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Päpstlich. Zur Verleihung der Grammys erschien Nicki Minaj mit einem Begleiter in Papstrobe. Kirchenvertreter in den USA beschwerten sich über diesen Auftritt.

© Reuters

Nicki Minaj: Wie Lady Gaga, nur schriller

Bunt, laut, kontrovers: Rapperin Nicki Minaj erobert die USA – inszenierte Skandale bringen ihr hohe Chartplatzierungen.

Es hätte wohl niemand gedacht, dass ein Papst sich bei den Grammy-Awards 2012 in Los Angeles blicken lässt. Natürlich war es nur ein Double, das die Rapperin Nicki Minaj in weißer Robe über den Roten Teppich begleitete. Doch die Aufregung in den USA war groß. Kirchenvertreter kritisierten Minaj, die selbst in einem bizarren tiefroten Gewand von Versace zur Verleihung des wichtigsten Musikpreises der Welt aufgetaucht war.

Auf der Bühne setzte sie noch einen drauf, schwebte an unsichtbaren Seilen durch die Luft, trat als Exorzistin auf, simulierte eine Beichte und ließ sich von einem Kirchenchor begleiten. Spätestens seit diesem Auftritt hat Nicki Minaj ihren Ruf als die neue Lady Gaga weg. Bunt, laut, keck – Minaj ist die personifizierte Reizüberflutung der Musikindustrie.

Die Provokation fängt bei ihr schon im Künstlernamen an. Nicki Minaj soll eine Ableitung aus der französischen „ménage à trois“ – Dreiecksbeziehung – sein. Mit sechs Jahren war die heute 29-Jährige aus Trinidad nach New York gezogen, da hieß sie noch Onika Tanja Maraj und hatte statt dem Pop-Olymp eine schwierige Kindheit vor sich. Über ihren Vater soll sie gesagt haben, er sei ein Alkoholiker gewesen und habe versucht, ihre Mutter umzubringen. Minaj versuchte früh, sich mit Hilfe der Kunst in ein besseres Leben zu katapultieren. „Fantasie war meine Realität“, sagte sie dazu. Bevor Minaj anfing, sich auf Gesang und Show zu konzentrieren, war sie als Schauspielerin unterwegs.

Das "Pin-up-Girl des Rap"

Nicki Minaj sei der erste Hip-Hop-Star, der sich als das „Pin-up-Girl des Rap“ einen Namen gemacht habe, schreibt der „New Yorker“ über sie. Ihr Stil sei kaum zu beschreiben und schlichtweg „schizophren“. Außerdem seien ihre „wie aus dem Weltraum wirkende“ Garderobe und ihr loses Mundwerk entscheidend dafür verantwortlich, dass ihre Songs in den USA momentan durch die Decke gehen. 2011 stand sie noch als Support für Britney Spears bei deren „Femme Fatale“-Tour auf der Bühne, doch seit ihrer Single „Super Bass“ ist die schrille Frau mit der Vorliebe für absurde Perücken selbst ein Star. Die ständige Verwandlung und das vollständige Verschwinden der eigenen Person hinter dem Künstler-Ich – alles Elemente, mit denen sich schon Lady Gaga hervorgetan hatte. Und Nicki Minaj ist mehr als nur eine einzelne Kunstperson.

Auf ihrem am Valentinstag erschienenen Album „Pink Friday“ singt sie zusammen mit Eminem, er als sein Alter Ego „Slim Shady“, sie als ihr Alter Ego „Roman Zolanski“. Und selbst ohne eine neue Identität wirkt Minaj mit ihren Outfits beinah jeden Tag wie ausgewechselt, bei der New Yorker Fashion Week 2011 erschien sie mit einem riesigen blonden Haarknäuel auf dem Kopf, das stark an einen überdimensionierten Bienenstock erinnerte. Damit durfte sie neben Anna Wintour Platz nehmen, Vogue-Chefin und damit die einflussreichste Frau im weltweiten Modebusiness. Außer der Musik erobert die umtriebige Sängerin nun also auch die Modebranche.

Angesichts ihrer extrovertiert ausgelebten Ambivalenz scheint eine Diskussion um Minajs sexuelle Orientierung unvermeidlich, von ihr selbst durch mehrdeutige Aussagen in Interviews befeuert. Ein einziges Mal wurde es aber auch ihr mit den Provokationen zu viel: Während einer gemeinsamen Performance beim Superbowl mit ihrem Vorbild Madonna und ihrer Kollegin M.I.A. streckte M.I.A ihren Mittelfinger in die Kamera. „Meine erste Reaktion war Enttäuschung – vor allem aus Respekt für Madonna“, sagte sie. Es gibt also doch Grenzen des guten Geschmacks für Nicki Minaj. Vielleicht war aber auch das wieder nur Show.

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