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Schwäne leben in strenger Monogamie.

© imago/Sven Simon

Berliner Schnauzen: Schwarzhalsschwäne: Sie stehen auf hübsche Machos

Die Rangfolge der Geschlechter ist unter Schwänen im Tierpark klassisch geregelt, daran hat auch das Berliner Gleichstellungsgesetz nichts geändert.

Wenn jetzt die Temperaturen wieder steigen, werden die Lamas ein Auge auf die Schwarzhalsschwäne werfen. Gelebte Solidarität aus gemeinsamen Zeiten in Südamerika, wo beide ursprünglich mal zu Hause waren. Nur dass die Lamas auch im Berliner Exil sehr viel wuchtiger daherkommen als die Schwäne. Das Federvieh schlägt sehr imposant mit den Flügeln, was wildernde Füchse allerdings herzlich wenig beeindruckt, wenn sie nächtens durch den Tierpark streifen und zielsicher den Schwanenteich ansteuern. Also hat Martin Kaiser, der für Vögel zuständige Kurator, seinem Paar ein neues Sommerquartier zugewiesen, sozusagen das Alcatraz von Friedrichsfelde. Und sollte der elektrische Zaun rund um den Hochsicherheitstrakt nicht Abschreckung genug sein: Vielleicht helfen ja die drohenden Blicke der Lamas gleich nebenan.

Einstweilen genießen die Berliner Schwarzhalsschwäne die winterliche Kälte im Vogelhaus. Erinnert ein bisschen an Patagonien, die karge Heimat im Süden von Chile und Argentinien, wo die Population bis zu 20 000 Tiere stark ist. Die Berliner Repräsentanz ist in Timmendorf und Cottbus rekrutiert worden. Ihr genetischer Code aber ist immer noch auf Südhalbkugel programmiert, was sich sehr schön daran erkennen lässt, dass zuverlässig im südamerikanischen Sommer gebrütet wird. Das Weibchen thront im eiskalten März auf seinem Nest und widmet sich mit hingabevollem Gesang seinem Ei, angriffslustig verteidigt vom Männchen, das die Besucher am Gatter sofort als Feinde definiert und jetzt dort aufmarschiert, die Flügel ausfährt und bedenklich aggressive Laute von sich gibt. Beide wissen nicht, was der Kurator weiß. Dass nämlich das eifersüchtig bewachte Ei unbefruchtet ist und später in der Futterkammer enden wird.

Schwäne am Spieß galten als Delikatessen

Der lange Hals dient den Schwänen im Allgemeinen zur Futterbeschaffung beim Gründeln, seine schwarze Färbung im Besonderen geht laut Kurator Kaiser darauf zurück, „dass es der liebe Gott so gewollt hat“. Schwäne leben in strenger Monogamie. Die Weibchen lachen sich beizeiten einen möglichst lauten, großen und hübschen Macho an. „Da stehen die einfach drauf“, sagt der Kurator. Die Rangfolge der Geschlechter ist unter Schwänen klassisch geregelt, daran hat auch das Berliner Gleichstellungsgesetz nichts geändert.

In Südamerika wie in Friedrichsfelde fristen die Schwarzhalsschwäne namenlos ihr Leben. Ihr Revier stecken die beiden im Tierpark so bescheiden und präzise ab wie ihre Artgenossen in den endlosen Weiten Patagoniens. Dreimal drei Meter sind genug, und potenzielle Eindringlinge tun gut daran, diese unausgeträllerte Grenze nicht zu überschreiten. Anders als Füchse, Wölfe oder Greifvögel zählen Menschen zwar nicht zu den natürlichen Feinden der Schwarzhalsschwäne, aber sicher ist sicher. Vielleicht hat es sich ja bis nach Friedrichsfelde herumgesprochen, dass Schwäne am Spieß dereinst als Delikatessen an europäischen Höfen aufgetischt wurden.

So verkündet es schon die von Carl Orff vertonte „Carmina Burana“, in der ein gebratener Schwan singt: „Einst schwamm ich auf den Seen umher, / Einst lebte ich und war schön, / Als ich ein Schwan noch war.“

Schwarzhalsschwan im Tierpark

Lebenserwartung:  20 Jahre

Interessanter Nachbar: Höckerschwäne im Winter, Lamas im Sommer

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