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Abwechslungsreich ist die Landschaft, die der Douro durchschneidet.

© promo

Portugal: Kusshändchen vom Ufer her

Der Douro bringt Flussreisende durchs enge Tal des Weinanbaugebiets in Nordportugal.

Am Kai von Régua treten Uniformierte mit Blasinstrumenten an. Es ist Feuerwehrfest in dem portugiesischen Örtchen am Fluss Douro. Und da werden auch gleich die Gäste des Flussschiffes „Douro Queen“ mit einem Ständchen bedacht. Dass „Griechischer Wein“ intoniert wird, irritiert die überwiegend deutschen Gäste an Bord wenig. Die Herzlichkeit der Portugiesen zählt. Die Freundlichkeit der Einwohner und die raue Schönheit der Gegend spricht sich langsam herum. Und der Douro, seit rund zehn Jahren nur vereinzelt angeboten, wird zum Trendziel bei Flusskreuzfahrten.

Die achttägige Fahrt beginnt mit einer Nacht an Bord in der Hafenstadt Porto am Atlantik. Vor prächtiger historischer Kulisse liegen neben den Schiffen der verschiedenen Veranstalter Kähne aus Holz – ein erstes Fotomotiv. Sie werben für die Weingüter der Region. Einst brachten sie die Fässer mit Portwein zu den Kellereien von Porto. Von einigen Weingütern dauerte das tagelang. Und war zudem auf dem damals noch ungebändigten, insgesamt 900 Kilometer langen Fluss Schwerstarbeit und nicht ungefährlich.

Auf dem ersten Teil der Strecke ist das Ufer noch recht dicht besiedelt. Bis zum Wasser reichen die Mischwälder herunter, mitunter ragen prächtige weiße Villen daraus hervor. Orte mit Kleinindustrie werden passiert, aber auch malerisch verfallene Anwesen, vor denen rostige Kähne im Wasser dümpeln. Das Dourotal ist seit zehn Jahren Unesco-Weltkulturerbe. Hier reifen in der Glut des portugiesischen Sommers die Trauben für den Portwein, aber auch für andere gute Weine, frische weiße und kräftige rote.

Fünf Schleusen müssen auf der insgesamt 211 Kilometer langen Tour passiert werden: Die erste, Crestuma-Lever, ist schon nach wenigen Stunden erreicht. Insgesamt jedoch verläuft eine Fahrt auf dem Douro eher gemütlich. Zeit genug für die Angler am Ufer, Kusshändchen nach dem vorbeifahrenden Schiff zu werfen.

Régua ist der erste Stopp. Nicht weit von hier liegt der Mateus-Palast, erbaut 1745 im Stil des Barock. Er gilt mit seinen geschnitzten Holzdecken als schönstes Landhaus Portugals und gehört seit Generationen einer adligen Familie. In Deutschland verbindet man den Namen mit einem prickelndem Rosé, der in den 70ern auf keinem Fest fehlte.

Doch das Weingut, das auf dem Etikett abgebildet ist, stellt seit hunderten von Jahren weit edlere Weine her – die Trauben für den Rosé werden inzwischen woanders angebaut. Im Bus wird über den Namen Mateus reflektiert. „Kommt da nicht auch dieser Fußballspieler her?“, will eine Passagierin von ihrem Mann wissen. „Nein, der Matthäus wird auch anders geschrieben“, antwortet der geduldig.

Auf dem Weg nach Pinhão, dem Zentrum der Portweinregion, werden die Weinberge zahlreicher. Im Sommer zeichnen Rebreihen grüne Linien in die Hänge, im Herbst rote. In Pinhão ist auch ein namhaftes Weingut zu Hause: Sandemann. 2006 ist die Quinta, wie in Portugal ein Weingut heißt, auf den Hügeln über dem Douro neu errichtet worden – hoch modern aus Sandstein und dunklem Schiefer.

Die Besucher werden von einem charmanten Mitarbeiter empfangen, gekleidet wie der schwarz gewandete Don auf dem Etikett der Flaschen. Nein, macht nichts, dass er leider nicht Deutsch spricht. Er sieht dafür toll aus. Und es gibt Portwein zu probieren – und natürlich zu kaufen. „Hat den nicht auch der Aldi?“, fragt eine Frau mit einer Flasche Reserva Jahrgang 2000 in der Hand. Eher nicht.

Der Hafen Barca d’Alva ist der Wendepunkt der Reise

Weinproben auf den Gütern am Fluss sind fester Bestandteil der Landausflüge.
Weinproben auf den Gütern am Fluss sind fester Bestandteil der Landausflüge.

© Hilke Segbers

Der Busfahrer Aristides – schon wieder griechisch – hat die Serpentinen behutsam durchfahren und alle sind wieder heil an Bord. „Liebe Gäste, war das nicht schön?“, fragt Reisebegleiterin Cideila. Nicken. Nun ist Mittagessen dran. Das Schiff verlässt in der Zwischenzeit das mittlere Dourotal. Hoch ragt der Schieferfels empor, der Bewuchs ist eher karg. Kurz nach der Schleuse Valeira macht der Fluss eine starke Biegung und wird auf 30 Meter zusammengeschnürt. Hier war früher eine der gefährlichsten Stellen. Die Passagiere merken nicht, der Nachmittag wird gut gelaunt an Bord verbracht. Die Leber hat Pause, dafür muss das Gehirn ran: Der Kreuzfahrtleiter bittet zum Blumen- und Kräuterquiz.

Das Wasser des Douro glitzert in schönen Grüntönen, je nach Farbe des Himmels in mattem Moosgrün bis leuchtend Smaragd. Was besonders im Herbst ein schöner Kontrast ist zu dem bunten Weinlaub auf den Hängen und dem Gelb der Pappeln am Ufer. Wer aber zu spät im Jahr reist, muss mit Regen und recht frischen Temperaturen rechnen in Nordportugal. Am schönsten ist es auf dem Fluss im Frühsommer, wenn es schon warm ist, aber die Sommerglut noch nicht die Wiesen am Ufer strohfarben versengt hat.

Ein Höhepunkt auf der Reise flussaufwärts bis zum Wendepunkt Vega de Terrón in Spanien ist ein Ausflug zur Universitätsstadt Salamanca – wegen ihrer überwiegend aus Sandstein errichteten Häuser auch Goldene Stadt genannt. Die rund zwei Stunden lange Busfahrt führt vorbei an kargen Wiesen mit Olivenhainen, Stechginster und Steineichen.

Letztere sind oft in Form von weiten Schirmen gestutzt. So bieten sie den frei laufenden Rinder- und Schafsherden Schutz vor Sonne und Regen. Die langen Steinmauern, die die Felder begrenzen, wurden bereits von den Kelten errichtet. An den Häusern der wenigen Orte finden sich Gatter mit schwarzen iberischen Schweinen – aus ihnen wird der viel gerühmte Schinken Jamon de Pata Negra gemacht.

Zurück an Bord gibt es Portugiesisches Barbecue, mit Sangria und dem frischen portugiesischen Weißwein Vinho Verde. Man ist sich einig, dass die Flamencotänzerinnen vom Mittagstisch „zu üppig“ waren, sprich zu dick. Und lobt die Bauten der Region, die zumeist aus den heimischen Materialien sind – Schiefer, Granit oder Sandstein. Betonbauten findet man entlang des Douro selten.

Der Hafen Barca d’Alva ist der Wendepunkt der Reise. Nach der spanischen Grenze wird der Douro für Kreuzfahrtschiffe unpassierbar. Es gibt Höhenunterschiede bis zu 350 Metern. Nach einer Besichtigung des von Mandelhainen umgebenen historischen Ortes Castelo Rodrigo, dessen Natursteinhäuser überwiegend aus dem 16. Jahrhundert stammen, geht es also flott wieder flussabwärts mit einigen Stopps Richtung Porto, wo eine Nacht im Hafen das Ende der Reise krönt.

In Porto ist Zeit, die malerisch verfallene Altstadt zu erkunden, die von der Unesco zu den Weltkulturerbestätten gezählt wird. Hier kann man noch mal Port kosten oder günstig Schuhe kaufen. Beim Kofferpacken wird es dann eng. Honiggläser müssen verstaut, das Mandelgebäck darf nicht gequetscht werden. Und wie viele Flaschen Wein und Port darf man eigentlich mitnehmen? Ein letzter Blick fällt auf dem Weg zum Flieger auf die Gischt der hohen Atlantikwellen an der Uferpromenade von Porto. Was für ein Kontrast zu den ruhigen, grünen Wassern des Douro.

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