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Ein ebenso schöner männlicher Kollege in seiner Voliere? Nicht vorstellbar. Konkurrenz hält er sich vom Hals.

© imago/Harald Lange

Berliner Schnauzen: Bad Hair Day beim Diamantfasan

Was ist dem Diamantfasan nur passiert? Statt sich stolz wie ein Pfau zu präsentieren, rennt er wie ein gerupftes Huhn schambewusst in seiner Voliere im Tierpark hin und her.

Von Ronja Ringelstein

Das Leben eines Topmodels ist ein hartes, das ist nicht erst seit Heidi Klums Frauen verramschender Castingshow klar. Schönheit hat ihren Preis, und schlimmer noch, Schönheit geht vorüber. Eitelkeit und Vergänglichkeit. Bisher bezogen sich diese elementaren Fragen über das Sein meist auf das des Menschen. Doch im Berliner Tierpark, vor dem Gitter eines Käfigs in der Fasanerie stehend, kann einem doch Andreas Gryphius einfallen, während man auf dieses nichtmenschliche Wesen da unten guckt. Es scheint nicht sein bester Tag zu sein. Offenbar ist auch dieses Phänomen auf die Tierwelt übertragbar: Bad Hair Day.

Der arme Diamantfasan im Tierpark hat sogar eher Bad Hair Weeks. Biologisch nennt sich das „die Mauser“. Und so kommt es, dass dieses eitle Vogeltier, das es in voller Federpracht optisch schon fast mit dem Pfau aufnehmen kann, jedes Jahr nach der Paarungszeit alles andere als klassisch schön ist.

Wie ein – hier passen beide Vergleiche mal – aufgescheuchtes, gerupftes Huhn rennt er schambewusst auf dem feuchten Erdboden seiner Voliere hin und her. Jetzt regnet es auch noch! Keine Chance, so eine Competition zu gewinnen. Die verbliebenen Federn kleben dem Hahnenvogel eng am Körper. Ein paar kahle Stellen blitzen dazwischen durch. Dabei ist das Spiel des Diamantfasans doch eigentlich, zu gefallen.

Sie ist die Bodenständige

Das Männchen ist, wie so häufig in der Natur, das schönere Geschöpf. Warum, weiß Martin Kaiser, Kurator im Tierpark und zuständig für alle Vögel: „Weil sich das Weibchen um die Brut kümmert, ist ihr Federkleid schlichter.“ Worte wie „hässlich“ möchte Kaiser über seine Schützlinge aber nicht hören. Schlichter also, in unauffälligem Braun. Sie, die die Kinder hütet, kann es sich nicht leisten, aufzufallen wie der göttergleiche Gatte – der zieht eben auch neidische Blicke auf sich, oder eher noch: hungrige. Zu seinen Feinden zählen Fuchs, Marder, Uhu und Habicht.

Für ein Haut-Couture-Prachtkleid, wie er es in seinen besseren Zeiten trägt, hat die Natur der beschäftigten Mutter keine Anlagen mitgegeben. Sie ist die Bodenständige. Er aber darf eine Farbenvielfalt im Gefieder sowie eine in Schwarz-Weiß, mal mit etwas Rot, mal mit Gelb schillernde Oberschwanzfeder herumzeigen, die über einen Meter lang werden kann und damit das etwa 50 Zentimeter große Tier ziemlich aufplustert.

Überhaupt plustert sich der Diamantfasan gern auf, liegt wohl in der Familie. Er gehört zur Ordnung der Hühnervögel. Stolziert wie ein Gockel, und bei der Balz macht er sich besonders wichtig, spreizt den Kragen, bis der ihm vorne über den Schnabel reicht.

Lady Amherst holte die ersten Diamantfasanen nach England

Seine Schönheit brachte ihn, aus China stammend, auch auf die westlichen Laufstege. Lady Sarah Amherst holte 1828 die ersten Diamantfasanen nach England. Sie war Ehefrau des damaligen britischen Generalgouverneurs in Indien und fand Gefallen an dem Tier, das nicht in Kochtöpfen landen sollte. Von ihr hat er auch seinen zweiten Namen, Amherstfasan.

Das ihn auszeichnende Charaktermerkmal ist seine Aggressivität. Diva eben. Ein ebenso schöner männlicher Kollege in seiner Voliere? Nicht vorstellbar. Konkurrenz hält er sich vom Hals. Ist sein Federkleid nach ein paar Wochen wieder komplett, soll seine Frau nur einen bewundern: ihn.

DIAMANTFASAN IM TIERPARK

Lebenserwartung: etwa zehn Jahre

Interessanter Nachbar: Satyr-Tragopan

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