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Keinen blassen Schimmer. Wenn die Sonne untergeht, wird der Indische Ozean zu einem Meer von Farben.

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North Island: Gut isoliert: Diese Seychellen-Insel ist für Paparazzi tabu

Prominente wie Kate und William verbringen hier gern die Flitterwochen. Wer will, frühstückt nackt. Und sogar die Schildkröten sind angetrunken.

Die Tageszeiten lassen sich auf North Island an den einfachen Dingen ablesen. Morgens schnackseln die Riesenschildkröten auf dem Rasen, mittags hangeln sich die Flughunde durch den Takamakabaum, und nachmittags schweben die Adlerrochen durch das Wasser der flachen Bucht.

Ach ja, Menschen gibt es auch, aber die sieht man kaum. North Island ist eine exklusive Privatinsel auf den Seychellen. Sie ist knapp zwei Quadratkilometer groß, drei Hügel, viel Urwald und Strand. Gerade einmal elf Villen stehen für jeweils zwei, maximal vier Gäste bereit. Oft bleiben diese auf den bis zu 400 Quadratmeter großen Anwesen für sich – so dass der weiße Strand mit den sich neigenden Palmen und dem türkisblauen Meer wie eine wahr gewordene Fototapete aussieht.

North Island ist deswegen ein beliebtes Honeymoon-Resort für die Reichen dieser Welt. Der Preis von minimal 3000 Euro pro Person scheint dem Hormon-Niveau entsprechend: ziemlich hoch. Glücksgefühle lassen sich nicht in Zahleneinheiten messen, höchstens am beruhigenden Takt des Wellenrauschens. Kate und William haben 2011 ihre Flitterwochen auf der Insel verbracht, beinahe bodenständig in einer der normalen Villen – und nicht in der extragroßen mit der Hausnummer 11.

Die Promis kommen mit dem Helikopter an

Williams Bruder Harry, der am 19. Mai seine Meghan heiratet, hat bereits angekündigt, auf Flitterwochen zu verzichten. „Schade“, sagt Bruce Simpson, der 50-jährige Managing Director von North Island, ein Südafrikaner, der seit 15 Jahren im Resort arbeitet und ein betont kumpeliges Auftreten hat.

Simpson erkennt die Flitterwöchler an ihrem Rhythmus. Sie kämen mit dem Helikopter an, spannten das Seil vor ihre Villa, das bedeutet für die Angestellten „unter keinen Umständen betreten!“, und ließen sich für Stunden nicht blicken. Danach wird gegessen, gern auch in der Villa, damit die Gäste es danach nicht so weit haben, wenn noch einmal Familienplanung zum Thema wird. Warum zur Granitkuppel des sogenannten Spa Hill hinauflaufen? Es gibt anregendere Sachen zu tun.

Was nicht heißt, dass die Gäste alles dem Zufall überlassen. Simpson erzählt, dass ein Urlauber bei einer Feierlichkeit auf North Island die Rolling Stones auftreten lassen wollte. Das Resort fragte an, die Band sagte zu und verlangte 3,5 Millionen Pfund als Gage, ohne First-Class-Tickets und Unterkunft. Das war dem Musikfan dann doch zu exklusiv. Ein Brite mietete Villa 11, in der auch schon Angelina Jolie und Brad Pitt übernachteten, und plante das Beisammensein mit seiner Frau minutiös.

Er schickte das gesamte Gepäck ein paar Tage im Voraus, die Angestellten des Resorts bügelten die Kleider und hängten sie sorgsam in den Schrank. Jeden Tag gab es ein vorab ausgetüfteltes Menü, eine extra zusammengestellte Playlist speisten die Angestellten in die Stereoanlage ein, zum Essen lief „The Power of Love“ von Frankie goes to Hollywood.

Die Ehe für alle kennt man hier noch nicht

Frisch Vermählte können am Abend bei Kerzenschein im Sand liegen und Liebesfilme unter Palmen schauen.
Frisch Vermählte können am Abend bei Kerzenschein im Sand liegen und Liebesfilme unter Palmen schauen.

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Auch Hochzeiten finden auf der Insel statt. Ein Standesbeamter fliegt dafür von der Hauptinsel Mahé ein, die Paare geben sich zumeist am ruhigeren West Beach das Ja-Wort. Nur gleichgeschlechtliche Paare müssten sich im Heimatland noch einmal auf das zuständige Amt begeben, die Ehe für alle kennt man auf den Seychellen noch nicht. Die Kleiderordnung ist laut Inseldirektor bei allen Trauungen gleich. „Wenn du es in der Kirche tragen könntest, bist du overdressed.“ Und auf der Party, das weiß Simpson aus eigener Erfahrung, denn er hat auf North Island seine Frau geheiratet, gilt: Krach machen! Kein Nachbar beschwert sich.

Die sinnliche Entschlackung – keine Autogeräusche, viel Vogelgezwitscher und Ozeanrauschen – stört kaum ein modernes Gimmick. Die Villen sind zum großen Teil aus Holz von der Insel gebaut, die in der Natur vorkommenden Töne weiß (Strand), grün (Dschungel) und braun (Erde) finden sich in der Einrichtung wieder. Allein manches Technikgedöns wie der riesige Flachbildschirm passt nicht unbedingt in die Kulisse. Einsamkeit mit Wifi.

Für Prominente ist die Insel traumhaft, gerade, weil sie für Paparazzi schwer zu erreichen ist. Nur Hubschrauber landen hier, es gibt bloß eine Firma, die Flüge vom 30 Kilometer entfernten Hauptarchipel organisiert, und die lässt keine Fotografen über North Island fliegen. Wenn ein verdächtiges Boot mit Teleobjektiv vor der Bucht kreuzt, könnte der Manager direkt beim Tourismusminister anrufen. Die Seychellen legen Wert auf Diskretion, und schicken in solchen Fällen schon mal die Küstenwache vorbei.

Was soll das heißen, die Mangos sind aus?

Neben den Promis kommen gern mittelständische Unternehmer vorbei, aus Schweden, Russland, und häufig aus Deutschland. Ein israelischer Gast weilte 32 Tage auf der Insel, der bisherige Rekord. Er arbeitete von seiner Terrasse aus und organisierte abends Partys. Ein anderer wollte vier Villen für 18 Monate mieten, was die Geschäftsführung höflich ablehnte. North Island soll ein vorübergehendes Erlebnis bleiben: Nachts auf der Terrasse speisen, nackt am Privatpool frühstücken, im Indischen Ozean den eigenen Bonitofisch fangen. Hätte man dieses Panorama jeden Tag vor Augen, würden einem die Hektik der Stadt und ihre Versuchungen fehlen. Und vielleicht würde man zu verwöhnt: Was soll das heißen, die Mangos sind aus?

Manch einem scheint allerdings die Idylle den Verstand zu rauben. Bruce Simpson erzählt von einem Gast, der sich für einen Tauchausflug sechs Meerjungfrauen wünschte, so stand es in der E-Mail. Die dafür gecasteten Mädchen sollten natürlich „ohne Bikini-Oberteil und Taucher-Mundschutz“ schwimmen. Das ging natürlich gar nicht. Ansonsten versuchen die 125 Angestellten auf North Island, jeden Wunsch zu jeder Uhrzeit zu erfüllen.

Nur eines wird mit sofortiger Inselverbannung bestraft: Wenn man betrunken die Seychellen-Riesenschildkröten anfährt. Das ist Brutus, dem 180 Jahre alten Maskottchen des Privatresorts, widerfahren. Ein Gast rempelte das Tier, das auf dem Weg döste, mit seinem Buggy an. Am nächsten Tag warf der Hotelmanager ihn raus, da half auch der hohe Kontostand nicht. Brutus trägt seit jener Nacht reflektierende Klebestreifen auf seinem Panzer.

Die Insel ist auch Naturschutzprojekt

Die Meeresschildkröten dösen entspannt am Strand, während ihre Artgenossen an Land sich an vergorenen Früchten laben.
Die Meeresschildkröten dösen entspannt am Strand, während ihre Artgenossen an Land sich an vergorenen Früchten laben.

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North Island hat nicht nur gegenüber seinen romantisch veranlagten Urlaubern eine Verpflichtung, es ist gleichzeitig ein Naturschutzprojekt. Ein geringer Teil der Insel ist bebaut, der Rest ist für Umweltschutz und Renaturierung reserviert – an dem die Gäste teilhaben können, wenn sie möchten: Bäume pflanzen oder Meeresschildkröten bei der Eiablage beobachten. Für alle Gäste ist die Gepäckkontrolle bei der Ankunft Pflicht. Die Koffer werden nach möglichen Schädlingen durchsucht. So möchte man blinde Passagiere wie Nager aufspüren. Was wohl Victoria Beckham gedacht hat, als in ihrem Gepäck nach Ungeziefer gesucht wurde?

Die Nervosität hat einen historischen Hintergrund. Die Ratten kamen mit den Plantagenarbeitern im 19. Jahrhundert. Viele Vogelarten starben auf der Insel aus, weil die Nager bis in die Bäume kletterten und dort die Nester plünderten. In einem aufwändigen Kampf wurden die Schädlingsbekämpfer der Plage Herr.

Autofahrer müssen auf die Schildkröten aufpassen

Inzwischen brüten Seevögel wieder an den Klippen der Insel, die Meeresschildkröten legen Eier in den warmen Sand, ohne Feinde zu befürchten. Und die uralten Landschildkröten laben sich an den Golden Apples. Wenn diese auf den Boden fallen und gären, müssen Autofahrer besonders aufpassen. Dann sind die Schildkröten nämlich ziemlich betrunken, würden auf den Wegen manchmal einschlafen und seien noch lahmer auf den Beinen. Zur Einordnung: Alpha-Männchen Patrick, stolze 120 Jahre alt, schafft 800 Meter in zwei Tagen.

Die meisten Gäste werden keine Gedanken an die Tiere verschwenden, sondern ständig im Kopf abgleichen: Hat David Beckham denselben Knopf bedient, um sich einen Espresso in der Villa zu machen? Ob Salma Hayek auch einmal gegen die schwere Glastür geknallt ist, die den Badezimmerbereich vom Schlafzimmer abtrennt? Und was hat wohl Justin Timberlake gemacht, während seine jetzige Frau Jessica Biel nach Karettschildkröten getaucht ist?

Reisetipps für Seychellen

Hinkommen

Turkish Airlines fliegt von Berlin über Istanbul auf die Seychellen, ab 649 Euro in der Economy. Der Flug dauert 13 Stunden. turkishairlines.com

Unterkommen

Villen auf North Island kosten ab etwa 3000 Euro pro Person, Essen, Getränke und Ausflüge inklusive. Bei Flitterwochen bietet das Resort einen 25-prozentigen Discount für den Partner an. wilderness-safaris.com

Rumkommen

Ein gutes Stopover-Hotel auf dem Weg zur Insel ist das Maia Luxury Resort an der Südwestküste. lhw.com

Die beste Reisezeit für die Seychellen ist von Mai bis Oktober. Von Dezember bis März kann es durch den Monsun bedingt stark regnen.

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