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Mal kurz entspannen. Die Capybaras verbringen gern Zeit im Wasser.

© imago/Olaf Wagner

Berliner Schnauzen: Wasserschweine sind wie Bauern

Anton, Spielertyp Kraftwürfel, sucht Frau. Bisher hatte er kein Glück in der Liebe. Doch jetzt spaziert ein neues Weibchen durch sein Reich.

Wie ein Dichter sitzt Anton auf seiner kleinen Insel. Er wirkt nachdenklich, als bastele er an einem Plan und lege sich die nächsten Schritte zurecht. Er hat ein Problem.

Das Wasserschwein ist noch nicht lange in Berlin. Deswegen hat er auch noch keinen Namen, erinnert den Autor aber an einen befreundeten Anton. Wie viele Zugezogene fühlt sich das Tier einsam, sagt sein Pfleger, überfordert, ein bisschen traurig auch. Ihm war das Grüne von der Weide versprochen worden: großes Gehege, leckeres Gras, die Gesellschaft einer Dame. Im ersten Moment hat auch alles gepasst in seinem neuen Zuhause. Nur das mit der Dame, das will nicht klappen.

Das Problem ist recht einfach. Die Wasserschweindame ist groß und stark, und Anton ist weder noch. Obwohl er zur Art der größten Nagetiere der Welt gehört. Sie piesackt ihn, beißt mit ihren sensenartigen Vorderzähnen, die einen Besenstiel knacken können, in seinen sensiblen Hintern. Anton läuft weg. Interessanter macht ihn das nicht.

Anton ist ganz schön flink

Dabei kann seine Herzensdame eigentlich nichts dafür. Wasserschweine, auch Capybaras – die Herren der Gräser – genannt, sind nun mal wie Bauern: Was sie nicht kennen, mögen sie nicht. Sie sind soziale Tiere, aber in familiären Gruppen. Und Anton gehört nicht dazu, er riecht noch nach Dresden, seiner alten Heimat.

Also hockt er da, auf seinen kurzen Hinterbeinchen, und versucht, sich zu entspannen. Ganz einfach ist es nicht, wegen der Gedanken in seinem Kopf, aber auch wegen der Nachbarn im Gehege. Besonders die Guanako-Kamele können richtig anstrengend sein. Wenn sie Anton über die kleinen Hügel jagen, einfach so, nur aus Spaß an der Freude.

Anton muss aufspringen, wegdüsen, abhauen. Er nimmt Anlauf, wie ein Leichtathlet beim Weitsprung. Ein paar Schritte zurück, Konzentration. Und dann mit Vollgas in Richtung Teich. Knapp drei Meter vor dem Wasser hebt er ab, segelt, fliegt fast. Bis er irgendwann nicht mehr fliegt, sondern landet. Mit dem runden Bauch voran.

Obwohl er nicht so aussieht – eher kompakt, viereckig, Spielertyp Kraftwürfel – ist Anton ganz schön flink. Auf den ersten Metern kann ihn keiner stoppen, kein Guanako, kein Pfleger, keine Capybara-Dame. Diese Athletik wird er behalten, wenn er ausgewachsen ist und bei einem knappen Meter Länge 50 Kilo auf die Waage bringt.

Sie kommen aus Südamerika

Anton geht oft auch freiwillig in den Teich. Wasserschweine müssen ihre Haut regelmäßig befeuchten. Und wenn er die Nächte nicht im Innengehege verbringen müsste, könnte er sein ganzes Leben im Wasser sitzen.

Das liegt ihm im Namen und im Blut. Die Wasserschweine kommen aus Südamerika, aus den Becken und Seitenflüssen von Amazonas, Rio São Francisco oder Orinoco. Alles findet bei den Schweinen, die eigentlich keine sind, im Wasser statt. Entspannung. Klogang. Sogar die Paarung.

Daran will Anton gerade nicht denken. Doch seine Pfleger unterstützen ihn auf der Suche nach der Liebe. Seit ein paar Wochen spaziert ein neues Weibchen durch sein Reich, erst ein halbes Jahr alt, nur für ihn eingekauft. Wie kann er die bloß beeindrucken?

Darüber denkt Anton noch nach.

Wasserschein im Zoo

Lebenserwartung:  Zehn bis 12 Jahre

Fütterungszeiten: Neun und 15 Uhr

Interessanter Nachbar: Guanako

Matthias Kirsch

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