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Angerichtet. Das Festival in Berlin haben Liane Kobe und Pamela Owusu erfunden.

© Gili Shani

African Food Festival in Berlin: Der Geschmack von Afrika

Wo gibt's in Berlin senegalesisch, ghanaisch, ägyptisch, südafrikanisch? Das Berliner African Food Festival bringt am 20. und 21. Mai einen Erdteil zum Kochen. Wir trafen die Initiatoren, natürlich beim Essen.

Von Ronja Ringelstein

Ihre Hand ist darin geübt, das sieht man gleich: Geschickt zupft sie sich etwas von der weißen Masse ab, drückt es sanft zwischen den Fingerspitzen zusammen, tunkt es in die rötliche Soße, die Fingerkuppen gleich mit, dann schnellt die Hand zum Mund.

Pamela Owusu kommt wegen dieses typisch nigerianischen Gerichts in das Ebe Ano an der Bamberger Straße: Egusi. Es sind Melonenkerne, zubereitet mit getrocknetem, geräuchertem Fisch und rotem Palmöl. Fertig gekocht hat es Ähnlichkeit mit Couscous in Soße. Die weiße Masse, die zum Eintunken dient, ist „Pounded Yam“ – Yambrei also. Die in Afrika beliebte stärkehaltige Wurzel wird häufig mit der Kartoffel verglichen. Auf der Zunge fühlt sie sich leicht sämig an.

„Essen ist oft der erste Berührungspunkt mit einer Kultur“, sagt Owusu. Sie sitzt mit ihren Kollegen Liane Kobe und Kwame Owusu in dem Schöneberger Restaurant. Klar, auch wegen des guten Egusi. Aber eigentlich sind sie geschäftlich hier.

Die drei haben im vergangenen Jahr das African Food Festival gegründet. Dieses Jahr, am Wochenende des 20. und 21. Mai, findet es in Friedrichshain, auf dem Gelände des ehemaligen „Magdalena-Clubs“ (Alt-Stralau 1), statt. Sie hoffen auf etwa 3000 Besucher. Im Ebe Ano sind sie, um den Eigentümer und seine Partnerin zu überzeugen, einen Stand zu übernehmen und Nigeria zu repräsentieren.

Echtes Afrikagefühl, ohne Krokodil- und Zebrafleisch

Auf dem Festival in der kommenden Woche werden elf Länder mit ihren Küchen vertreten sein, darunter auch Marokko, Äthiopien, Südafrika, Senegal, Gambia und Angola. Es wurden Länder aus allen Himmelsrichtungen, aus allen Regionen des Kontinents eingeladen, um die Vielfalt zu zeigen. „Es gibt nicht nur die fleischlastige, scharfe Küche, sondern auch eine vegetarische und vegane. Da sind die Berliner noch ganz unaufgeklärt“, sagt Liane Kobe.

In Deutschland leben 631 000 Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund, das besagen Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2015. Und obwohl in der alten Heimat das gemeinsame Essen draußen normal ist, äßen die, die in Deutschland leben, am liebsten zu Hause, sagt Pamela Owusu: „Hier gibt’s ja auch nicht viel.“

Liane Kobe und Pamela Owusu, die Gründerinnen des African Food Festivals in Berlin.
Liane Kobe und Pamela Owusu, die Gründerinnen des African Food Festivals in Berlin.

© Mike Wolff

Ein paar gute Restaurants finden sich zwar in Berlin, aber häufig hat der Besucher das Gefühl, er wäre in eine Touristenfalle gegangen. Mit möglichst Exotischem wie Krokodil- oder Zebrafleisch soll den Gästen ein echtes Afrikagefühl suggeriert werden. Das macht skeptisch.

Im Ebe Ano gibt es weder Krokodil noch Zebra. Hier stehen große Teller auf dem Tisch, auf einem liegt ein rötlicher Reisberg. „Jollof Rice ist das Sonntagsessen in Westafrika“, erklärt Owusu. Nicht nur in Nigeria, auch in Senegal und Ghana. Ähnlich wie beim Risotto wird der Reis mit dem Gemüse zusammen gekocht. Dazu kommt Rindfleisch in einer dunklen, dicklichen, leicht scharfen Tomatensoße mit Erbsen. Das Fleisch zerfällt im Mund. Am Tellerrand liegen die typischen „Plantains“, Kochbananen. Das Gericht auf dem dritten Teller sieht ein bisschen aus wie Pommes mit Ketchup, stellt sich aber als Kochbananen und Yam, frittiert und gesalzen, mit Tomatensauce und scharfem Dip heraus. „Wir wollen das Ebe Ano beim Festival, weil das Essen gut und sehr authentisch ist“, sagt Owusu.

Kochen und Essen gehören in Afrika zur Identität

"Jollof Rice", ein westafrikanisches Sonntagsgericht.
"Jollof Rice", ein westafrikanisches Sonntagsgericht.

© R. Ringelstein

Bei einer Generalprobe im Oktober, dem „Warm Up“, konnte man einen Eindruck gewinnen, was sie im Sinn haben: Im „Haubentaucher“ auf dem RAW-Gelände, ebenfalls in Friedrichshain, drängten sich mehr als 2000 Menschen, von denen wahrscheinlich viele zum ersten Mal in ihrem Leben ghanaisch, ägyptisch oder äthiopisch gegessen haben. Und sicher haben noch nicht viele Berliner ein „Rolex“ probiert. Es ist ein klassischer ugandischer Straßenimbiss, erklärt Kobe: Omelette wird mit Salat in einen Fladen, Chapati, zu einem Wrap gewickelt. Der Name Rolex stammt von dem Ausruf der Straßenverkäufer „Rolled Eggs!“

„So kann man die Menschen hier mit der afrikanischen Kultur bekannt machen. Wenn die Leute nach Asien fliegen, sagen sie: ’Ich freue mich schon so aufs Essen’“, sagt Pamela Owusu. Wenn es nach ihr geht, sollten die Menschen dieses Gefühl auch bei Afrika haben.

Beim „Warm Up“ legten DJs Afrobeats auf, viele Kinder waren da, spielten, und es wurde getanzt. Ein bisschen so, wie es auch auf den Straßen von Ghana am Abend ist, wenn die Menschen zum Essen rausgehen. So erzählen es jedenfalls Kwame und Pamela Owusu. Beide haben ghanaische Wurzeln, aber nur zufällig denselben Nachnamen. Sie kennen sich erst seit ein paar Jahren. Pamela Owusu, 35 Jahre alt und Politologin, legt als DJane „Pam Bam“ Afrobeats in Clubs auf, auch auf dem Festival wird sie für die Musik sorgen. Liane Kobe und ihr Mann Kwame Owusu hatten schon länger die Idee, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Von afrikanischen Food Festivals in New York und London holten sie sich Inspiration für das Konzept.

„In Afrika isst man gern und viel. Für viele Leute hier klingt das wie ein Gegensatz. Hier hört man immer nur vom Hunger“, sagt Liane Kobe. Sie war schon häufig mit ihrem Mann in seinem Heimatland und hat es – nicht zuletzt wegen der guten Küche – lieben gelernt. Kochen und Essen gehören dort zur Identität, sind Nationalstolz.

Je vielfältiger, desto besser – das gilt nicht nur in der Küche

Die 38-Jährige erzählt von ihrem ersten Besuch in Accra, der Hauptstadt. Ihre Schwägerin kochte „Omo Tuo“, Reisbällchen mit Erdnusssoße. Die Soße war in einer großen Schüssel, in die man Reisbällchen dippt. Sie, Kwame und die Kinder der Schwester versammelten sich alle um die Schüssel und aßen gemeinsam daraus. Nicht, weil es zu wenige Schüsseln gäbe, sondern einfach so, erzählt Kobe: „Dieses Gemeinsame war ein sehr schönes Erlebnis, es hat wunderbar geschmeckt.“ Es war das erste Mal, dass die Berlinerin ein warmes Essen ausschließlich mit den Händen gegessen hat. Für Kobe soll das Festival dieses Lebensgefühl widerspiegeln, das sie in Ghana kennengelernt hat.

Sie, Pamela und Kwame Owusu wollen eine Brücke zwischen den Kontinenten bauen und die neue Generation der „Afropeans“ versammeln. „Es ist die Verschmelzung der afrikanischen mit der europäischen Kultur“, sagt Owusu. Ihr schwebte ein Ort vor, an dem sich alle wohlfühlen. Beim Fest im Oktober waren viele Paare mit unterschiedlichen Hautfarben da, wie auch Liane Kobe und Kwame Owusu eines sind. Bei ihren Kindern konnten sie beobachten, dass diese regelrecht aufblühten. „Das ist wichtig für sie, dass sie mal nicht in der Minderheit sind“, sagt Kobe. Dabei ist eine alte Küchenregel nicht nur aufs Essen anwendbar: Je vielfältiger, desto besser.

Für die kulinarische Vielfalt auf dem Festival in der kommenden Woche war den dreien ein Nigeria-Stand besonders wichtig – und ihre Überzeugungsarbeit im Ebe Ano erfolgreich. Das Restaurant ist mit einer Garküche dabei. Natürlich wird es Egusi geben.

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