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Das kulinarische Buch der Woche: Verena Lugerts "Die Irren mit dem Messer"

Verena Lugert ließ sich beschimpfen und drangsalieren, um Profiköchin zu werden. Ihr Bericht ist ein Enthüllungsbuch - aber anders als geplant.

Warum tun Menschen sich das an? 16- Stunden-Schichten am Herd, Cornflakes mit Red Bull als Mittagessen, miese Bezahlung und Schmerzen, bis kein Nurofen mehr hilft ... Warum sie sich das angetan hat, beantwortet die Journalistin Verena Lugert in „Die Irren mit dem Messer - Mein Leben in den Küchen der Haut Cuisine“. In dem Buch erzählt sie aus ihrer Zeit in einem Restaurant von Sternekoch Gordon Ramsey, wo sie als „cunt“ beschimpft wird, von Selbstzweifeln und davon, wie sie im Rausch der Suche nach Perfektion aufgeht.

Erst brechen, dann neu zusammenbauen

Wer sich dafür interessiert, wie eine Profi-Küche organisiert ist, erfährt einiges: Zum Beispiel, dass man Fisch auf blauen und Fleisch auf roten Brettern schneidet, wie man eine Arbeitsstation organisiert, wie man hurtig Tiefkühlfisch auftaut oder pochierte Eier in rauen Mengen zubereiten kann. Auch Lugerts Faszination für das Kochen reißt einen mit.

Der eigentliche Wert des Buchs ist jedoch ein anderer. Denn es beschreibt das Innenleben einer Organisation, die wie das Militär darauf aus ist, Menschen zu brechen und dann zu willigen Drohnen neu zusammenzupuzzeln. Auch Gordon Ramsey wurde ja dereinst von seinem Ausbilder, dem Starkoch Marco Pierre White, so lange angebrüllt und drangsaliert, bis er heulend auf dem Boden lag.

Kochmesser statt Orden

Dass Lugert diese Form der Gehirnwäsche rückblickend mit Stolz beschreibt, verdeutlicht nur noch die Perversion eines auf Effizienz optimierten Systems, das statt Orden ein Set Kochmesser verleiht.

Verena Lugert wechselte vom Schreibtisch an den Herd. Was sie erlebte, hielt sie in "Die Irren mit dem Messer" fest.
Verena Lugert wechselte vom Schreibtisch an den Herd. Was sie erlebte, hielt sie in "Die Irren mit dem Messer" fest.

© promo

Verena Lugert: "Die Irren mit dem Messer - Mein Leben in den Küchen der Haute Cuisine", Knaur, 272 Seiten, 19,99 Euro

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