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Cool bleiben. Hut, Sonnenbrille und luftige Kleidung schützen vor der UV-Strahlung.

© imago/McPhoto

Kolumne: Der Kinderdok: Wenn die Sonne brennt

Der Kinderdok berichtet anonym und schonungslos vom täglichen Wahnsinn seiner Arbeit. Diese Woche geht's um den optimalen UV-Schutz für die Haut.

Wohl den Eltern, die im Frühling einen Säugling bekommen haben: weniger Infekte im ersten Lebensjahr, weniger komplizierte Langarm-Bodys, mehr Spaziergänge an der frischen Luft. Dafür aber auch: mehr Sonne.

Säuglinge freuen sich genauso darüber wie alle Menschen. Sonne hebt die Stimmung, stärkt die Immunabwehr und aktiviert die Vitamin-D-Bildung, die der Frischling für die Knochenentwicklung braucht. Aber natürlich birgt UV-Licht auch Gefahren. So konnte die Forschung nachweisen, dass es nicht der wiederholte Sonnenbrand ist, der das Hautkrebsrisiko erhöht, sondern die summierte UV-Strahlung über die Jahre. Das bedeutet, dass es weder „gesunde Bräune“ gibt noch eine absolute Garantie gegen Krebs, wenn das Kind immer eingecremt wird. Viel schadet viel, und so ist Sonnenbrand der worst case, alles andere aber ebenso bad.

Der beste Schutz für Säuglinge vor der Sonne ist: keine Sonne. Auch im Schatten der Wolken kommen 90 Prozent der UV-Strahlung durch, noch mehr im Zwielicht unter Bäumen. Es wäre jedoch Quälerei, den Sommer drinnen zu verbringen oder im Schlagschatten der Nordseite des Reihenhauses. Erste Stufe des Sonnenschutzes ist Kleidung mit UV-Schutz, sie ist heutzutage erschwinglich oder kann gebraucht gekauft werden. Hautpartien, die so nicht geschützt werden, also Gesicht, Hände und Füße, creme man mit einer mineralischen Lichtschutzcreme ein, mindestens Faktor 40. Die Cremes mit chemischen Wirkstoffen überlassen wir den Erwachsenenen, hier nimmt der Säuglings- oder Kleinkindkörper eventuell Schadstoffe auf, die hormonell wirksam sind.

Cremes auftragen, nicht einmassieren

Noch immer gehen die meisten davon aus, dass sie mit Faktor 40 entsprechend länger in der Sonne bleiben können. Vorsicht: Hierbei handelt es sich um Durchschnittswerte, die von der Menge der natürlichen UV-Strahlung, dem Eigenschutz des individuellen Hauttyps und der Qualität des Eincremens abhängen. Befragungen bei Eltern zeigten jedoch, dass oft nur ein Viertel der empfohlenen Menge gecremt wird. Bitte pro Ober- oder Unterarm, pro Hand, pro Gesichtshälfte die Menge einer Hohlhand auftragen, nicht einmassieren. Die Haut soll danach weiß sein. Jetzt wirken die mineralischen Cremes wie kleine Spiegel, die die Sonne an der Haut reflektieren. Alle halbe bis volle Stunde wiederholen, nach Wasserkontakt eh, denn jede Creme wäscht sich aus, egal wie werbewirksam „wasserfest“ sie sei.

Schwierig wird es bei Jugendlichen. Die gehen allein ins Freibad, Eincremen kommt Folter gleich, gegenseitiges Cremen einem sexuellen Übergriff. Ähnlich wie beim Zähneputzen, Ausreichendtrinken, Drogenschutz und Frühzubettgehen sollten wir versuchen, Jugendliche bereits in frühen Jahren auf Sonnenschutz zu konditionieren. Am häufigsten sehen wir in der Praxis die Pubertierenden mit seltsamen Pusteln auf Schulter und Ohrmuscheln. Diagnose Dermatitis solaris, der gemeine Sonnenbrand. Und zu oft hören wir die Eltern den pubertierenden Jungen hinterherrufen: „Wer nicht hören will, muss fühlen.“

Unser Kolumnist betreibt eine Praxis in Süddeutschland, bloggt unter kinderdok.blog und schreibt alle vier Wochen an dieser Stelle.

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