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 Matthias Matussek.

© picture alliance / dpa

Grob-Rhetoriker im Internet: Matthias Matussek und die wichtigen Männer

Sie schimpfen sich "Kackbratze", "Eierkopf" oder "Schweinchen Schlau". Im Netz teilen Alphamänner der Medienwelt aus, wie man es sonst eher aus der Rapmusik kennt.

Am Abend der Anschläge schrieb „Welt“-Autor Matthias Matussek auf „Facebook“ allen Ernstes: „Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen.“ Er beendete seinen Post mit einem Smiley.

Das war zu viel, auch den Springer-Oberen. „Bild“-Chef Kai Diekmann schrieb, er finde Matusseks Reaktion „einfach nur ekelhaft“, sie offenbare eine „klammheimliche Freude im Angesicht der Opfer“. „Welt“-Chef Jan-Eric Peters verurteilte den Post als „durchgeknallt“.

Seit letztem Dienstag ist Matthias Matussek nicht mehr „Welt“-Autor.

Nun gehört es sich eigentlich nicht, den Rausschmiss eines Kollegen zu beklatschen. Doch die Aussicht, von diesem Mann („Ich bin wohl homophob. Und das ist auch gut so“) künftig weniger zu lesen, ist schön.

Außerdem illustriert die Episode ein Phänomen: die Bereitschaft wichtiger Menschen aus der Medienwelt, in sozialen Netzwerken öffentlich aufeinander einzuprügeln.

Die Kulturtechnik des Dissens stammt ja eigentlich aus der Rapmusik. Feuilletonisten, große Denker und Chefredakteure haben sie jetzt übernommen.

Zum Beispiel Matthias Matussek. Den Medienjournalisten Kai-Hinrich Renner nannte er einst „die Kackbratze vom Hamburger Abendblatt“, Timm Klotzek vom „SZ“-Magazin einen „merkwürdig erfrorenen Lemuren“ – und „Spiegel“-Mann Georg Diez eine „Niete“, die von Büchern meist nur die Klappentexte lese. Blogger Stefan Niggemeier beschimpfte er als „Trottel“ und „aufgeschwemmten Mausepaul“, der argumentiere „wie ein Hitlerjunge“.

Die Fehden des Henryk M. Broder

Stefan Niggemeier wiederum teilt auch gern aus. Harald Martenstein unterstellt er ein „Desinteresse an Fakten“, der nennt Niggemeier in seiner Kolumne einen „Luftikus“ und „Unhold“. In einer anderen Fehde beschrieb Niggemeier die Arbeitsweise von Henryk M. Broder als „fröhliches Copy & Paste“, Broder revanchierte sich und schimpfte Niggemeier „Korinthenkacker“ und „Schweinchen Schlau“.

Sowieso Broder! Jakob Augstein war für ihn mal ein „lupenreiner Antisemit, eine antisemitische Dreckschleuder“. Augstein sehe sich selbst „als kritischer Journalist, so wie sich ein Pädophiler als Kinderfreund ansieht“. Der Beleidigte antwortete, Broder spinne.

Auch nicht so gut versteht sich Jakob Augstein mit „Spiegel“-Autor Tobias Rapp, was daran liegen könnte, dass Rapp auf Facebook schrieb, er finde Augsteins Texte nie überzeugend. Womit er es trockener formulierte als Harald Martenstein, der schrieb, er lehne Jakob Augsteins Kolumnen „inhaltlich nahezu immer ab, mit jeder Faser meines Herzens“.

"Beschränktes Großmaul" mit Ego-Problem?

Ob Martenstein und Rapp sich mögen, ist unklar. Dafür schrieb Martenstein über Henryk M. Broder, dieser werde von fast „keinem mehr ernst genommen“. Kai Diekmann nannte Stefan Niggemeier einen Sesselpupser und Eunuchen. „Welt“-Kulturchef Cornelius Tittel wurde von „Zeit“-Autor Moritz von Uslar als „hässlicher Eierkopf“ gescholten.

Womit wir schließlich wieder bei Matthias Matussek wären. Der hält Moritz von Uslar nämlich für ein „beschränktes Großmaul“ mit gewaltigem Ego-Problem.

Was auffällt: Es sind immer nur Männer, die sich wortreich schmähen. Alphamänner. Das Internet hat keinen Filter, der ihre Impulsivität und ihren Anspruch, den Ton anzugeben, kaschiert. Ist das nun gut oder schlecht? Sehr gern würde ich dazu von dem einen oder anderen Beteiligten einen tiefsinnigen Essay lesen.

Die zweite Frage, die sich aufdrängt: Warum hat eigentlich niemand Beef mit Axel Hacke?

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