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Von TISCH zu TISCH: Kochu Karu

Tintenfischsalat mit Chorizo und Kresse.

Hat noch irgendjemand einen Überblick über die unzähligen asiatischen Speisestuben, die die östliche Stadtmitte flächendeckend überziehen, erreichbar praktisch nur zu Fuß oder mit dem Rad? Es ist mit diesen Betrieben ein wenig wie mit Currywurstbuden: Jeder kennt eine in der Nähe, die er mag, also interessiert er sich auch nicht wirklich für Alternativen. Wenn allerdings wirklich mal ein solches Restaurant über die Bezirksgrenzen hinaus Aufmerksamkeit verdient, dann wollen wir auch darüber berichten. Und das ist beim „Kochu Karu“ der Fall.

Die Legende will es, dass sich hier eine koreanische Opernsängerin mit einem spanischen Koch zusammengetan hat, der in den höheren Registern seines Fachs ebenfalls zu Hause ist. Gesang habe ich nicht gehört, aber der Koch kann kochen. Er jongliert mit den koreanischen Tapas („Banchan“) ebenso sicher wie mit spanischen Ideen, bringt aber auch regelrechte Hauptgänge unfallfrei auf den Tisch.

Ohne Kimchi, den milchsauer vergorenen Chinakohl, geht natürlich auch hier nichts. Er schmeckt ausgewogen sauerscharf, spielt aber keine allzu große Rolle, wird eher zitiert als ausgebreitet, und zwar in der Begleitung eines Schweine-Barbecue (Doeji Bulgogi), das nach Art der Peking-Ente gegessen wird: Man nimmt ein Blatt Römersalat, gibt von der roten Soße hinein (scharf!), ein wenig Reis dazu und die Fleischstreifen drüber, wickelt es ein und beißt zu. Das ist über die Maßen köstlich und für 14,50 Euro angenehm kalkuliert. Da wir grad bei den Hauptgängen sind: Einige wechseln wöchentlich, wir erwischten Brust vom Schwarzfederhuhn, koreanisch mariniert und gegrillt, saftig und würzig, mit eher europäisch orientierten Beilagen, Pilzen, einem Kräuterknödel und Rotweinjus. Handwerklich akkurat, 14,90 Euro – also bitte!

Auf der Tapas-Karte steht immer so etwa ein Dutzend verschiedener Zubereitungen mit oft kreativem Ansatz zu Preisen zwischen drei und fünf Euro. Kurioserweise fand ich gerade den ambitionierten spanisch-koreanischen Brückenschlag „Tintenfischsalat mit Chorizo, Erbsenkresse und Cho Gochujang-Sauce“ nicht überzeugend, weil er insgesamt wie seltsam gewürzter Wurstsalat schmeckte – dafür muss kein Tintenfisch sterben.

Doch sonst war alles prima. Garnelen-Ceviche, sanft gebeizt mit Limetten und Chili, auf milden Algenküchlein, kräftig angebratene vegetarische „Mandu-Ravioli“ mit einem, wie versprochen, fruchtigen Gemüsesalat, die „Gogi Dumplings“, Rindfleisch mit Tofu im Reisblatt und einer grünen kanarischen Mojo-Soße – und vor allem die Hähnchenspieße „nach Street Food Art“ mit Mungobohnenkeimen, Cashew und einer süß-scharfen Glasur. Bei unserem Besuch ging alles relativ schnell, es empfiehlt sich also, erst einmal ein paar Kostproben zu bestellen und dann bei – absehbarem – Wohlgefallen weiterzusehen.

Die Rechnung geht jedenfalls auf, es wird an fast jeder Zubereitung deutlich, dass professionelle Köche am Werk sind, die nicht nur Traditionsrezepte am Leben halten, sondern sie auch sinnvoll und appetitmachend weiter entwickeln können. Sogar die sanfte „Yuja Zitrus Tee Mousse“, mehr von den Schalenaromen als von präsenter Säure durchzogen, gefiel als Dessert. Dazu gibt es ein paar anständige Weine: Ein rescher Grüner Veltliner „Strawanzer“ von Heiderer-Mayer kostet 19 Euro, das sollen andere erst mal nachmachen.

Drinnen ist das Restaurant nach moderner Asien-Art schlicht mit kantig hellem Holz ausgestattet, aber im Sommer sitzt man selbstverständlich vor der Tür – und damit in der permanenten Gefahr, von einem der hier besonders hemmungslos herumirrenden Radler von links, rechts oben oder unten überrollt, angefahren oder anderweitig beschädigt zu werden. Aber vermutlich ist auch das längst Prenzlauer-Berg-Folklore.

Übrigens ist dieses Restaurant bei den „Berliner Meisterköchen“ neben einigen anderen zum „Szenerestaurant des Jahres“ nominiert worden. Keine Ahnung, was das ist. Aber verdient kommt es mir schon vor.

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