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Am Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg flaniert man zwischen schmucken Holzhütten.

© Thilo Rückeis

Die Sparkolumne: Vorsicht Glühwein

Warum Weihnachts-Shopping unter Alkoholeinfluss riskant sein kann.

Von Andreas Austilat

Zeit für ein Geständnis: Ich war auf dem Charlottenburger Weihnachtsmarkt. Und ich habe mehr Geld ausgegeben, als es meinem Naturell entspricht. Wie das passieren konnte? Nun, ich habe einen Verdacht.

Bestätigt hat mich Kollegin P., die zur Shoppingnacht in den Galeries Lafayette in der Friedrichstraße war. Kurz hinter dem Eingang bekam sie zwei Gutscheine für jeweils ein Gläschen Cremant in die Hand.

Das Perlgetränk versetzte sie sofort in eine euphorische Grundstimmung, die sie für die Schmeicheleien einer galanten Modeverkäuferin mit französischem Akzent empfänglich machte. Der sich anschließende erste Spontankauf wurde mit fünf weiteren Gutscheinen belohnt. Danach nahm das Unheil seinen Lauf.

Das Phänomen ist mir längst vertraut, ich habe daraus den Weißwein-Index abgeleitet. Meine Frau und mich trifft es regelmäßig im Urlaub: Man ist entspannt, gönnt sich ein leichtes Mittagsmahl in der Sommerhitze, trinkt einen Weißwein dazu und geht anschließend in die hinter dem Restaurant liegende Shoppingstraße.

Dreiviertelliter Weißwein, die Folge waren zwei Paar Schuhe

Zwei Halb-Liter-Kännchen Weißwein haben uns mal in einer venezianischen Gasse eine Lederjacke für meine Frau eingebrockt. Und das in einer Stadt, in der ich unter normalen Umständen beim Kauf eines Espressos zögere. Heute, Jahre später, sieht das cognacfarbene Jäckchen immer noch aus wie neu. Ich konnte nie herausfinden, ob das daran liegt, dass es meiner Frau, nachdem sie wieder im Vollbesitz ihrer Kräfte war, im Grunde gar nicht gefiel. Oder ob sie das gute Stück wegen des exorbitanten Preises lieber schont.

Im französischen Reims teilten wir uns einen Dreiviertelliter Weißwein, die Folge waren zwei Paar Schuhe für mich und eine Handtasche für sie – obwohl sie genug Handtaschen besitzt.

In Montpellier war wieder eine Lederjacke fällig, ein eigentlich überflüssiges, dafür aber wenigstens vergleichsweise preiswertes Modell. Ich führe das darauf zurück, dass wir uns hier nur einen halben Liter geteilt hatten. Fortan war ich vorsichtig beim Shoppen unter Alkoholeinfluss.

Was soll ich mit dem Christbaumschmuck?

Bis gestern. Als wir den Weihnachtsmarkt verließen, bemerkte ich seltsamen Christbaumschmuck in einer Tüte an meinem Handgelenk. Was soll ich damit, dachte ich plötzlich irritiert. Das war der Moment, in dem mir die zwei Becher Glühwein wieder einfielen. Als ich mich anschließend umsah, bemerkte ich ein gutes Dutzend Glühweinstände. Perfide.

Zweimal zwei Glühweinbecher, das weiß ich nun, entsprechen auf dem Weißwein-Index umgerechnet ungefähr einem halben Liter.

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