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Schwarz mögen die beiden Designerinnen von Umasan besonder gern.

© promo

Berliner Design: Umasan macht vegane Mode

Das Label Umasan macht Kleidung ohne tierische Produkte, dafür mit hohem Design-Anspruch.

Zu sphärischen Klängen bewegen sich die Models barfuß in theatralischen Tanzbewegungen über den Laufsteg, den Blick in imaginäre Fernen gerichtet, während auf der Videoleinwand im Hintergrund lautlos Herbstlaub zu Boden fällt. Die Umasan-Show auf der Berliner Fashion Week im Januar ist so schwermütig, dass sofort klar wird: Diese Mode ist kein Spaß. Tatsächlich haben sich Anja und Sandra Umann mit ihrem 2010 gegründeten Label Umasan nichts Geringeres vorgenommen, als mit ihrer Mode „Luxusirrtümer zu korrigieren und kollektive Werte neu zu definieren“. Verwendet werden nach eigenen Angaben ausschließlich ökologisch und nachhaltig produzierte pflanzliche Materialien.

Damit liegen sie durchaus im Trend. Immer mehr Menschen entscheiden sich für ein Leben ohne tierische Produkte. „Wir haben verstärkt Kunden, die nach veganer Mode suchen“, sagt Judith Finsterbusch, Geschäftsführerin von Wertvoll, einem Laden für nachhaltige Mode in Prenzlauer Berg.

Auf die Bio-Welle folgt das Nachdenken über Kleidung

Spätestens mit Jonathan Safran Foers 2009 erschienenem Buch „Tiere essen“, in dem der amerikanische Schriftsteller den Horror moderner Massentierhaltung anprangert, ist das Thema Veganismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Was vor einigen Jahren noch ein obskures Nischenphänomen war, ist – insbesondere unter jungen Großstädtern – cool geworden. Wie so oft dank prominenter Vorreiter aus Hollywood: Natalie Portman und Tobey Maguire sind bekennende Veganer, Gwyneth Paltrow und Alicia Silverstone haben sogar vegane Kochbücher veröffentlicht.

Wie bei der Bio-Welle folgt auf das Nachdenken über Ernährung das Nachdenken über Kleidung. Aber während die Ablehnung von Pelz bereits weitverbreitet ist – laut einer Umfrage der Fachzeitschrift Textilwirtschaft sind 84 Prozent aller Deutschen gegen Pelzprodukte –, können sich noch die wenigsten vorstellen, auch auf Leder, Wolle, Daunen und Seide zu verzichten. Die Kollektion der 35-jährigen Zwillingsschwestern beweist eindrucksvoll, dass Einschränkung die Kreativität durchaus fördern kann.

Die fließenden Shirts und Leggings, die asymmetrisch geschnittenen Hosen und Jacken, meist mit Bändern statt mit Knöpfen geschlossen, fast ausschließlich schwarz und bis auf einige lange Kleider unisex, bewegen sich stilistisch irgendwo zwischen gehobener Yoga-Wear und japanischer Avantgarde. Letzteres ist wohl dem Umstand geschuldet, dass Anja Umann bei Yohji Yamamoto gelernt hat. Und auch wenn die Behauptung, das „weltweit erste vegane High-Fashion“ zu sein, ein wenig vollmundig klingt, unterscheidet sich der Umasan-Stil tatsächlich deutlich von den bunten T-Shirts und Kapuzensweatern, mit denen andere vegane Labels aufwarten.

Die Schwestern wollen die Welt nicht durch Verzicht verändern

Interessant und innovativ sind vor allem die Materialien. Verwendet werden neben Biobaumwolle größtenteils Zellulosefasern aus Holz, Bambus und Soja, sozusagen Kunstfasern aus natürlichen Rohstoffen wie Modal und Tencel. Die sind nicht nur ausgesprochen weich und angenehm zu tragen, sondern sollen auch antiallergen wirken, dank Zusätzen wie Zink und Algen die Haut sogar pflegen.

Solche „man made fibers“ sind nicht grundsätzlich umweltfreundlicher als Baumwolle, da für die Verarbeitung der Zellulose Chemikalien notwendig sind. „Besser sind sie aber auf jeden Fall“, sagt Frank Schmidt von PETA. „Was bei Pelz, Leder und Wolle die Ökobilanz verhagelt, sind ja bereits Fläche, Energie und Wasser, die bei der Haltung der Tiere verbraucht werden.“ Die Designerinnen legen außerdem Wert darauf, dass sie ihre Materialien ausschließlich aus Europa beziehen. „Unsere Lieferanten sitzen alle im deutschsprachigen Raum, wir sind regelmäßig vor Ort und schauen uns jeden Verarbeitungsschritt genau an“, sagt Sandra Umann.

Wie ihre Schwester ist Sandra Umann blass, sehr zierlich und versinkt ein wenig in dem schwarzen, fast militärisch anmutenden Mantel aus der eigenen Kollektion. Sie wirkt ernst, fast ein wenig angestrengt, wenn sie erklärt, worum es ihnen geht: „Wir wollen die Welt nicht durch Verzicht verändern, sondern durch einen Mehrwert, den wir anbieten, indem wir zeigen, dass ein veganes Produkt auch schön aussehen kann.“

Es ist den Designerinnen wichtig, durch ihr Design zu überzeugen und nicht durch ökologische Korrektheit. Keinesfalls wollen sie in die Hanf-Jute-Öko- Ecke gestellt werden. Aus unternehmerischer Sicht ist das klug, denn immer noch ist die Hauptmotivation beim Modekauf, schön aussehen zu wollen. „Viele Menschen stellen ihren Konsum um, aber sie wollen nicht, dass man ihnen das ansieht“, sagt Sandra Umann. Ihre Kleidung soll dem modernen Lebensstil mit seinen vielseitigen Ansprüchen gerecht werden.

Mäntel sind eine Herausforderung - Baumwolle wärmt nicht

„Man geht morgens aus dem Haus, hat Termine, geht zwischendurch zum Yoga, steigt dann in den Flieger, geht abends aus. Unsere Mode macht diese Schnelllebigkeit mit, und man ist immer gut angezogen.“ Außer man arbeitet am Schalter einer Bank. Der Look ist eher etwas für kreative Freiberufler mit existenzialistischer Grundhaltung. Schwarz, auf coole Art körperfern und sehr bequem, sind die Umasan-Entwürfe tatsächlich sehr angenehm zu tragen. Auf den zweiten Blick erkennt man in der monochromen Uniformität eine Vielfalt an gestalterischen Details: raffinierte Faltenwürfe, Nahtverläufe und dezente Drucke.

Auch die Materialien sind vielfältiger, als es zunächst scheint. Da ist die dunkelblaue, frackartig geschnittene Jacke aus recycelter Baumwolle, deren plüschige Oberfläche an Frottee erinnert. Ein Shirt glänzt wie Seide, ein anderes erinnert mit seiner matt-rauen Oberfläche an Wildleder. Und die locker fallende Jacke mit Bindegürtel aus Algenfasern ist unerwartet dick und schwer. Die Mäntel aus dickem Baumwollstoff dagegen sind so steif, dass sie an Uniformen erinnern.

Mäntel sind übrigens eine echte Herausforderung, wenn man auf Wolle und Fell verzichtet. Für Berliner Minusgrade ist man damit nicht gut gerüstet. Im kommenden Winter soll es aber wattierte Jacken und Mäntel geben, die richtig schön warm halten.

Die Schwestern glauben fest an ihre Mission. Auch, als das Label bereits nach einem Jahr dank der Intervention des windigen Investors Markus Höfels Konkurs anmelden musste, ließen sie sich nicht entmutigen. Sie machten weiter, inzwischen unterstützt von Business-Angels und dem Kreativwirtschaftsfonds der Investitionsbank Berlin.

Sie sind sich bewusst, dass sie eine Nische bedienen. Ein Shirt für über 200 Euro, eine schlichte Hose mit elastischem Bund für fast 300 – das können sich nur wenige leisten. „Aber die Nische wächst“, sagt Sandra Umann überzeugt. Tatsächlich verkaufen sie ihre Mode bereits weltweit von Osteuropa bis Asien und besonders gut in den USA. Prominente von Erykah Badu bis Anne Will tragen Umasan. „Ich habe mich auf dem roten Teppich noch nie so wohlgefühlt“, wird die Moderatorin auf der Umasan-Homepage zitiert.

Umasan hat einen eigenen Laden in der Linienstr. 40 in Berlin-Mitte.

Mehr Infos unter www.umasan-world.com

Bettina Homann

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