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Queen Elizabeth II und Prince Charles in der Royal Albert Hall

© Reuters/Chris Jackson/Pool

Prinz Charles wird 70: In der Prinzenrolle

Charles Philip Arthur George wird 70. Und ist immer noch nicht König. Doch aus dem oft belächelten Thronfolger wurde ein geachteter Identitätsstifter.

Die beiden Prinzen fanden es völlig normal, in den Ferien den Müll anderer Leute aufzusammeln. Schließlich war das schon immer so: Die Brüder wurden mit Tüten zum Aufpicken des Abfalls ausgerüstet, und los ging’s. „Wir dachten, jeder muss so etwas machen“, erzählt Prinz William in der BBC-Dokumentation anlässlich des 70. Geburtstages von Prinz Charles. Sein Vater habe sich an der Müllsammlung natürlich beteiligt – er lebe das, wofür er sich einsetze.

Es ist nicht nur der älteste Thronfolger der Welt, der an diesem Mittwoch seinen Geburtstag feiert. Es ist auch ein kosmopolitaner Trendsetter, der an diesem Tag in sein achtes Lebensjahrzehnt geht. Kein Alter in einer Familie, in der die 92-jährige Mutter immer noch formvollendet die Rolle der Queen ausfüllt. Wie in den vergangenen 66Jahren. So blieb ihrem Sohn genug Zeit, um sich mit anderen wichtigen Dingen zu beschäftigen: Prinz Charles kümmerte sich schon intensiv um nachhaltige Landwirtschaft, da wurde dies noch als royaler Spleen abgetan. Er mischte sich in Architekturdiskussionen ein, kümmerte sich um schwindende Ressourcen, warnte vor globaler Umweltverschmutzung und unterstützt mit seinem „Prince’s Trust“ junge Menschen auf dem Weg ins Berufsleben – häufig mit zukunftsweisenden Geschäftsmodellen.

Bald wird er vierfacher Großvater

Nicht erst seine Rolle als dreifacher, demnächst vierfacher Großvater lässt ihn immer wieder als Mahner auftreten. „Ich werde in der Tat ein weiteres Enkelkind bekommen. Ich nehme an, auch einige von euch haben Enkelkinder oder werden sie bald haben. Es erscheint mir irrsinnig, wenn wir ihnen diese komplett verschmutzte, zerstörte und geschädigte Welt hinterlassen. Alle Enkelkinder verdienen eine bessere Zukunft“, sagte er kürzlich bei einem Aufenthalt in Ghana. An der Seite seiner Jugendliebe Camilla, die er im April 2005 endlich heiraten konnte, wirkt Charles schon seit vielen Jahren mit sich im Reinen.

Das war nicht immer so. Hartnäckig hält sich die Geschichte, dass seine Zeit als Schüler des Internats Gordonstoun, das schon Prinz Philip besuchte, traumatisch für den Prinzen gewesen sein soll. „Zu weich“ fand ihn der Vater damals, „einen Mann“ wollte er mithilfe der Schule aus ihm machen. So richtig hat das nicht funktioniert, auch nicht mittels der fünfjährigen Ausbildung beim Militär, die er 1971 begann. Immer wirkte Charles so, als ob er sich in seinem Garten wohler fühlen würde, als in einer Uniform, und lieber ein philosophisches Gespräch führen würde, als Smalltalk zu machen.

Lange wurde er nicht wirklich ernst genommen

Gerade in den Jahren vor seiner Hochzeit mit Diana Spencer im Juli 1981 zog Charles häufig Spott auf sich. Der Prinz, der bekennt, gerne mit Blumen zu sprechen, und für seinen schrulligen Humor bekannt ist – manchmal, wenn er mit leicht schiefem Kopf lächelt, hat er Ähnlichkeiten mit Stan Laurel –, wurde lange nicht wirklich ernst genommen.

Die Hochzeit mit Diana katapultierte ihn auf die Titelseiten der Zeitungen – nicht nur der bunten Blätter. Märchen werden schließlich überall gern erzählt, und zunächst wirkte das Paar mit seinen im Juni 1982 und September 1984 geborenen Söhnen William und Harry wie aus dem Bilderbuch. Doch der Schein trügt. Charles suchte weiterhin die Nähe zu Camilla, die Ehe mit Diana kriselte, schmutzige Wäsche wurde gewaschen und der Unfalltod der von Paparazzi gehetzten Diana im August 1997 ließ die Popularität des Prinzen dramatisch sinken. Ihm wurde Dianas Unglück zugeschrieben – schließlich hatte er sie betrogen und so unglücklich gemacht.

Das am härtesten arbeitende Mitglied der Königsfamilie

Mit Fingerspitzengefühl und dem Allheilmittel Zeit gelang es Charles, sein Standing Stück für Stück zu verbessern. Erst Jahre nach Dianas Tod traten Camilla und er erstmals gemeinsam in der Öffentlichkeit auf. Die Nachricht, dass seine Söhne mit der Hochzeit der beiden einverstanden waren, tat ihr übriges. Ein neues Kapitel wurde aufgeschlagen, das Volk war bereit dafür. Prinz Charles als Sympathieträger der Monarchie.

Doch in der britischen Monarchie geht es nicht nur um Gefühle. Auch wirtschaftlich leistet der Prinz ganze Arbeit. Nach Berechnungen seines Trusts, so heißt es, flossen mehr als 1,5 Milliarden Pfund zurück in die Gesellschaft. 16 weitere Organisationen hat er ins Leben gerufen und mehr als 600 Institutionen leiht er seinen Namen als Schirmherr. Als „das am härtesten arbeitende Mitglied der Königsfamilie“ bezeichnet ihn der „Daily Telegraph“. 2013 ist der Kronprinz in Rente gegangen, seit fünf Jahren wartet er im Ruhestand auf seinen Einsatz als König. Seine Rente von ein paar hundert Pfund monatlich spendet er.

Sein Vater sei stets präsent gewesen, sagt William

Ab und zu, sehr dosiert, übernimmt Charles Aufgaben seiner Mutter. Am Sonntag legte er – unter ihrem strengen Blick – den Kranz zum Gedenken an die Toten aller Kriege in Londons Whitehall nieder. Zum zweiten Mal nach 2017. Doch die große, die neugierige öffentliche Aufmerksamkeit gilt seinen Söhnen. Ob William mit seiner Frau Kate und den gemeinsamen drei Kindern George, Charlotte und Louis oder der Zweitgeborene Harry, der in diesem Jahr Meghan Markle heiratete und seinen Vater im nächsten Jahr zum vierfachen Großvater machen wird – diese beiden vervielfältigen den Sympathiebonus noch.

Und wirken, trotz aller Autonomie, wie ein Spiegel. Die Müllsammel-Anekdote erzählt William voller Zuneigung. Sein Vater sei stets präsent gewesen und habe viel mit ihnen gespielt. Williams Wunsch anlässlich des runden Geburtstags zeugt von dieser positiven Erinnerung: Der Vater möge noch mehr Zeit mit den Enkeln verbringen.

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