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Taxi-Fahrer blockieren eine Straße im Zentrum Istanbuls.

© AFP/Dogan News Agency

Türkei: Taxi-Fahrer in Istanbul gehen brutal gegen Uber vor

In Istanbul leben Uber-Fahrer gefährlich. Der Dienst ist bei Einheimischen und Touristen beliebt – und will nun auch in die Feriengebiete vorstoßen.

Zunächst sah alles aus wie ein ganz normaler Auftrag. Ein Mitarbeiter des Uber-Fahrdienstes in Istanbul erhielt über seine App die Anfrage eines vermeintlichen Kunden – doch als er an dem verabredeten Ort ankam, um seinen Fahrgast aufzunehmen, wurde er von wütenden Taxifahrern erwartet. Sie hatten sich als Passagiere ausgegeben und den Uber-Wagen bestellt, um den Uber-Fahrer zu verprügeln. Der verletzte Fahrer erstattete Strafanzeige, doch Istanbuler Taxifahrer finden, der Uber-Mann habe die Prügel durchaus verdient. „Gut so“, sagte ein Taxifahrer dem Fernsehsender Habertürk. Am Bosporus herrscht Krieg zwischen Taxis und Uber.

Spannungen zwischen traditionellen Taxiunternehmen und neuartigen Fahrdiensten wie Uber gibt es weltweit. Doch wohl nirgendwo wird der Kampf um Kunden so brutal ausgetragen wie in Istanbul. Fast täglich gibt es neue Berichte über Attacken von Taxifahrern auf die ungeliebten Konkurrenten: Ein Uber-Fahrer wurde nach eigenen Angaben in seinem Wagen sogar beschossen. Selbst die Kunden von Uber werden von Taxifahrern beschimpft und beleidigt. „Wenn ich ein Taxi sehe, wechsele ich die Straßenseite“, sagte ein Uber-Fahrer in Habertürk.

Taxi-Fahrer fordern von Landsleuten Uber-Boykott

Der Istanbuler Taxifahrer-Verband Iteo zieht unterdessen gegen Uber vor Gericht. Mitarbeiter des neuartigen Fahrdienstes müssten keine Steuern bezahlen und hätten deshalb einen unfairen Wettbewerbsvorteil, argumentiert Iteo. Uber bestreitet das; bis Juni soll dem Gericht ein Gutachten vorgelegt werden.

Iteo-Chef Eyüp Aksu rutschte in einer Kampfansage an Uber vor dem Gerichtsgebäude in Istanbul vor wenigen Tagen in den Antisemitismus ab und beschimpfte den Fahrdienst als Instrument einer „weltweiten jüdischen Diebes-Lobby“. Sollten die Gerichte nicht im Sinne der Taxifahrer urteilen, sei es mit der Geduld seiner Leute vorbei, fügte Aksu drohend hinzu und rief die Istanbuler zum Uber-Boykott auf. Kein türkischer Patriot solle den Fahrdienst benutzen.

Aksus Verband hat allerdings ein großes Problem: Viele Istanbuler bevorzugen inzwischen Uber, weil die traditionellen Taxis am Bosporus häufig in einem miserablen Zustand sind. Die Fahrer gelten als unfreundliche Verkehrsrüpel und Halsabschneider. Erst vor kurzem sorgte ein Fahrer für Schlagzeilen, als er einen arabischen Touristen zum Flughafen fahren sollte und einen solch langen Umweg wählte, dass der Besucher schließlich seinen Flug verpasste. Bei Uber dagegen haben die Fahrer ein Interesse an guten Bewertungen durch die Kunden; zudem ist ein Betrug durch große Umwege wegen der Streckenfestlegung über die App so gut wie ausgeschlossen.

15 Millionen Einwohner - aber nur 17.000 Taxilizenzen

Die weltweite Verbreitung von Uber im Ausland ist ein zusätzlicher Nachteil für die Istanbuler Taxifahrer. Viele Besucher der Türkei haben die App ohnehin auf ihrem Handy und benutzen den Fahrdienst deshalb auch in Istanbul. In den Sommermonaten will Uber erstmals in den Feriengebieten an den Küsten antreten.

Hinter dem Konflikt in Istanbul steht ein Taxi-System, das Fahrer und Fahrgäste gleichermaßen zu Opfern macht, während einige Investoren viel Geld verdienen. Das Kernproblem ist die enge Begrenzung der Taxilizenzen in der Stadt. Obwohl die Einwohnerzahl von Istanbul jedes Jahr wächst und inzwischen rund 15 Millionen Menschen erreicht hat, gibt es nur etwa 17.000 Taxilizenzen, die inzwischen für umgerechnet rund 355.000 Euro gehandelt werden. Die Fahrer arbeiten für die Lizenz-Besitzer und müssen zwölf Stunden am Tag am Steuer sitzen, um die Pacht aufzubringen und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die meisten Wagen werden von zwei Fahrern genutzt und sind rund um die Uhr auf der Straße – kein Wunder, dass viele der gelben Autos alt, schäbig und ungepflegt sind. Jeder Werkstattaufenthalt ist ein potenziell existenzgefährdender Verdienstausfall.

Andere Rechtslage in Deutschland

Dennoch gibt es derzeit keine Aussicht auf eine Änderung. Regierung wie Opposition stehen hinter den Taxifahrern, die sich als Opfer der Globalisierung präsentieren. In sozialen Medien wird spekuliert, die Regierungsnähe mancher Besitzer von Taxilizenzen verhindere eine Reform. Medienberichten zufolge kam das Handelsministerium in einer Analyse des Uber-Dienstes zu dem Schluss, dass der Fahrdienst in einer Grauzone operiert. Uber müsse entweder verboten oder mit neuen Regelungen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden, hieß es.

So geht der Krieg auf den Istanbuler Straßen weiter. „Ist doch klar, dass die Kollegen sauer werden, wenn sie sehen, dass ein Tourist per Handy einen Uber ruft“, sagte ein Fahrer in Habertürk TV. Ein Kollege betonte, Gewalt gegen Uber sei absolut gerechtfertigt: „So etwas passiert halt, wenn der Staat uns nicht schützt.“

In Deutschland ist die Lage anders: Ende 2013 versuchte Uber seinen Fahrdienst UberPop auf dem deutschen Markt zu starten. Das Konzept ist einfach: Privatleute bieten mit dem eigenen Auto Fahrten an. Kunden buchen und bezahlen die Fahrt über eine App - meist deutlich weniger als für eine normale Taxifahrt. Aber das deutsche Personenbeförderungsgesetz erlaubt UberPop nicht. Ohne Personenbeförderungserlaubnis, darf in Deutschland niemand Personen gewerblich transportieren. In Deutschland ist Uber jetzt mit Mit UberX (Vermittlung von Mietwagen mit professionellen Chauffeuren, UberTaxi (Vermittlung klassischer Taxis) und UberBlack (Vermittlung von Oberklasse-Mietwagen mit professionellem Chauffeur) aktiv.

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