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Todesrate drei Prozent. Das Gift der Schwarzen Witwe kann Nierenversagen, Muskellähmungen oder Psychosen auslösen.

© Getty Images/iStockphoto

Schwarze Witwe im Aquarium: Schneller Sex, schnell weglaufen

Die Schwarze Witze tötet ihre Partner nach der Paarung - allerdings weit seltener als gedacht. Gefährlich ist diese Spinnenart trotzdem - für den Menschen.

Versteckt zwischen vertrockneten Olivenzweigen lauern sie in ihrem Gewirr aus Fäden, Fliegenresten und Blättern. Winzig sind sie, der Hinterleib der Weibchen ist nur so groß wie eine dicke Erbse. Die Männchen sind nicht einmal halb so groß – und leben gefährlich, heißt es.

Denn die Weibchen gelten als Femmes fatales der Spinnenwelt, die ihre Partner nach dem Sex fressen. Dieses Verhalten gab der gesamten Gattung ihren Namen. Allerdings geschieht das wesentlich seltener, als kolportiert wird: Nur etwas mehr als zehn Prozent aller Paarungen enden mit dem Tod des Männchens. „Es hängt davon ab, wie es sich anstellt“, sagt Haymo Sontag, stellvertretender Revierleiter im Aquarium. Für die deutlich kleineren Männchen lautet die Devise: schneller Sex, schnell weglaufen. Das erhöht die Überlebenschancen.

Das Gegengift kostet 5000 Euro

Richtig giftig sind nur die weiblichen Spinnen. Die gefährlichste von ihnen ist die Südliche Schwarze Witwe aus Nordamerika. Man erkennt sie am roten Fleck auf der Unterseite ihres Hinterleibs, der an eine Sanduhr erinnert. „Todesrate drei Prozent“, sagt Sontag, als sei es ein Qualitätskriterium aus dem Gifttier-Quartett.

Die Zahl klingt erst mal nicht sehr hoch. Am gefährlichsten daran ist etwas anderes: Da ihre Beißklauen so klein sind, spürt man den Witwen-Biss kaum oder hält ihn nur für einen Hautkratzer – bis nach einigen Stunden die ersten Symptome auftreten. Die Folgen einer Vergiftung können laut Sontag Nierenversagen, Muskellähmungen oder Psychosen sein. Bei Kleinkindern können sie monatelang andauern. Es gibt zwar ein Gegengift, „aber eine Ampulle kostet 5000 Euro“, sagt der Revierleiter, „und die hat nur eine Haltbarkeitsdauer von einem halben Jahr.“ Sich nicht beißen zu lassen, ist auf jeden Fall günstiger.

Weniger giftig, doch auch nicht ohne ist die Europäische Schwarze Witwe, die im Terrarium nebenan sitzt. Sie kommt vom Mittelmeerraum bis nach Zentralasien vor. Dort fallen dem Biss der „Karakurte“ (türkisch für: Schwarzer Wolf) öfters ungeschickte Kamele zum Opfer, die morgens den Tau von Sträuchern lecken und die nachtaktive Spinne aufschrecken.

Inzwischen gibt es sie auch in Europa

In Südeuropa gilt diese Unterart als ein möglicher Auslöser des „Tarantismus“, der Tanzwut. So bezeichnete man im Mittelalter Anfälle, die einer Epilepsie ähnelten, während derer Menschen mit Schaum vor dem Mund bis zum Umfallen tanzten. Da die Spinne jedoch nachtaktiv ist, wurden die plötzlich auftretenden Muskelkrämpfe lange Zeit der größeren, tagaktiven, aber harmloseren Tarantel angelastet.

Die Schwarzen Witwen kommen weltweit vor, sie haben relativ bescheidene Ansprüche. Hauptsache, es gibt viele Fliegen, die sie fressen können. In ländlichen Gegenden ist das häufig in Außentoiletten der Fall. „Meist sitzen sie unter der Brille und beißen im Zweifel in das hinein, was herunterhängt“, sagt Sontag. „Also besser vorher die Brille hochklappen und nachsehen.“ Noch eine schlechte Nachricht: Aufgrund der Klimaerwärmung gebe es bereits Populationen der Schwarzen Witwe in Frankreich und Belgien. „Wahrscheinlich ist sie auch schon in Deutschland angekommen“, sagt Haymo Sontag. „Wir haben es nur noch nicht gemerkt.“

SCHWARZE WITWE IM AQUARIUM

Lebenserwartung:  Weibchen bis zu drei Jahre

Interessante Nachbarn: Palmendieb, Vogelspinnen, Blattschneiderameisen

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