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"Das Archiv". In fast jedem Kühlschrank gibt es verborgene Ecken, da bleibt auch mal eine Crème fraîche unbemerkt.

© imago/imagabroker

Die Sparkolumne: Ist das noch gut?

Haltbarkeitsdaten sind etwas für Verschwender, glaubt unser Autor. Eine angefangene Grillsauce kann man sogar nach einem Jahr essen.

Von Andreas Austilat

Meiner Frau war gestern hundeelend. Natürlich haben wir gerätselt, was da passiert sein könnte. Und es lag nahe, dass es sich um etwas Essbares gehandelt haben muss, etwas, das sie zu sich nahm und ich nicht.

Womit wir beim Kern sind. Seit unser Sohn ausgezogen ist und unsere Tochter ein Praktikum im Ausland absolviert, haben wir ein Problem mit unserem Einkaufsverhalten. Wenn man sich nämlich 20 Jahre lang daran gewöhnt hat, für einen vierköpfigen Haushalt einzukaufen, fällt einem die Umstellung auf kleinere Mengen nicht leicht. Vor allem mir. Ausgerechnet. Wo ich doch so gerne sparen würde. Und da ist wirklich Potenzial.

Außerdem ist unser Kühlschrank für zwei Personen eigentlich zu groß. Ein entfernter Bekannter nennt seinen Kühlschrank „das Archiv“. Ich weiß genau, was er meint. Die verborgenen Ecken hinter der Marmelade und dem Glas mit den Gurken, das ich vor vier Monaten geöffnet habe. Da bleibt dann die Crème fraîche unbemerkt, bis sich der Deckel langsam wölbt.

Pfui, denkt jetzt sicher manch einer, warum hat er das nicht längst weggeworfen? Weil ich Ablaufdaten für Unsinn und Anlass zu großer Verschwendung halte. Man nehme nur mal den Buttermilchdrink, den ich gestern Abend hatte. „8. April 2017“ stand darauf. Und „13:58“. Glaubt wirklich jemand daran, dass diese Buttermilch am 8. April um Punkt 14 Uhr ungenießbar sein wird? Das können die doch gar nicht riskieren.

Man soll sich nicht bloß auf Daten achten, sondern riechen und schmecken

Erschwerend kommt hinzu, dass ich am Mittwochabend auf Hessen 3 ein Verbrauchermagazin gesehen habe, wo sie genau dieser Frage nachgegangen sind. Sie haben x-beliebige Kühlschränke durchsucht, vier Monate alte Mayonnaise, vor zwei Wochen geöffneten O-Saft und ein Jahr alte Grillsauce entnommen und einen Lebensmittelchemiker testen lassen. Auf E-Coli, Salmonellen und Schimmelpilze. Der fand nichts, alles einwandfrei. Eine hessische Verbraucherschützerin sagte dazu, man solle sich nicht auf bloße Daten verlassen, sondern gucken, riechen, schmecken.

Am Donnerstag entnahm meine Frau dann unserem Kühlschrank ein von mir in Alufolie verpacktes Brötchen mit Kasseler. „Ist das noch gut?“, rief sie. „Bestimmt“, gab ich zurück, „die andere Scheibe war jedenfalls noch einwandfrei.“ Na ja, ich hatte sie einen Tag vorher gegessen.

Zum Glück geht es ihr inzwischen wieder besser. Und heute Abend werde ich ganz bestimmt die Bananen essen, die am Morgen schon ziemlich dunkel aussahen. Bevor ich die wegwerfen muss.

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