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wird knusprig

© Mike Wolff

Back-Anleitung: hausbacken

Mehl, etwas Trockenhefe, Wasser, Salz – mehr braucht es nicht für ein Brot, das fantastisch schmeckt. Und das Schöne ist: Jeder kann es.

Als ich mein allererstes No-Knead Bread (Brot ohne Kneten) aus dem Ofen holte, war ich so stolz wie eine Fünfjährige, die zum ersten Mal ohne Stützräder Fahrrad fährt. Ich hatte ein Brot gebacken! Ganz alleine! Ohne Backmischung! Obendrein schmeckte es auch noch fantastisch! Ich war so begeistert, dass ich es wieder und wieder buk. Freunde, zum Essen zu Gast, stopften gierig halbe Laibe in sich hinein, fragten nach dem Rezept und gaben es weiter. Ich selbst habe es auch bloß weitergetratscht bekommen: Erfunden wurde das Brot nämlich von Jim Lahey aus der Sullivan Street Bakery in Hell’s Kitchen in Manhattan, der Journalist Mark Bittman hat es in seiner Kolumne in der „New York Times“ veröffentlicht. Von dort verbreitete sich das Rezept blitzartig übers Internet.

Das Geheimnis des Erfolgs: Es ist einfach. Es gelingt immer. Und es schmeckt besser als jedes Weißbrot, das Sie in einer Berliner Bäckerei kaufen können – und das auch noch am nächsten Tag. Sie benötigen kein Manufactum-Mehl. Keinen jahrzehntealten Sauerteig. Keinen Holzofen. Nicht einmal ein Händchen fürs Backen müssen Sie haben – jeder Fünfjährige kann es zubereiten. Alles, was Sie benötigen, ist ein gusseiserner Topf mit Deckel (oder ein anderes feuerfestes Gefäß, z. B. aus Glas oder Emaille), 405er-Weizenmehl, eine Prise Trockenhefe, Wasser, Salz – und Zeit.

Zeit heißt: Etwa 22 Stunden, bevor Sie das Brot essen wollen, müssen Sie sich eine Minute nehmen und den Teig ansetzen. In einer großen Schüssel vermengen Sie 3 Tassen (430 g) Weizenmehl, 1,5 Teelöffel Salz und ¼ Teelöffel Trockenhefe und verrühren die Mischung mit 1,5 Tassen (345 ml) Wasser. Fertig ist der Teig. Wenn Sie Zweifel haben, spicken Sie ruhig auf Youtube (http://www.youtube.com/watch?v=13Ah9ES2yTU). Decken Sie die Schüssel mit Frischhaltefolie ab und vergessen Sie sie für die nächsten 18 Stunden. Auf die Minute kommt es nicht an, 20 Stunden sind auch in Ordnung, mindestens 12 Stunden sollten es aber sein.

Die lange Gehzeit ist das Geheimnis: Normalerweise muss Brotteig ausdauernd geknetet werden, damit die Kleberproteine im Mehl einen elastischen Teig bilden. Hier darf sich der Bäcker eine Runde aufs Ohr hauen – weil der Teig so viel Wasser enthält, macht das Brot die Arbeit selbst.

Am nächsten Tag, ungefähr vier Stunden, bevor Sie es servieren wollen, geht es weiter. In Ihrer Schüssel werden Sie nun eine fröhlich vor sich hin blubbernde, zähflüssige Masse vorfinden, die müssen Sie falten, vier- oder fünfmal vom Rand hin zur Mitte, als würden Sie einen Briefumschlag basteln. Konservative werfen den Teig dazu auf eine bemehlte Arbeitsfläche, falten ihn und bugsieren das Wabbelzeugs dann in eine Schüssel zurück. Faule (wie ich) falten den Teig einfach in der Schüssel selbst. Abdecken und weiter gehen lassen. Anderthalb Stunden später machen Sie den Ofen startklar: Er wird auf 250 Grad vorgeheizt, eine halbe Stunde lang, und zwar mitsamt des Bräters. (Achtung: Deckelknöpfe aus Plastik können bei dieser Hitze schmelzen – am besten durch einen aus Metall ersetzen.) Der Topf bildet einen Ofen im Ofen und soll brüllend heiß werden.

Wenn er beinahe glüht, holen Sie den Bräter aus dem Feuer und kippen den Teig hinein. Sollte er krumm oder rissig drin landen, keine Angst, das gibt erst den rustikalen Look! Fett brauchen Sie keins. Deckel drauf und zurück in die Hitze. Nach einer halben Stunde nehmen Sie den Deckel ab und verpassen dem Laib in 15 bis 30 Minuten eine schöne Kruste, je nachdem, wie dunkel oder hell Sie das Brot mögen. Dann holen Sie es heraus und legen es auf ein Gitter. Jetzt kommt der schwierigste Part: Sie müssen sich mindestens eine Stunde zusammenreißen. Klar, das Brot duftet zum Verrücktwerden gut und wäre warm so köstlich! Aber: Nur, wenn es unverletzt abkühlen darf, entsteht im Inneren ein Unterdruck, die Aromastoffe aus der Kruste gehen in die Krume über, und der Geschmack intensiviert sich.

Schon beim Anrühren des Teiges stehen Ihnen alle Möglichkeiten offen, Sie können frische Kräuter zugeben, geriebenen Parmesan oder geröstete Zwiebeln. Lecker sind auch Kürbiskerne oder klein gehackte Kalamata-Oliven. Man kann einen Teil des Weizenmehls durch Roggen- oder Vollkornmehl ersetzen, sogar als süße Version ist das No-Knead Bread denkbar, mit Rosinen, Walnüssen und Zimt oder mit Schokostückchen.

Ist das Brot jetzt abgekühlt? Holen Sie Ihre Familie. Und die Butter. Und dann… Sie werden schon sehen.

Harriet Köhler

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