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Angezapft. Bier gibt’s überall in Franken frisch vom Fass.

© laif

Bierwanderwege in Bayern: Malziges Franken: Also, Prost!

Zwischen Bamberg und Bayreuth ist Bier ein Grundnahrungsmittel. Nirgends auf der Welt stehen die Brauereien dichter beisammen. Eine Wanderung von Glas zu Glas.

Bier ist hier Familiensache, und das seit Generationen. Serviert wird es von Mutter Adelgunde, gebraut hat es Sohn Georg – so wie einst dessen Vater, Großvater, Urgroßvater, Ururgroßvater ... Seit 1848 betreiben die Schrolls ihre Brauerei im oberfränkischen Nankendorf. Früher eher zur Selbstversorgung, da lebte man hauptsächlich von „a weng Vieh und a weng Ackerbau“, erzählt Georg Schroll. Inzwischen produziert die Brauerei 3000 Hektoliter im Jahr, in der Region verkauft in Flaschen und Fässern, oder eben frisch gezapft im eigenen Gasthof.

Es ist schönes Wetter an diesem Sonnabendvormittag um zehn. Da sitzt man bei Schrolls am besten draußen, die katholische Kirche St. Martinus gleich gegenüber. Adelgunde Schroll stellt ein Glas mit rötlichem Landbier auf den Holztisch, es leuchtet in der Sonne. Die halbdunkle Sorte ist typisch für die Gegend und hat auch in der Familie Tradition. Der Geschmack: malzig, vollmundig, mit einer ganz leichten Süße; ziemlich eigen – im besten Sinne. Also, Prost, auf das erste Bier des Tages!

Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Brauereien

Mehr als ein halbes Dutzend Gläser in fünf weiteren Gasthöfen der Fränkischen Schweiz werden in den kommenden Stunden folgen. Der Plan: eine geführte Wanderung von einer interessanten Brauerei zur nächsten, insgesamt 16 Kilometer lang. Startpunkt ist der Luftkurort Waischenfeld, zu dem auch das kleine Nankendorf gehört, Ziel die Weltrekordgemeinde Aufseß. Weltrekord? Na ja. Laut dem „Guinness Buch der Rekorde“ verfügt der Ort über die größte Brauereidichte überhaupt. Allerdings leben in Aufseß auch nur 1500 Menschen, sodass jede seiner vier Brauereien theoretisch 375 Leute versorgt.

Den etwas gewollten Superlativ mal beiseitegelassen: Tatsächlich gibt es nirgendwo auf der Welt so viele Brauereien wie in Franken, die meisten familiengeführt und geschichtsträchtig wie der Betrieb der Schrolls. Derzeit sind es rund 280. Und die Fränkische Schweiz – im Dreieck Bayreuth, Bamberg und Erlangen – ist mit 70 Brauereien ein Höhepunkt in der Region. Auch landschaftlich. Hügel wechseln hier mit manchmal spektakulären Felsformationen, Dörfer mit Feldern und Wäldchen.

Die Burg Waischenfeld wurde um 1100 auf dem Schlüsselberg errichtet und lockt mit toller Aussicht.
Die Burg Waischenfeld wurde um 1100 auf dem Schlüsselberg errichtet und lockt mit toller Aussicht.

© laif

Waischenfeld liegt an der Wiesent. Fliegenfischer halten ihre Angeln in den Fluss, über ihnen und dem ganzen Städtchen mit seinen 3000 Einwohnern thront eine jahrhundertealte Burg. Zum Treffpunkt für die Brauereiwanderung geht es vorbei an Scheunen und Fachwerkhäusern. Vor der örtlichen Touristeninformation wartet schon Edmund Meidenbauer, genannt Edi, eigentlich Kraftfahrer, aber heute Führer für bierbegeisterte Besucher aus dem nahen Bayreuth, aus Niederbayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Für Edi ist das ein Hobby, bloß wenn mal wieder ein Junggesellenabschied aus dem Ruder läuft, kann’s nerven. Heute sind vor allem Pärchen und Teilnehmer eines Firmenausflugs dabei. Zehn Euro muss jeder bezahlen, Getränke und Speisen nicht inbegriffen. Ein kleines Helles kriegt man in der Gegend allerdings schon für 1,20 Euro. Bier ist hier eben Grundnahrungsmittel.

„Welche junge Frau heiratet schon in eine Wirtschaft ein?“

Fahrradtouristen finden in der Region traumhafte Routen.
Fahrradtouristen finden in der Region traumhafte Routen.

© (c)floriantrykowski.de

Edi trägt schwere Wanderstiefel, doch die Strecke nimmt sich ziemlich leicht aus. Über Feldwege geht es unter Sträuchern und an Wiesen vorbei, zwei aus der Gruppe dürfen die Glocke einer kleinen Kapelle läuten und nach einer halben Stunde taucht auch schon Nankendorf auf. Edi kennt nicht nur die Richtung, er weiß auch, wer hinter jeder Tür wohnt und welche Sorgen manche Brauer plagen. Die Arbeit in Gasthäusern und am Sudkessel bedeutet Stress und fast nie Urlaub. Viele Junge ziehen sowieso in die Stadt, und selbst wenn sich Brauernachwuchs findet: „Welche junge Frau heiratet schon in eine Wirtschaft ein?“

Es fühlt sich tatsächlich sehr abgeschieden an in der Fränkischen Schweiz. Und nach heiler Welt. Der Wind geht durch Raps- und Maisfelder, ein paar Kühe melden sich, sonst herrscht Stille. Das heißt: bis zum nächsten Gasthaus.

Eine Felsformation in der Fränkischen Schweiz.
Eine Felsformation in der Fränkischen Schweiz.

© Thomas Linkel

Nach dem Halt bei Schrolls führt die Wanderung nach Breitenlesau „zum Krug“, wie Edi sagt, die größte Brauerei auf der Tour. Gäste sitzen draußen an Biertischen und unterhalten sich lautstark. Der Inhaber ist in der ganzen Gegend bekannt. Sein Hof neben der Halle mit der hochmodernen Brauanlage werde nur „Conny-Krug-Platz“ genannt, erzählt Edi. Dieser Conny Krug macht viel (40 000 Hektoliter) und ordentliches Bier. Naturtrübes Kellerbier, Bockbier, auch Hefeweizen und Pils – zwei Sorten, die in der Gegend keine wirkliche Tradition haben.

Jetzt vielleicht besser ein Kaffee

Das kleine Mittagessen ist verspeist. Weiter geht’s zur Brauerei Reichold (empfehlenswert hier: das Zwick’l), deren Ursprünge auch schon 200 Jahre zurückreichen, und schließlich zur vielleicht schönsten Einkehr des Tages. Kathi-Bräu gibt es seit 1498, es ist die älteste Brauerei der Wanderung, nur der Name ist jüngeren Datums: Wirtin Kathi Meyer, in den 1970er Jahren verstorben, verstand sich ausgezeichnet mit den Motorradfahrern, die am Wochenende durch die Fränkische Schweiz rasen. Davon profitiert der Laden bis heute, bestimmt die Hälfte der Kundschaft sind Biker. Man sitzt in einem überdachten Biergarten, im Sommer gibt es dunkles Leicht-, sonst Lagerbier. Heckenhof, wo sich der Gasthof befindet, gehört bereits zur Weltrekordgemeinde – die hat das Pech, auf dieser Tour ganz am Ende zu stehen.

Denn um halb fünf angekommen in Aufseß und bei der letzten Station, dem Brauereigasthof Rothenbach, versagt der Durst, und die Geschmacksnerven sind über das viele Bier stumpf geworden. Der Bus, der die Gruppe zurück nach Waischenfeld bringen wird, wartet draußen. Jetzt vielleicht besser ein Kaffee. Man kann ja morgen zum Biertrinken zurückkehren und selbst noch ein paar andere Brauereien entdecken. Edi gibt dafür eine Faustregel mit auf den Weg. „Wo ein Kirchturm ist“, sagt er, „ist die nächste Brauerei nicht weit.“

Reisetipps für die Fränkische Schweiz

Hinkommen

Wer mit der Bahn von Berlin aus anreist, muss sechs Stunden Fahrzeit einplanen und ein paarmal umsteigen. Zum Beispiel zunächst nach Nürnberg, weiter nach Bayreuth und dann mit dem Bus nach Waischenfeld.

Unterkommen

Das Waischenfelder Hotel Jöbstel bietet einfache, gemütliche Zimmer, zum Teil mit Balkon. Sehr empfehlenswert ist das hauseigene Restaurant, wo fränkische Speisen und die guten Biere der örtlichen Brauerei Heckel serviert werden. Doppelzimmer ab 30 Euro (bei fünf Übernachtungen): landhotel-joebstel.de.

Rumkommen

Die Brauereiwanderung findet sonnabends von Ende März bis Anfang November statt. Sie ist beliebt und ihre Teilnehmerzahl auf etwa 40 Personen begrenzt. Daher rechtzeitig anmelden unter: waischenfeld.de.

Zum Einlesen: Reiseführer „Fränkische Schweiz“ (Michael-Müller-Verlag, 312 Seiten, 16,90 Euro) und „111 fränkische Biere, die man getrunken haben muss“ (Emons, 240 Seiten, 16,95 Euro).

Weitere Infos unter: franken-bierland.de, bayern.by.

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