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Ein Döner.

© Peter Steffen/dpa

EU-Parlament: Warum Döner nicht verboten wird

Alle Aufregung umsonst: am Nachmittag kommt Entwarnung aus Brüssel, der Döner ist nicht in Gefahr.

Berlin ist in Aufruhr, der Döner soll verboten werden, meldete heute unter anderem die Bild-Zeitung. Die Aufregung um den Unkrautvernichter Glyphosat wird abgelöst von der Diskussion um Phosphat. Es wird behauptet, dass die Grünen und die SPD im Europaparlament dem Döner den Gar aus machen wollen. Aus Brüssel heißt es aber entwarnend: der Döner ist nicht in Gefahr.

Worum geht es eigentlich?

Es geht um Phosphate. Das sind Zusatzstoffe mit Namen wie E338, E339, bis hin zu E452, die genutzt werden, um beispielsweise das Austrocknen von Fleisch zu verhindern und den Geschmack länger zu erhalten.

Mit Blick auf die Verpackung des Schmelzkäses im Kühlschrank wird deutlich, dass Phosphate in Lebensmitteln allgegenwärtig sind – unter anderem auch in Dönerspießen. Das ist erlaubt und gesetzlich legitimiert, das steht auch so in der EU-Regulation 1333 aus dem Jahr 2008. Was dort allerdings nicht festgeschrieben ist, ist eine Aussage zur Verwendung von Phosphat in tiefgefrorenen Fleischspießen. Es steht nicht da, dass es verboten ist, es stehe nur nicht da, dass es explizit erlaubt ist. „Das hat man damals wahrscheinlich schlicht und ergreifend vergessen“, sagt der Sprecher von Frau Susanne Melior, der SPD-Europaabgeordneten im Ausschuss für Umwelt- und Lebensmittelfragen.

Am Dienstag, den 28.11.2017 wollte die EU-Kommission diese Gesetzeslücke schließen und eine „Änderung“ der Lebensmittelzusatzstoff-Verordnung erreichen, die ohne viel Aufhebens Phosphat auch in tiefgefrorenen Dönerspießen erlaubt hätte. Grüne und SPDler im Lebensmittelausschuss stimmten am Dienstag vorerst gegen ein schnelles Durchwinken der Änderung, auch Susanne Melior. Die Begründung lautet, dass zurzeit gerade eine Studie der Efsa, der Europäischen Lebensmittelbehörde, zu Phosphat in Lebensmitteln erstellt wird. „Die Studie hat bereits im Sommer diesen Jahres begonnen, die Daten sollen bis Ende des Jahres gesammelt sein und die Auswertung Ende 2018 vorliegen. Solange wollten wir nun einfach warten, bevor wir diese Gesetzeslücke klären. Wieso sollte Phosphat expliziter als bisher erlaubt werden, wenn wir uns über die Folgen von Phosphaten in Lebensmitteln noch unklar sind?“

Unterschiedliche Auslegung in Europa

Die Gesetzeslücke führt lediglich dazu, dass die Verwendung von Phosphat in tiefgefrorenen Dönerspießen derzeit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterschiedlich gehandhabt wird. In Deutschland wird Phosphat in den Spießen verwendet, hier sieht man in der Nichtnennung von tiefgefrorenen Dönerspießen in der Verordnung kein Verbot. In der Tschechischen Republik hingegen, so der Sprecher von Frau Melior, geht man mit dieser Gesetzeslücke strenger um und verbietet den Zusatz von Phosphat in den tiefgefrorenen Spießen.

Viel Lärm um nichts?

Das Büro von Frau Melior war „überrascht, dass die Fakten so verzerrt wurden und uns so viele Nachfragen erreichten. Doch der Döner war nie in Gefahr, es bleibt alles wie es ist.“

Das Büro von Frau Melior bekam auch ein Schreiben der Dönerlobby Deutschland weitergeleitet – welches eine Europäische Abgeordnete der CDU, Renate Sommer, auf Facebook publik machte und so wohl die Dönerdebatte vor zwei Tagen ins Rollen brachte. Aus Brüssel heißt es, dass einige der Behauptungen, die Frau Sommer anführte, in keiner Weise der Faktenlage entsprächen. Frau Sommer griff in ihrem Facebook-Post das Argument der Dönerlobby auf, dass durch die Entscheidung der SPD und Grünen 110.000 Arbeitsplätze in Gefahr seien. Da aber „nichts passiert und kein Dönerspieß in Gefahr ist, sind natürlich auch keine Arbeitsplätze in Gefahr.“

Wie geht es nun weiter?

Über die vorgeschlagene Änderung müssen die Die EU-Staaten befinden. Das Europaparlament kann mit einer absoluten Mehrheit von 376 Stimmen ein Veto gegen die Änderungen einlegen. Das letzte Wort zur Verweigerung des Änderungsvorschlags wurde aber noch nicht gesprochen, sondern erst  am 11. Dezember, in der Plenarsitzung in Straßburg.

Fest steht: es bleibt vorerst alles, wie es ist ­ bis die Efsa die Ergebnisse der Phosphat-Studie Ende 2018 vorlegt. Je nachdem natürlich, wie die Ergebnisse ausfallen, ob der Lebensmittelzusatzstoff Phosphat als unbedenklich oder bedenklich eingestuft wird, kann nach Veröffentlichung der Studie eine neue Diskussion aufkommen. „Aber dann würde es nicht nur um den Döner gehen. Wenn sich Phosphat als gesundheitsschädigend herausstellt, dann müssen wir seine Verwendung in sehr vielen Lebensmitteln hinterfragen. Und gerade weil so viele unserer Lebensmittel Phosphat enthalten, ist es auch gut, dass eine unabhängige Studie sich diesen Zusatzstoff einmal genauer anschaut", heißt es aus Brüssel.

Friederike Sandow

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