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Gesundheit: Bildung: "Wir sortieren die Schüler zu früh"

Andreas Schleicher ist Chef-Bildungsstatistiker bei der OECD in Paris und internationaler Koordinator des Schulleistungstests Pisa. Welche deutschen Ergebnisse halten Sie für besonders wichtig?

Andreas Schleicher ist Chef-Bildungsstatistiker bei der OECD in Paris und internationaler Koordinator des Schulleistungstests Pisa.

Welche deutschen Ergebnisse halten Sie für besonders wichtig?

Im Ländervergleich fallen besonders die großen Leistungsschwankungen auf. In keinem anderen der 32 untersuchten Staaten sind die Leistungsunterschiede zwischen den guten und den schlechten Schülern so groß wie in Deutschland. Und der soziale Hintergrund der Jugendlichen beeinflusst den Schulerfolg in der Bundesrepublik so stark wie in keinem anderen Industrieland.

Wie kommt das?

Begünstigt wird dieser große Einfluss des Elternhauses durch das frühe "Sortieren" der Schüler nach Schularten - von Hauptschule bis Gymnasium, dazu kommt noch ein relativ großer Anteil von Sonderschülern. Kaum ein anderes Industrieland der Welt teilt seine Schüler so früh auf. Entscheidungen, die so früh getroffen werden, lassen sich später schlecht oder gar nicht mehr korrigieren.

Sollte man die Schüler erst später trennen?

Bei den in Pisa erfolgreichen Bildungssystemen kann man sehen: Wenn überhaupt sollte man Schüler nur nach Leistungen in den Fachgebieten sortieren. Flexibilität und Durchlässigkeit sollten bei dieser Schulreform-Diskussion die Schlagworte sein.

Sehen Sie weitere Erklärungen für die schlechten deutschen Ergebnisse?

Man muss sich dafür die Aufteilung der Schulleistungen ansehen: Im obersten Leistungsbereich haben die deutschen Schüler zwar nicht sehr gut, aber doch ungefähr im Durchschnitt der OECD-Staaten abgeschnitten. Das deutsche Bildungssystem bringt aber überproportional viele schlechte Schüler hervor. Das zieht das Gesamtergebnis nach unten. Schon in den jährlichen OECD-Bildungsreports ("Bildung auf einen Blick", die Red.) kann man ablesen, dass in Deutschland Bildungsinvestitionen im unteren Bereich fehlen, also an den Grundschulen. In der Sekundarstufe II ist es dagegen unter den Geld-Spitzenreitern.

Muss man umverteilen?

Ja, das ist ein Problem der falschen Verteilung. Dass es dann auch noch Kindergartengebühren gibt, das Studium aber gebührenfrei bleibt, ist meiner Meinung nach nicht mehr nachvollziehbar. Im Kindergarten geht es doch nun wirklich um Chancengleichheit. Wenn man dort Defizite nicht ausgleicht, hat man später keine Chance mehr. Überdies leistet es sich Deutschland bisher, im Vergleich mit anderen Staaten den Grundschülern täglich nur wenige Unterrichtsstunden zu erteilen. Und relativ wenige Kinder besuchen den Kindergarten.

Welche Bildungssysteme haben sich bei Pisa als besonders gut erwiesen?

Finnland, Japan und Korea zeichnen sich alle durch gute Gesamtleistungen bei geringen Leistungsunterschieden aus. Sie haben gleichwohl mehr Schüler in der Spitzengruppe als Deutschland. All diese Staaten haben integrative Schulsysteme mit einer relativ langen gemeinsamen Schulzeit der Kinder. Das ist allerdings nicht dasselbe wie die deutsche Gesamtschule, denn sie differenzieren intern stärker. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Förderung. In (Süd-) Korea sind die Schulen beispielsweise sehr darauf bedacht, schwache Schüler zu fördern. Die Eltern unterstützen das.

Welche deutschen Ergebnisse halten Sie für be

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