zum Hauptinhalt
Bei den Grammy Music Awards 2017 trat Beyoncé als Yoruba-Göttin Oshun auf.

© AFP/Valerie Macon

Queen B auf Welttournee: Beyoncé soll endlich auch Konzerte in Afrika geben

Mosambikanischer Tanz, somalische Verse, nigerianischer Look: Die Sängerin Beyoncé bedient sich munter am Kontinent. Aber dort auftreten will sie nicht.

Stellen Sie sich vor, Sie wären Fan von jemandem, der seit Jahren ausgiebig im Kulturschatz Ihres Kontinents herumwildert und dann nie bei Ihnen auftritt. So geht es afrikanischen Fans von Beyoncé wie mir ständig. Weder ihre Tournee „Formation“ im Jahr 2016, noch die „The Mrs. Carter Show“ 2014 führte sie nach Afrika. Genausowenig wie die im selben Jahr absolvierte „On the Run“-Tournee mit ihrem Mann Jay-Z.

Als deren zweite Auflage angekündigt wurde, hoffte ich, es wäre endlich so weit. Doch auch bei „OTR II“, der Tour, die im Oktober in Seattle enden wird, wurde ich als Südafrikanerin mal wieder hängen gelassen. Einmal mehr bleibt die amerikanische Sängerin auf ihrer „Welt“-Tournee dem Kontinent fern, bei dessen Künstlern und Symbolen sie sich so rege bedient.

2011 beispielsweise ließ sie sich von der mosambikanischen Gruppe Tofo Tofo für das „Run the World (Girls)“-Video im Pantsula-Tanz unterrichten. Auf dem Album „Lemonade“ verwendete sie Texte der somalisch-britischen Dichterin Warsan Shire und für das Video zur Single „Sorry“ ließ sie den nigerianischen Künstler Laolu Senbanjo die Körper ihrer Tänzer bemalen. Im Video zu „Hold up“ und bei den Grammy Music Awards stilisierte sich Beyoncé mit einem goldgelben Kleid gleich selbst zu Oshun, Fruchtbarkeits- und Liebesgöttin des Volks der Yoruba.

Sie verpasst eine große Chance

Auch das Poster der aktuellen Tour, auf dem Beyoncé und Jay-Z auf einem Motorrad mit Kuhhörnern über dem Lenker posen, basiert auf einer Idee des senegalesischen Regisseurs Djibril Diop Mambéty. „Touki Bouki“, sein Film aus dem Jahr 1973, erzählt die Geschichte von Mory und Anta, einem Hirten und einer Kunststudentin, die sich in Dakar begegnen. Sie träumen davon, reich zu werden und nach Paris zu ziehen. Das Filmplakat zeigt das Paar auf einem Motorrad – mit Kuhhörnern über dem Lenker. Ein Hinweis auf Mambéty jedoch fehlt genauso wie afrikanische Städte auf dem Tourneeplan.

Die sieht man dort oft erst, wenn Künstler ihre erfolgreichsten Jahre bereits lange hinter sich haben. SWV, Dru Hill und TLC waren große Stars in den 90ern. Nach Afrika schaffen sie es aber nur im Rahmen der nostalgischen „Soul Fest“-Tour, die im September zum ersten Mal stattfinden wird. Schön, klar, doch natürlich hätten wir die Sängerinnen gern schon auf dem Höhepunkt ihres Ruhmes erlebt.

Beyoncé und die anderen verpassen hier eine große Chance: die Menschen einzubinden und zu treffen, die sich den Ideen und Themen, mit denen sie spielen, weit mehr verbunden fühlen dürften als die Fans in Europa oder Amerika.

Wer Glück hat, trifft die Sängerin bald in Johannesburg

Vor wenigen Wochen schien es kurz so, als hätte Beyoncé ein Einsehen. Sie und Jay-Z verkündeten, am 2. Dezember als Headliner auf dem „Mandela 100“-Festival in Johannesburg aufzutreten. Es wäre der erste Besuch der Sängerin in Afrika seit 2004, als Beyoncé, damals noch Mitglied von Destiny’s Child, anlässlich einer Anti-Aids-Kampagne sang. Das Festival im Dezember bildet jetzt den Abschluss einer Reihe von weltweiten Veranstaltungen anlässlich des 100. Geburtstags des 2013 verstorbenen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela. Gebucht sind unter anderem auch die südafrikanischen Künstler Cassper Nyovest und Sho Madjozi, sowie Ed Sheeran, Pharrell Williams und Chris Martin. Der Haken: Tickets für das Konzert kann man nicht kaufen, sondern nur gewinnen. Zum Beispiel durch Wohltätigkeitsarbeit oder das Unterzeichnen von Petitionen gegen Armut.

Das ist aus gleich mehreren Gründen fragwürdig. Erstens gibt es zahlreiche lokale Organisationen, die seit Jahren gegen Armut kämpfen, jetzt aber ausgeschlossen werden, weil sie keinen Zugang zum Internet haben. Zweitens können Fans mit Smartphones einfach ein paar Hashtags auf Twitter absetzen und so Karten gewinnen. Doch selbst die, die Glück haben, erleben womöglich nur eine abgespeckte Version der Show, für die ich Anfang Juli extra nach Paris geflogen bin. Und was für eine atemberaubende Show war das!

Lohnt es sich, internationale Stars nach Afrika zu bringen?

Hand in Hand. Nach ihrer Ehekrise sind Jay-Z und Beyoncé jetzt wieder glücklich - und zusammen auf Tour.
Hand in Hand. Nach ihrer Ehekrise sind Jay-Z und Beyoncé jetzt wieder glücklich - und zusammen auf Tour.

© Win Mcnamee/Getty Images Pool/dpa

Sie begann mit einem auf eine gigantische Leinwand projizierten Bild von Jay-Z, im Arm seine Zwillinge Rumi und Sir. Schon da tobte die Menge. Dann betrat das Paar die Bühne. Hand in Hand, durch einen Fahrstuhl. Eine Anspielung auf den Vorfall anno 2014, als Beyoncés Schwester Solange in einem Lift auf Jay-Z losging. Ein Video des Vorfalls provozierte damals in den sozialen Netzwerken Spekulationen über eine Rivalität zwischen den Schwestern. Was ihr Verhältnis zu Afrika angeht, scheinen sie sich jedoch einig: Einen geplanten Auftritt sagte Solange im vergangenen Jahr wieder ab. Als Kulisse für ihr Video „Losing You“ war ihr das Westkap aber gut genug.

Doch zurück nach Paris: Zwischen den Songs wurden immer wieder Videos eingespielt, es gab eine Plattform, mit der die Sänger durch das Stadium schwebten, ein ganzes Orchester begleitete sie musikalisch. Es ist unwahrscheinlich, dass dieser ganze Aufwand für die Show in Südafrika betrieben wird. Dort soll das Paar mit dem Soweto-Gospel-Chor auftreten ...

Lady Gaga sang in Südafrika in ausgebuchten Stadien

Meist erklären die Tourneeveranstalter, es würde sich schlicht nicht lohnen, Beyoncé oder andere internationale Stars nach Afrika zu bringen. Das ist Schwachsinn. Als Rihanna 2013 in Südafrika tourte, gab es schon nach wenigen Minuten keine Karten mehr. Lady Gaga sang in Johannesburg und Kapstadt in ausgebuchten Stadien. Katy Perrys Konzerte im Juli waren ausverkauft. Und überhaupt: Wenn Fans willens sind, tausende Rand zu investieren, um „Queen B“ einmal in Amerika oder Europa auf der Bühne zu erleben, warum sollten sie nicht dasselbe Geld zahlen, wenn sie bei ihnen um die Ecke auftritt?

Beyoncé-Fan Morongwa Pholoba sagt, sie würde alles dafür geben. Die Südafrikanerin hat in Hoffnung auf ein Konzert in Afrika seit Ewigkeiten Geld beiseitegelegt. Dieses Jahr war Pholoba des Wartens müde, haute ihr Erspartes auf den Kopf und flog zur „OTR II“-Show in Amsterdam. Umgerechnet 1000 Euro verschlang die Reise, doch Pholoba war so begeistert, dass sie jetzt weiterspart. „Vielleicht erweist sie uns ja doch mal die Gnade.“

Afrikanische Fans verdienen mehr als Nostalgie

Während der Show in Paris ließ Beyoncé Aufnahmen aus dem Ted-Talk „We Should All be Feminists“ der nigerianischen Autorin Chimamanda Ngozi Adichie einspielen. Neben mir standen Fans aus Eritrea, Nigeria, Botswana. Ich versuchte mir auszumalen, wie viel emotionaler dieser Moment in einem afrikanischen Land gewirkt hätte, in dem man Ngozi und Beyoncé gleichermaßen kennt und liebt.

Es kann doch nicht sein, dass Beyoncés afrikanische Fans so lange warten müssen, bis sie selbst abgenudelt genug ist für die Retroshow „Soul Fest“.

Es ist an der Zeit für Beyoncé, sich nicht nur bei Afrika zu bedienen, sondern auch bei uns aufzutreten. Wir haben mehr verdient als Nostalgie, und wir sind bereit, dafür zu zahlen.

Übersetzt von Moritz Honert.

Tebogo Monama

Zur Startseite