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Nashornvögel, die eine Art Helm auf dem Kopf haben, sind massiv gefährdet.

© imago/Nature Picture Library

Hohe Nachfrage treibt Preise: China verschlingt Südostasiens Flora und Fauna

Chinas Wachstum und Rohstoffhunger scheint grenzenlos. Das macht auch vor den Naturressourcen der kleineren, schwächeren Nachbarn nicht Halt.

Dass China das nachbarliche Südostasien als Satellitenregion erachtet, wird immer deutlicher am Raubbau der Chinesen an der südostasiatischen Flora und Fauna. Nicht nur steigt der politische und wirtschaftliche Einfluss Chinas in der Region, seit die Amerikaner sich nicht mehr wie früher um ihre asiatischen Verbündeten kümmern.

Chinas Wachstum und Rohstoffhunger machen auch vor den Naturressourcen der kleineren, schwächeren Nachbarn nicht Halt, und es gibt kaum Kontrollen oder greifende Gesetze, die dieser verheerenden Entwicklung einen Riegel vorschieben.

Beispiel Mong La in Myanmar, das unmittelbar an der Grenze zu China liegt: In der Grenzstadt gibt es geschützte Zibetkatzen, Leoparden, Schuppentiere, selbst Nashornvögel und Tigertatzen, -knochen und -penisse, Elefantenhaut, Elfenbein, Bärengallenblasen und schlicht alle Wildtiere und Körperteile von Wildtieren zu kaufen, denen Chinesen medizinische und aphrodisierende Wirkung nachsagen.

Mong La in Myanmar, Botun in Laos, Sihanoukville in Kambodscha und Medan in Sumatra, dies sind die Hauptumschlagplätze Südostasiens, die den riesigen chinesischen Markt illegal mit Wildtieren versorgen. Ob Meeresschildkröten, Seepferdchen, Seegurken, Haifischflossen, selbst rote Korallen und Palisanderholz: ein gieriger Markt verlangt mehr und mehr, bis die Bestände erschöpft sind.

Andere Staaten erstellen gemeinsamen Rettungsplan

Das Magazin „National Geographic“ widmet in der September-Ausgabe dem behelmten Nashornvogel, dem „Dinosaurier des Himmels“, eine Story mit dem Titel: „Der seltene Vogel, der wegen seines Horns gewildert wird, kämpft ums Überleben.“ Nashornvögel sind vom Aussterben bedroht.

Was sie umso wertvoller macht für Chinesen, die buchstäblich hinter deren Köpfen her sind. Die massiven, roten Helmschädel der Vögel gelten als „rotes Elfenbein“. Tatsächlich bestehen sie aus Keratin, dem gleichen Protein, aus dem auch Haare, Fingernägel und übrigens auch das Horn des Nashorns bestehen, was das Nashorn zu einem weiteren Opfer des Irrglaubens macht, dass gemahlenes Keratin Krebs und eine Vielzahl anderer menschlicher Beschwerden heilen kann. Weshalb das Nashorn in Asien praktisch von der Landkarte verschwunden ist.

Die Chancen, dass der Nashornvogel vor dem Aussterben bewahrt wird, sind dermaßen gering geworden, dass die Regierungen Bruneis, Indonesiens, Malaysias, Thailands und auch Myanmars unlängst einen gemeinsamen Rettungsplan aufgestellt haben, um den so einzigartigen Vogel vor dem Zugriff von Hornvögeljägern und chinesischen Mittelsmännern zu schützen.

Das immer knappere Angebot treibt die Preise nur noch höher

Doch Angebot und Nachfrage bestimmen den Markt, und das immer knappere Angebot treibt die Preise nur noch höher. Das ist nicht das einzige Beispiel dafür, wie China seinen Nachbarn zu Leibe rückt. Peking vereinnahmt beispielsweise die gesamten Spratly- und Paracel-Inseln im Südchinesischen Meer, obschon das chinesische Festland weiter entfernt liegt als südostasiatische Anrainer. Das Gebiet gilt als rohstoffreich.

Bald müssen chinesische Investoren vielleicht nicht mehr illegal Sand in Kambodschas Provinz Koh Kong schürfen, der insbesondere in Singapur als Baumaterial geschätzt wird. Riesige Sandkähne bauen den Sand in Flüssen ab. Fischbestände und die von ihnen abhängige Tierwelt wie Flussdelfine, Otter und Fischkatzen wurden stark dezimiert.

Eine Zibetkatze - aufgenommen im Wildkatzenzentrum Felidae in Brandenburg.
Eine Zibetkatze - aufgenommen im Wildkatzenzentrum Felidae in Brandenburg.

© Patrick Pleul/dpa

Chinesische Investoren sind es auch, die in Kambodscha, Myanmar und Indonesien illegal Wälder abholzen, und es sind chinesische Bauherren, die mit dem Bau von einem umstrittenen Wasserkraftwerk in einem Gebiet in Sumatra begonnen haben, wo stark gefährdete Orang Utans, Sumatra-Tiger und Nashornvögel beheimatet sind. Hinter Orang Utans selber sind Chinesen nicht her, weil sie diesen noch keine genesende Wirkung zugeschrieben haben.

Auch auf Borneo investiert mit China Power Investment ein chinesisches Wasserkraftunternehmen 17 Milliarden Dollar in ein massives Staudammprojekt, das den Primärwald im Herzen von Borneo überschwemmen, eine Vielzahl von Wildtierarten gefährden und das seit Gedenken unberührte Gebiet für immer verändern wird.

Zerstörungen nicht auf Asien beschränkt

Gregory McCann, Projektkoordinator der Umweltgruppe Habitat ID, zweifelt daran, dass China diese zerstörerische Entwicklung rückgängig machen kann. Im Gegenteil, die Zerstörungen seien nicht nur auf Asien beschränkt: „Fast 100 afrikanische Elefanten wurden kürzlich in Botswana geschlachtet“, schrieb McCann in der „Asia Sentinel“. „Wobei ihre Stoßzähne fehlen, die sich wahrscheinlich bereits in China oder Hongkong befinden, während Flotten von staatlich subventionierten Langstrecken-Fischereifahrzeugen die Weltmeere durchstreifen und die entlegensten Winkel ausplündern.“

Das Hauptproblem sieht McCann „in der Größe Chinas, im steigenden Reichtum und dem damit einhergehenden Wunsch nach mehr Konsumgütern und anderen Formen des Reichtums, wie Autos und zusätzlichen Häusern. Der Fußabdruck dieses Landes auf der Erde“, so schreibt McCann, „wird gigantisch und höchstwahrscheinlich nicht wiedergutzumachen sein“.

Daniel Kestenholz

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