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Außenansicht des Hotel Rossi.

© Promo

In fremden Federn: Drinnen Tatterich, draußen Bierbauch

Durch das Hotel Rossi weht die Luft der Erneuerung. Das Haus ist das erste Hotelprojekt des SOS-Kinderdorfs - mit Kochkursen und besonderen Souvenirs

Manchmal macht man eine Hoteltür auf, und es öffnet sich ein ganzes Universum.

Um die Ecke vom Hauptbahnhof, dort, wo die Lehrter Straße so einen komischen Schlenker macht, inmitten von Stadtmission und Laubenpiepern, Sozialem Wohnungsbau und Luxusspa, Townhouses und Kletterpark liegt das Rossi. Mit seinen hellen Sonnensegeln wirkt es schon aus der Ferne beschwingt, im Inneren wird der gestalterische Schwung der Architekten Ludloff und Ludloff noch kühner.

Das Rossi ist das erste Hotelprojekt des SOS-Kinderdorfs, die Architektur Ausdruck von dessen Grundidee: einen schützenden und doch offenen Raum zu bieten. Seit ein paar Wochen erst können Gäste dort übernachten, über allem schwebt der Zauber des Anfangs und Experiments, der Enthusiasmus der jungen Hoteldirektorin und ihrer Mitarbeiter.

Was man alles ausprobieren kann! In der gläsernen Schauküche sollen Kochkurse stattfinden, in der Vitrine an der Rezeption liegen originelle Souvenirs, einige aus SOS-Werkstätten, die auch die Zimmermöbel gebaut haben. Man will mehr als Hotel und Tagungsstätte sein: „Botschaft für Kinder“, Forum für Diskussionen, Treffpunkt für die Nachbarschaft. Die ein gutes Restaurant dringend nötig hatte.

Im Inklusionsprojekt wird noch geübt, beim Arrangement des wunderbaren Frühstücks zum Beispiel. „Ooaach, ich hab ’nen Tatterich“, ruft die Kellnerin, der Latte schwappt. Macht nichts, wird trotzdem gern getrunken.

Berliner Mischung gibt's kostenlos obendrauf

Und drum herum: Berliner Mischung. Bierbäuche stehen vor dem Poststadion Schlange, junge Muskelpakete ertüchtigen sich, sogar die Hunde treiben Sport: In ihrem Garten haben sie einen eigenen Parcours.

Stolz führt der Minigolf-Pächter seine Anlage in der Nähe vor, mit Betonbahnen, „allet jefleecht“, bunten Liegestühlen, selbst gebackenem Käsekuchen. Jugendliche unter 18 zahlen einen Euro. Sein Kollege zeigt einer asiatischen Familie gerade, wie das geht, Minigolfen.

Misstraut den Grünanlagen, hat der Ost-Berliner Feuilletonist Heinz Knobloch mal gewarnt. Unter dem Fritz-Schloß-Park verbergen sich die Trümmer des Zweiten Weltkriegs, und unter dem Schrebergarten, dem man aus dem Hotelzimmer auf die Büsche guckt, die Gebeine von Gefangenen. Die Häftlinge des benachbarten Moabiter Gefängnisses wurden hier verscharrt.

Aus dem Anstaltsgelände ist ein Gedenkpark geworden, traurig wie die Haft. Der Hauptmann von Köpenick saß jahrelang in Moabit ein, Wolfgang Borchert, Ernst Busch. Die Nazis tobten hier, die Alliierten richteten noch einige Verurteilte hin. Heute läuft man vom Hotel durch den Park zum Hauptbahnhof. Die Stadt im Werden und im Gewesensein.

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