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Das Lakenfelder Huhn gilt als gefährdete Rasse.

© imago/mm images/Berg

Berliner Schnauzen: Das Lakenfelder Huhn: Ein Hahn von Welt

Albert, Uderzos Patenhahn im Berliner Zoo, müsste politisch korrekt eigentlich blau-weiß-rotes Gefieder tragen.

„Bonjour, Albert!“ Albert guckt irritiert, was daran liegen mag, dass er gar nicht weiß, dass er Albert heißt. Albert lebt seit einem Jahr in Berlin, gebietet über drei Frauen und 20 Kinder, und hat gerade zu tun. Was ein Hahn so tut: Durch den Käfig stolzieren, auf sein Gefolge achten, im Boden scharren und krähen. Und wenn ein anderer Hahn kommt, fährt er gern auch mal seine Hinterzehe aus, den berühmten Sporn, Unterscheidungsmerkmal zur Henne und unerlässlich für die legendären Hahnenkämpfe.

Die Geschichte mit Albert und seinem Namen geht so: Vor einem Jahr hat Tobias Rahde, der für Vögel zuständige Kurator im Berliner Zoo, fünf Lakenfelder Hühner an den Hardenbergplatz gebracht. Drei Weibchen und zwei Männchen, eines davon erfreut sich der Patenschaft von Albert Uderzo. Der Zeichner der Asterix-Comics bekam die Patenschaft als Geschenk zu seinem 90. Geburtstag von seinem Berliner Verlag. „Eigentlich wollten wir ein Wildschwein“, sagt Tobias Rahde, aber im Zoo war gerade keines vorrätig. Vielleicht hatte Obelix gerade zum Wildern vorbeigeschaut. Also bekam Uderzo einen Hahn, immerhin das französische Wappentier. Weil der Berliner Zoo keine Namen für Vögel vergibt, nennen wir den größeren der Lakenfelder Hähne Albert, Monsieur Uderzo dürfte nichts dagegen haben.

Das Federvieh kennt keine nationalen Grenzen

Das in Deutschland gepflegte Kikeriki ist Hähnen übrigens nicht bekannt, auch nicht das Coucouroucou der Franzosen. „Das sind vom Menschen nachempfundene Lautsprachen, die tatsächliche liegt irgendwo dazwischen“, sagt Tobias Rahde. „ Züchter unterscheiden zwischen heiseren und nicht so heiseren Arten.“ Ansonsten krähen französische und deutsche Hähne keinesfalls in unterschiedlichen Dialekten. Das Federvieh kennt keine nationalen Grenzen, da ist es den Menschen ein paar Jahrhunderte voraus.

Es gibt auch kein deutsches oder französisches Huhn, nicht mal ein Huhn an sich. Sondern allerlei verschiedene Rassen. 37 davon sind auf einem Stammbaum am Hühnerhaus im Zoo verzeichnet, darunter so vielversprechende wie das Thüringer Barthuhn, der altenglische Kämpfer, der Federfüßige Zwerg und, natürlich, Uderzos Lakenfelder namens Albert. Der klassische gallische Hahn entspricht am ehesten dem europäischen Wildhuhn, im Gelehrten-Latein ist es auch als „Gallus gallus“ bekannt. Eine etymologische Verbindung zu Asterix und den Galliern ist nicht von der Hand zu weisen.

Albert kommt aus dem Rheinland

„Stolz und erhaben ist der gallische Hahn“, sagt Kurator Rahde, „das Haustier des kleinen Mannes“ – was nach der Revolution von 1789 nicht ganz unwichtig war, als der Hahn auf den Heeresfahnen die Insignien des bourbonischen Königtums ersetzte. Politisch korrekt müsste Gallus gallus eigentlich blau-weiß-rotes Gefieder tragen und kein unauffälliges Gelbbraun.

Uderzos Patenhahn Albert wirkt in seiner rot-schwarz-weißen Aufmachung wie ein von der preußischen Fahne abgemaltes Exemplar. Er stolziert durch seinen Käfig, reagiert nicht auf die Zurufe der Kinder vor dem Käfig und auf das Krähen der vorlauten Seidenhühner nebenan. Ganz so, wie es sich für einen Hahn von Welt gehört. Er kommt übrigens aus dem Rheinland, aber das war ja auch mal französisch besetzt.

Lakenfelder Huhn im Zoo

Lebenserwartung:  etwa fünf Jahre

Interessanter Nachbar: Barthuhn

Die Tierkolumnen gibt es auch zum Anhören: soundcloud/tagesspiegelsonntag

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