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An den Füßen trug die Schauspielerin Anna Brüggemann Turnschuhe.

© Britta Pedersen/ dpa

BERLINER  STIL: Rüschenfummel für die Herren

Die Schauspielerin Anna Brüggemann ruft auf der Berlinale mit der Aktion „Nobody's Doll“ gegen das Schönheitsdiktat auf dem Roten Teppich auf.

Wie üblich in der Filmbranche ging es in letzter Zeit um die Frage: Was zieht sie zur Eröffnung der Berlinale an? Die Schauspielerin Anna Brüggemann war tapfer und hat nichts gesagt, bevor sie am Donnerstagabend den roten Teppich betrat. Mit ihrer Kampagne „Nobody’s Doll“ wollte sie erreichen, dass Frauen so vor die Kameras treten können, wie sie wollen. Und sich eben nicht in High Heels und engem Fummel fremdbestimmt fühlen. Natürlich hatte sie zu ihrem Aufruf, den viele ihrer Kolleginnen und einige Kollegen unterschrieben, keine Anleitung gestellt, wie es anders und richtig geht. Das weiß sie selber noch nicht so genau und will auch nicht das alte Diktat durch ein neues ablösen.

Trotzdem wurde Anna Brüggemann in den vergangenen Tagen oft gefragt: Turnschuhe? Schlabberlook? Oder einfach weniger Make-up? Zu den Unterzeichnerinnen gehört auch eine Modedesignerin. Bezeichnend, dass es mit Esther Perbandt eine ist, die sich mit ihren Entwürfen ganz bewusst den festgelegten Geschlechterrollen entzieht, bei ihren Modenschauen tragen alle alles und das sehr gern in Schwarz. Ansonsten halten sich die Modeunternehmen aus der Debatte raus. Warum auch, für die meisten Marken ist der rote Teppich ein gutes Geschäft. Seit die Journalistenfrage nach dem Outfit zum Standardrepertoire gehört, gibt es teure und langfristige Verträge mit Hollywoodstars.

In Hollywood ist es ein ungeschriebenes Gesetz, auf dem roten Teppich möglichst perfekt auszusehen, also dünn, makellose Haut, prächtiges Haar und elfenhafter Gang auf möglichst dünnen Absätzen, Schmuck, Accessoires und Kleid aufeinander abgestimmt. In Deutschland kommt es durchaus noch vor, dass eine Schauspielerin aussieht, als hätte sie sich selbst geschminkt, etwas aus dem eigenen Kleiderschrank angezogen und sich nicht wochenlang über diesen kurzen Moment den Kopf zerbrochen.

Aber auch hier kümmern sich immer mehr Modefirmen darum, dass Schauspielerinnen dem perfekten Look nachjagen, und schicken entsprechende Pressemitteilungen mit Bildern an die Redaktionen. Viele Magazine drucken sie seitenweise ab, vergleichen dann die Auswahl, vergeben Haltungsnoten, lästern über Bäuche. Um das, was die Person außer Aussehen sonst ausmacht, geht es dabei nicht.

Das ist genau, was Anna Brüggemann erreichen will: dass Frauen nicht nur für die Leistung geschätzt werden, möglichst perfekt und jung auszusehen, sondern für das, was sie können. Die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken macht dazu im Deutschlandfunk noch einen anderen Vorschlag. Warum können nicht auch die Männer etwas Reizendes anziehen? Auf den Laufstegen gibt es das. Also Rüschenshorts statt Smoking! Dann müssten die Männer über ihren Fummel reden, und die Frauen könnten von Projekten berichten.

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