr Wissen mit ins Grab nehmen werden.“ Bei den beiden freigesprochenen Mitarbeitern der Baufirmen sei es zum Beispiel so, dass sie zwar ihre Sorgfaltspflicht verletzt hätten. Es sei aber nicht zu beweisen, dass dies für den Einsturz maßgeblich gewesen sei. Greve bestritt, dass die Justiz hier „die Großen laufen lässt und die Kleinen hängt“. Man müsse relevantes Fehlverhalten eben auch immer in jedem Einzelfall beweisen können, und das sei sehr schwierig.

Die Stadt bezifferte den Gesamtschaden auf 1,2 Milliarden Euro

Zwei Dutzend Menschen entgingen knapp dem Tod, 36 Anwohner verloren ihre Wohnungen. 30 Regalkilometer Akten waren verschüttet – darunter wertvolle Dokumente wie die Nobelpreisurkunde von Heinrich Böll und die Kölner Ratsprotokolle seit dem Mittelalter. Die Stadt Köln beziffert den Gesamtschaden auf 1,2 Milliarden Euro. Wer den letztlich bezahlen muss, könnte eines Tages Thema eines Zivilprozesses werden. Dieses Verfahren wäre unabhängig von dem nun zu Ende gegangenen Strafprozess.

Je mehr man zu dem Fall recherchiert, desto komplizierter wird er

Stephan Grünewald, Psychologe und Leiter des Marktforschungsinstituts Rheingold in Köln, hat nicht den Eindruck, dass der Prozess die Kölner noch stark bewegt hat. „Das Paradoxe ist: Je stärker man in die Einzelheiten dieses Einsturzes einsteigt, desto komplizierter wird es“, sagt der Autor des Buches „Köln auf der Couch“. „Je genauer man hinschaut, desto mehr kriegt man’s mit der Angst zu tun. Und diese Abgründigkeit, die will man sich lieber vom Leib halten.“ (dpa)

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