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Bastelanfänger sollten vielleicht besser ein kleineres Projekt wählen.

© Mike Wolff

Die Sparkolumne: Hauptsache selbstgebastelt

Manche Geschenke sind einfach unbezahlbar. Wie sich unser Autor an einer Überraschung versuchte.

Von Andreas Austilat

Neulich fiel er mir im Keller mal wieder in die Hände. Ein kleiner Holzbauernhof. „Der kann doch weg.“ sagte meine Frau. Auf keinen Fall. Ich hänge an dem Ding. Trotz seiner Unvollkommenheit. An dieser Stelle ist es höchste Zeit für eine Warnung: Wer seinen Lieben zu Weihnachten etwas Selbstgebasteltes schenken möchte, der sollte nun wirklich schnellstens damit beginnen.

Unser Sohn hatte sich seinerzeit eigentlich einen Bauernhof von Playmobil gewünscht. Viel zu teuer für so ein Plastikgedöns. Ich war überzeugt, das kann ich besser. Schließlich hatte ich in Werken mal eine Eins bekommen. Für ein Holzhaus auf Pfählen. Ich kann nicht älter als zehn gewesen sein, weil das Thema „Pfahlbauten“ im Heimatkundeunterricht der vierten Klasse vorkam. Angeblich soll es an der Spree einst Pfahlbauten gegeben haben.

Jedenfalls, wenn ich mit zehn so etwas hingekriegt habe, müsste es doch heute ein Leichtes sein. Meine Frau blieb skeptisch. Ich aber war nicht mehr aufzuhalten, erwarb in einem Bastelladen Leisten, ein paar Holzplatten, Leim, einen Bohrer und eine Laubsäge. Schnell hatte ich erstaunlich viel Geld ausgegeben.

Es sah so aus, als ob meine Frau gleich weinen würde

Nach kurzer Zeit stellte ich fest, dass ich mein Bauernhaus etwas zu groß angelegt hatte. Für ein Zurück war es jedoch zu spät, Weihnachten nur noch wenige Tage entfernt. Ich gab allerdings meinen Plan auf, einen Dreiseithof errichten zu wollen.

Die nun angestrebte kleinere Ausführung gedachte ich dadurch aufzuwerten, dass ich mir bei der Ausstattung große Mühe geben würde. So sollten die Fensterflügel richtige Messingscharniere bekommen. Weil ich die Wandstärke zu dünn gewählt hatte, guckten die Schraubenspitzen auf der Innenseite leider raus. Um das Verletzungsrisiko zu minimieren, brachte ich auf der Innenseite reichlich Klebeband an. War nicht perfekt, sah man aber kaum.

Die Scharniere verzögerten den Bau ungemein. Weshalb ich am Ende darauf verzichten musste, das Haus zu lackieren. Wie es dann fertig war, mit seinen schiefen Fensterflügeln – für einen kurzen Moment sah es so aus, als ob meine Frau gleich weinen würde. Unserem Sohn dagegen hat der Bauernhof ganz gut gefallen. Glaube ich wenigstens. Jedenfalls hat er ihn mit Filzstiften selbst bemalt, nicht ganz nach meinem Geschmack, aber egal. Wir haben oft damit gespielt.

Nun stand er also Jahre später im Keller vor mir, der alte Bauernhof. Bunt bekrakelt, ein paar Fensterflügel waren abgerissen, die anderen hingen in ihren Scharnieren. Beinahe wären mir die Tränen gekommen. Etwas Selbstgebasteltes ist einfach unbezahlbar.

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