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Max Dudler, Sohn eines Steinmetzes, wurde für seine Bauten mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

© Mike Wolff

Architekt Max Dudler im Interview: „Die Lage der Philharmonie ist ein Unort“

In seinem Grimm-Zentrum sollen die Besucher flirten, in Heidenheim an weißen Tischen kunstwerkgleich thronen. Architekt Max Dudler über Bibliotheken als Mikrostädte, das fehlende Ansehen für Handwerker und die Bauten Berlins.

Herr Dudler, die Digital Natives haben Büchereien schon vor Jahren für überflüssig erklärt. Das ganze Wissen habe man doch in der Hosentasche, auf dem Smartphone. Und Sie bauen eine Bibliothek nach der anderen. Was fasziniert Sie so daran?

Ich war schon als Jugendlicher gern dort: um rumzuhängen. Ich bin ja auf dem Land, auf der Schweizer Seite des Bodensees, aufgewachsen und hatte das Gefühl, ich muss weg. Paris war mein größter Traum. Also habe ich mir Filme angeschaut über die Stadt. Und Sartre und de Beauvoir bewundert, die für uns die freie Liebe verkörperten. Wenn man die sah, hatten sie immer Bücher unterm Arm. Das ist so meine naive Vorstellung vom Buch und von den Lesenden – dieses Anziehende, Interessante, geradezu Erotische.

Die Bibliothek als geselliger Ort?

Deswegen hat sie ja immer noch so eine Anziehungskraft, weil die Leute sich dort, ähnlich wie in Museen, treffen können. Die Städte heute sind so zerfleddert – durch die Ökonomie der Aufmerksamkeit, die Privatisierung des öffentlichen Raumes, den Verkehr. Wo entstehen denn noch neue Orte, an denen man sich begegnen kann, an denen die Stadtgesellschaft zu sich selber findet? Deswegen haben wir bei der Bibliothek der Humboldt-Uni auch den Zwischenraum an der S-Bahn zum Stadtraum umgewidmet. Theoretisch hätten wir bis zur Bahntrasse bauen können. Stattdessen sind wir in die Höhe gegangen, um einen länglichen Platz zu gewinnen. Öffentliche Gebäude brauchen einen Auftritt, ein Forum.

Als das Grimm-Zentrum 2009 in Betrieb ging, gab es Kritik wegen der fehlenden Schließfächer: Viele konnten deshalb dort gar nicht arbeiten.

Das Gebäude war ausgelegt für 3000 Besucher pro Tag, und dann kamen im Durchschnitt 7000 bis 9000. Da fehlten einfach Toiletten und Schließfächer. Also haben wir umgebaut.

Sie sind in der Nähe von St. Gallen aufgewachsen, dort gibt es eine legendäre Bibliothek, die ist viel üppiger als Ihre sachlichen. Vorbild oder Schreckensvision?

Die Stiftsbibliothek St. Gallen ist eine reine Barockanlage, so wie der ganze Stiftsbezirk. Als kleiner Architekt habe ich jahrelang Barockengelchen gezeichnet. Die Stiftsbibliothek hat etwas von einem schwebenden Raum. Wie eine barocke Kirche, die ja auch in den Himmel hochgeht. So eine Überhöhung versuchen wir bei unseren Bibliotheken ebenfalls zu erreichen. Dass der Raum und damit auch das Buch eine gewisse Würde erfährt. Unser Lesesaal ist voll von Anklängen an Bilder alter Bibliotheken. Aber wir zitieren nicht.

Können Sie das anhand des Grimm-Zentrums erklären?

Berlin ist eine sehr horizontale Stadt, nicht so dicht gebaut wie London oder Paris. Auf alten Fotos ragen nur die wichtigen Gebäude heraus – die Synagoge, die Kirchen, ein Turm. Die Grimm ist eine der größten Bibliotheken Deutschlands. Deren Bedeutung wollten wir sichtbar machen. Also haben wir den Bau auf 50 Meter hochgezogen.

Und wie muss sie von innen aussehen?

Die meisten Bibliotheken orientieren sich gegen eine Wand, ein Fenster. Im Lesesaal des GrimmZentrums hat man ein Gegenüber. Je nachdem, auf welcher Etage man sich befindet, sitzt man sich mal 20 Meter gegenüber, mal 60 Meter. Das ist sehr kommunikativ, wenn du dahinten einen wunderschönen Mann oder eine Frau siehst, kannst du rübergehen: Hey, ich hab’ dich gesehen.

Das Flirten in der Bibliothek ist Ihnen ein Anliegen?

Ja, logisch! Du brauchst heutzutage ein Gegenüber, auch im Städtebau. Und so eine Bibliothek ist wie eine Mikrostadt, wo alles ineinandergreift, das Soziale, das Wissenschaftliche, das Räumliche, das Alltägliche. Man muss sich auseinandersetzen.

„Scharoun hat gegen die gewachsene Stadt angekämpft“

Grimm-Zentrum, Berlin. Für die Bibliothek der Humboldt-Universität hat Dudler auch die Möbel entworfen.
Grimm-Zentrum, Berlin. Für die Bibliothek der Humboldt-Universität hat Dudler auch die Möbel entworfen.

© Stefan Müller

Unweit der Grimm-Bibliothek entsteht Ihre U-Bahnstation Museumsinsel, eine Hommage an Schinkels Sternenhimmel aus der „Zauberflöte“. Man sieht den Bahnhof nicht von außen. Wieso muss er inszeniert sein?

Ich denke konzeptionell. Architektur sollte aus einem Thema entwickelt werden, das aus dem Ort gewonnen wurde. Das fehlt uns heute. Viele inszenieren Gegenwelten zur gewachsenen Ordnung und Organisation der Stadt, lustige Ideen, Broschen. Dadurch zerfleddern die Städte immer mehr. In den 1930er Jahren findet man exzellente Beispiele für die Neudefinition des europäischen Stadtraums. Zum Beispiel das, was Max Taut in Berlin gemacht hat; wir sitzen mit unserem Büro ja in Tauts Kaufhaus am Kreuzberger Oranienplatz. Auch in Neapel, vor der faschistischen Zeit, aber selbst währenddessen wurden gute öffentliche Gebäude und Wohnhäuser in der Stadt errichtet. Diese Fähigkeit ist vielen Architekten verloren gegangen.

Was meinen Sie mit den Gegenwelten?

Das neue Springerhaus zum Beispiel, das könnte auch ein Fußballstadion sein, oder? Die Stadt, die Fassade, der Außenraum – das wird völlig vernachlässigt und innen alles theatralisch überhöht. Dabei handelt es sich nur um ein Büro. Das Museum von Herzog de Meuron am Berliner Kulturforum arbeitet sich auch an diesem Problem ab. Wenn man die Neue Nationalgalerie ausnimmt, ist das Kulturforum ja eine Ansammlung von selbstbezogenen Ikonen, einer der städtebaulich schwierigsten Orte Berlins. Hans Scharoun sei es gedankt.

Den Berliner Architekten, berühmt für die Philharmonie und die Stabi, mögen Sie nicht?

Er hat gegen die gewachsene Stadt angekämpft. Aus historisch bekannten Gründen, aber das ändert nichts am Resultat: Die Lage der Philharmonie ist ein Unort. Auf seinen ursprünglichen Plänen hatte Scharoun noch die von ihm als Baudirektor verfolgte Nord-Süd-Tangente der Stadtautobahn eingezeichnet, welcher die Stabi konsequenterweise den Rücken zukehrt. Das heißt, die Form der Stabi ist durch eine Autobahn geprägt! Der riesige Parkplatz vor der Philharmonie ist städtebaulich kaum anders konzipiert als ein Ikea an der Umgehungsstraße. Städtebaulich wohlgemerkt.

Viele lieben sie.

Innendrin ist sie unheimlich gut gemacht. Wobei man erst Tausende von Segeln reinhängen musste, damit die Akustik stimmt. Faszinierend an der Philharmonie ist, dass man das Orchester von allen Plätzen aus sehr gut sieht. Das ist fantastisch.

Was hat Sie denn überhaupt nach Berlin gezogen? Das Handwerk in der Schweiz ist gut, die Zürcher Architekturfakultät legendär.

Ich hatte Ludwig Leo kennengelernt, von dem war ich so fasziniert, dass ich an die Berliner HdK gegangen bin zum Studieren.

Und was ist so toll an dem Architekten, von dem die meisten Berliner nur den poppigen Umlauftank am Schleusenkrug im Tiergarten kennen?

Leo war ein sehr guter Analytiker und hat aus der Analyse heraus Gebäude entwickelt. Er war einer der ersten, die mit technologischen Details Architektur gemacht haben. Früher haben Richard Rogers und Norman Foster, wenn sie gut drauf waren, gesagt: Für uns ist Ludwig Leo der Ideengeber gewesen. Das machen sie heute nicht mehr. Der hat diesen wunderbaren Tauchturm in Spandau entworfen, die Forschungsstätte für die DLRG, dieses schräge Teil – Wahnsinn!

Sie genießen ein heutzutage rares Privileg, dass Sie häufig nicht nur die Architektur, sondern auch die Einrichtung gestalten wie beim Grimm-Zentrum oder Ihrer neuen Stadtbücherei in Heidenheim.

Im 18., 19. Jahrhundert war das ganz normal, dass ein Architekt alles gemacht hat. Adolf Loos …

… der Wiener Baumeister, der als Wegbereiter der Moderne gilt …

… ist über die Innenräume erst richtig bekannt geworden. Heute werden Kisten gebaut, wo man oft nicht mal weiß, wer da einzieht; alles ist ein bisschen unpersönlich geworden. Die großen Monumente der Architektur dagegen sind immer verbunden gewesen mit einem Firmenbesitzer, der mit dem Architekten zusammen alles überlegt hat, bis zu den Stühlen, sodass es ein Gesamtwerk wurde.

„Das Originelle finde ich unerträglich“

Stadtbibliothek Heidenheim. Die Silhouette ist der alten Stadtmauer nachempfunden.
Stadtbibliothek Heidenheim. Die Silhouette ist der alten Stadtmauer nachempfunden.

© Stefan Müller

Adolf Loos’ American Bar in Wien lieben Sie sehr.

Die ist fantastisch! Von 1908 – und noch so modern. Eine Architektur, die sich nicht an irgendwelchen Moden orientiert, die kommen und wieder gehen, die 100 Jahre Bestand haben kann. Was mir bei Loos gefällt, ist etwas, was man mir interessanterweise immer wieder vorgeworfen hat: dass vieles zu eng geplant sei, zu dicht. Egal, ob städtebaulich oder in Innenräumen.

Geht man sich da nicht auf die Nerven?

Ich denke mir: je dichter, desto sozialer. Da müssen sich die Leute miteinander auseinandersetzen. Das ist ja ein großes Problem der Siedlungen der 60er, 70er, 80er Jahre, dass es zwar „Zentren“ gibt, aber keine wirklichen öffentlichen Plätze und damit auch keine öffentliche Auseinandersetzung. Wer die Wohnung verlässt, befindet sich in einem undefinierten Zustand von Räumen. Wenn Sie statt auf einen Platz oder schönen Straßenraum rauszukommen, als Erstes auf die Müllanlage neben der Haustür oder komische Spielplätz blicken, da gibt es nur einen Leerraum, der keine Identität mehr ausstrahlt – da entstehen natürlich Konflikte.

Für die Bücherei in Heidenheim haben Sie weiße Möbel entworfen. Ist das nicht ziemlich riskant bei einem Gebäude, das so viel benutzt wird? Am ersten Tag kamen 30 000 Besucher.

Das wird sich herausstellen. Wir dachten, eine öffentliche Stadtbibliothek muss wie ein Kunstwerk sein, völlig abstrakt. Das sieht super aus mit dem Weiß, oder? Es ist ein sehr freundlicher Raum, hell. Ich dachte, wir machen mal was anderes.

Sie haben mal gesagt, es sei wichtig, dass man immer für den spezifischen Ort baut. Inwieweit haben Sie denn die Stadt Heidenheim einbezogen in den Entwurf?

Unser Grundstück dort hat die Wirkung einer Schwelle zur Altstadt, fast wie eine Stadtmauer. Diese Schwelle wollten wir motivisch verarbeiten. So entstand die Idee, eine Art Silhouette auszubilden, die entfernt an eine Reihe giebelständiger Häuser erinnert. Die Bücherei ist so etwas wie eine begehbare Skulptur. Keine erfundene Form, sondern eine gefundene Form, etwas, was potenziell schon da war. Es geht nicht darum, dass der Dudler jetzt mal was Neues erfinden will, damit es „originell“ wird. Das finde ich unerträglich, das Originelle.

Ihre Fassaden bestehen oft aus gleichförmigen Fensterreihen. Sie haben schon ein Faible für das Serielle, oder?

Für die Gliederung hab ich ein Faible, nicht für das Serielle. Diese Art der vertikalen, schmalen Fensterteilung findet man jetzt überall. Eine Pest! Nur: Das ist eine Pest, weil es schlecht gemacht ist. Das sind meistens nur noch zwölf Zentimeter Tiefe. Bei mir sind es 30, 40 – das ist dann wie ein Relief. Das ist der Unterschied.

Geboren sind Sie am Bodensee, in einer ländlichen Gegend, die Ihrer Schilderung nach auch etwas Industrielles hatte.

Dort gab’s Steinbrüche und ganz modernen Flugzeugbau. 1925 wurden da die größten Maschinen hergestellt. Weil die Deutschen nach dem Versailler Vertrag keine Flugzeuge mehr bauen durften, ist der Dornier einfach von Friedrichshafen auf die Schweizer Seite rübergegangen.

Das hat Sie als Junge fasziniert?

Logisch! Alles, was mit Fliegen zu tun hat. Da wurden Jets gebaut, Abfangjäger. Und meine Vorfahren sind alle Steinmetze gewesen und Fischer. Diese Diskrepanz in einem kleinen Kaff …

Und dann wollten Sie Flugzeugingenieur werden?

Nein, ich habe Bauzeichner gelernt und gleichzeitig das Fachabitur gemacht. Mit 22 hab ich Abstand genommen und bin über Amsterdam und Frankfurt nach Berlin gekommen.

„Der Computer wird keine Häuser bauen“

Hambacher Schloss. Im Restaurant wird Saumagen-Carpaccio à la Dudler serviert.
Hambacher Schloss. Im Restaurant wird Saumagen-Carpaccio à la Dudler serviert.

© Stefan Müller

Prägt die Tatsache, dass Sie Bauzeichner gelernt haben, Ihre Arbeit heute noch?

Ich denke, das sollte man vermehrt machen, Abitur und Lehre gleichzeitig. In Deutschland hat ein Schlosser oder Schreiner in der Gesellschaft nicht mehr diesen Stellenwert wie früher. Die Sozialdemokratie hat immer gesagt, jeder muss die Chance haben, zu studieren. Das sehe ich auch so. Aber jetzt haben wir unheimlich viele Studenten – und keine guten Handwerker. Weil man das Handwerk indirekt so schlecht gemacht hat. Wenn ein Jugendlicher in der Schweiz Schlosser wird, hat er den gleichen gesellschaftlichen Stellenwert, wird er genauso geachtet wie einer, der sofort studiert. Ich frag’ mich immer, wer in 50 Jahren die Häuser und gute Möbel baut. Viele denken, der Computer. Nur: Der wird’s nicht tun.

Es gibt doch 3-D-Drucker.

Ja, schreiben Sie das hin: In 50 Jahren machen das 3-D-Drucker. Glaub ich nicht dran!

Warum nicht?

Alles, was ich bisher auf dem Gebiet gesehen habe, ist lächerlich. Richtig lächerlich.

Arbeiten Sie mit dem Computer?

Nee! Ich skizziere und gebe es weiter.

Sind Sie als Kind mit Ihrem Vater in den Steinbruch gegangen?

Ja! Ganz viel. Das fasziniert mich heute noch. Das sind ausgebrochene Städte, Negativstädte, in die man reingeht. Carrara-Steinbrüche haben was von Walhallen. Mit Innenräumen, das kann man sich gar nicht vorstellen. Anders als zu Michelangelos Zeiten kriegen Sie heute keine Genehmigung mehr, Berge abzubauen. Früher hat man alles nur runtergesprengt. Jetzt gehen Sie in die Berge rein.

Wo eignet sich Naturstein am besten?

Architektur hat ja immer was mit Licht und Schatten zu tun. Naturstein kann man sehr präzise bearbeiten, die Kanten sind scharf, die Schatten sehr plastisch. Stahl hat andere Qualitäten. Hier gibt es immer ein Kunststoff-Finish. Material als Selbstzweck ist sehr modisch geworden bei Architekten. Sie versuchen ein möglichst verrücktes Material zu finden – und das ist dann die Gestaltung. Da muss man aufpassen. Ich bin für Zurückhaltung, dafür, dass man material- und ortsgerecht baut.

Bei Ihrem Um- und Ausbau des Hambacher Schlosses haben Sie Sandstein aus der Region genommen. Sie haben einmal gesagt, das Material spielt eine größere Rolle als die Größe eines Raums, für die Atmosphäre, den Gesamteindruck. Wie meinen Sie das?

Beim Hambacher Schloss wollten wir kein Haus bauen, sondern eine Mauer. In der sind die ganzen Funktionen drin. Wir haben innen alles rausgerissen, was seit dem Umbau in den 1980er Jahren drin war. Das gab einen Riesenärger. Wir haben ganz modern gegengebaut mit zeitgemäßen Mitteln. Und noch ein Restaurant hinzugefügt, in dem man Saumagen-Carpaccio à la Dudler essen kann. Hauchdünn geschnitten! Das hab ich denen gesagt, dass man das so machen muss.

„Ein gutes Gebäude erkennt man am Empfang“

Bibliothek Folkwang Uni, Essen. Auf die verglaste Fassade wurde ein Steinmuster gedruckt.
Bibliothek Folkwang Uni, Essen. Auf die verglaste Fassade wurde ein Steinmuster gedruckt.

© Stefan Müller

Sie arbeiten in den verschiedensten Ländern. Wie sind Ihre Erfahrungen mit den Bauherren dort?

In Italien ganz schlecht. Da gibt’s nur Berlusconi, der baut – und der hat alles kaputtgemacht, einschließlich der Bauindustrie. Berlusconi hat Milliarden verdient, indem er in den 70er, 80er Jahren die Blöcke vor die Stadt gestellt hat, Neapel hat er völlig ruiniert mit diesen ganzen Problemzonen, wo man sich inzwischen kaum noch traut reinzugehen. In der Schweiz, das muss man ihnen lassen, sind sie handwerklich besser.

Sie haben jetzt schon ein paarmal erwähnt, dass es am Anfang Ihrer Projekte viel Ärger und Gegenwind gab.

Häufig, ja. Aber ich sehe das positiv, wenn die Leute sich damit auseinandersetzen. Mir ist es lieber, sie diskutieren ein bisschen kontrovers und sagen: Dudler, was du da gebaut hast, ist Scheiße! Das Größte ist, wenn nach einem Jahr derselbe kommt und sagt: Das ist schon nicht schlecht. Und nach einem weiteren Jahr sagt er: Du, das ist richtig super! Das ist mir lieber als diese Hurraschreierei. Die meisten Leute sind zu ungeduldig, um sich mit dem Werk auseinanderzusetzen.

Wenn Sie ein Gebäude betreten: Woran erkennen Sie, dass es gut ist?

Wenn man den Eingang findet. Wenn es beim Anschauen von außen eine Haltung hat, eine Orientierung – zum Platz hin, zur Straße. Dass man empfangen wird, wenn man reingeht. Früher hat jedes Haus ein Entree gehabt und so eine Vertraulichkeit ausgestrahlt. Dann läuft man die Treppe hoch, wenn die bequem und gut gebaut ist, wenn alles stimmt, die Übergänge – das ist wie beim Italiener. Das sage ich meinen Studenten immer, da müssen Sie Spaghetti Pomodoro bestellen. Wenn die gut sind, ist alles andere auch gut.

Sie haben sich Ihren Lieblingsitaliener gleich selbst gebaut, das Sale e Tabacchi in der Berliner Kochstraße. Was war Ihnen wichtig daran?

Dass es eine Großstadtatmosphäre gibt, Stimmengewirr, ziemlich laut. Die Abfolge der Funktionen: Vorne isst man eher schnell was, an der Bar sogar ganz schnell, hinten kann man länger sitzen.

Ihr Lieblingsplatz?

Da, wo der Piero sitzt, der Wirt.

Man kann Sie dort leicht erkennen. Sie tragen immer Weste, offenes Hemd, die Haare hochgestylt. Haben Sie sich das irgendwann zugelegt?

Ich hab schon als 13-, 14-Jähriger Anzüge getragen. Das hängt auch damit zusammen, dass man morgens nie überlegen muss, was man für Sachen anzieht. Wenn man so viel unterwegs ist, ist Schwarz die geeignete Farbe. Die Anzüge sind alle in Italien gebaut, immer das gleiche Modell. Die machen die besten und bequemsten.

Und die Haare haben Sie als Jugendlicher schon so gestylt?

Nein, ich hatte ganz lange. Aber als dann die grauen kamen, hab ich gesagt: Max, du musst dich neu erfinden. In Berlin geh ich immer zu einem sehr guten türkischen Friseur, der hat mir beigebracht, wie man die Frisur hinkriegt. Geht ganz schnell.

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