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Gordon Matthew Summer, auch bekannt als Sting, hat mit seiner Frau Trudie ein Gut südlich von Florenz gekauft. Sein Wein gedeiht dort biodynamisch.

© Mauritius Images

Weine mit großen Namen: Prominent abgefüllt

Musiker, Quizmaster, Schauspieler – ob als Besitzer von Weingütern oder Partner von Winzern: Immer mehr Weine tragen die Namen von Stars. Wir haben sie probiert.

Was verspricht eine Flasche, der Til Schweiger den Namen seiner Tochter gibt? Hilft es, wenn Sting seinen Weinen im Keller zur Gitarre etwas vorsingt? Bezahlt man bei Weinen von Prominenten eigentlich den Namen mit? Diesen Fragen wollen wir mit dieser Verkostung nachgehen. Eines stand vorab schon fest: Noch nie gab es so viele Abfüllungen, hinten denen bekannte Namen stehen. Das liegt daran, dass Wiedererkennungseffekte im unüberschaubaren Weinmarkt guten Erfolg versprechen. Auch sind eingeführte Weingüter eine lohnende Investition für Stars, die sonst schon alles haben. Außerdem zu beobachten: Sich für Wein zu interessieren, schadet dem Image auch jüngerer Prominenter nicht, siehe Joko Winterscheidt und Matthias Schweighöfer. Viele wählen dabei den Weg der Kooperation und suchen sich einen Winzer, mit dem sie zusammen einen Wein auf die Flasche bringen. Ist ja auch weniger Mühe, als im Weinberg zu schuften. Angelina Jolie und Brad Pitt (fehlende Harmonie) sind nicht dabei, auch Gérard Depardieu und Francis Ford Coppola setzen diesmal aus.

Für unsere Promiwein-Verkostung haben wir uns Verstärkung eingeladen: Alexandra Rehberger, Köchin und Sommelière, berät herzerfrischend in der Charlottenburger Weinhandlung Viniculture. Für den Tagesspiegel am Glas: Restaurant-Kritiker Bernd Matthies, Genuss-Chef Kai Röger und Weinexperte

1. Günther Jauch

Immer der Quote auf der Spur, das ist Jauch auch beim Wein. Aldi bietet einen Weißen und einen Roten mit dem Konterfei des Quizmasters an. In den Flaschen befindet sich aber kein Tropfen von Jauchs Top-Weingut von Orthegraven. Für den Discounter werden die Weine in einer Großkellerei zusammengestellt. 2017 Günther Jauch Cuvée weiß, 5,99 Euro: Riesling-Charakter, erkennen alle Verkoster. „Aber man möchte gar nicht wissen, was da sonst noch drinsteckt“ (Matthies). „Nix für Oma, zu zitrisch“ (Amling). „Einstieg, der Spaß macht“ (Rehberger). „Nicht auf Gefälligkeit getrimmt, ungeschminkt, leicht“ (Röger). 2017 Günther Jauch Cuvée rot, 5,99 Euro: „Top-Überraschung. Kühler, französischer Stil, gefällt mir“ (Rehberger). „Deutsche Rotweinspezialisten spielen für drei Euro mehr in einer ganz anderen Liga“ (Matthies). „Mutig, hier nicht die Nummer fett-schmeckt-jedem zu gehen“ (Röger). „Gekühlt zur rustikalen Paté probieren, als germanischer Beaujolais“ (Amling). Zum Kontrast, ein Jauch aus eigenen Trauben: 2016 Max Riesling trocken, von Orthegraven, 12,90 Euro: „Da merkst du die Klasse von Jauchs Kellermeister“ (Rehberger). „Schön eingebundene Süße, leicht und doch gehaltvoll“ (Röger). „Schwingt schön klassisch“ (Amling). „Viel Saar für nicht wenig Geld“ (Matthies).

TV-Moderator Günther Jauch auf dem Hausberg seines Weinguts "von Othegraven" in Kanzem an der Saar.
TV-Moderator Günther Jauch auf dem Hausberg seines Weinguts "von Othegraven" in Kanzem an der Saar.

© Jörg Carstensen/dpa

2. Joko Winterscheidt & Matthias Schweighöfer

Jungwinzerin Juliane Eller aus Rheinhessen ist mit Moderator Joko Winterscheidt und Schauspieler Matthias Schweighöfer befreundet, man trinkt gerne Wein zusammen. Die Jungs seien „extrem fit“ beim Probieren. Zum Helfen im Weinberg reicht ihre Zeit nie, für ein gemeinsames Label aber schon. 2017 III Freunde Grauburgunder, 9,90 Euro: „Ohne plakative Frucht, frisch, kein Kitsch“ (Röger). „Weckt die Sehnsucht nach einem Wein für altgewordene Freunde: knarzig, kompliziert und fast ungenießbar“ (Matthies). „Easy für den Mädelsabend“ (Rehberger). „Spürbare Reife, etwas aufgesetzte Säure, drei Euro zu teuer“ (Amling). 2017 III Freunde Rosé, 9,90 Euro: „Die Freunde waren schon müde vom Grauburgunder, als der Rosé dran kam“ (Matthies). „Typisch deutscher Rose, der des Winzers Sortiment vervollständigen soll, aber wenig Leidenschaft erfährt“ (Röger). „Mit Kohlensäure vergeblich aufgepeppt, fünf Euro zu teuer“ (Amling). „Könnte mit Eiswürfeln eine annehmbare Bowle abgeben“ (Rehberger).

"III Freunde": Moderator Joko Winterscheidt und Schauspieler Matthias Schweighöfer (rechts) haben sich mit Jungwinzerin Juliane Eller in Rheinhessen zusammengetan.
"III Freunde": Moderator Joko Winterscheidt und Schauspieler Matthias Schweighöfer (rechts) haben sich mit Jungwinzerin Juliane Eller in Rheinhessen zusammengetan.

© promo/Holger Talinski

3. Dieter Meier

Auf seiner Ranch im argentinischen Mendoza widmet sich Meier der Zucht von Rindern und dem Anbau von Wein. Beides bietet er in Bio-Qualität in eigenen Restaurants an. Meier wurde berühmt als Stimme des Pop-Duos „Yello“, reüssierte aber auch als professioneller Kartenspieler und Bildender Künstler. 2016 Puro Malbec, 13,90 Euro „Straffe Tannine, dicht, typisch und nicht zu süßlich. Wo bleibt das Steak?“ (Matthies) „Ziemlich OK wenn Freunde zum Grillabend kommen, die unkomplizierte Rotweine mögen“ (Röger) „Üppig, reif, viel Gerbstoff. Für Liebhaber von Powerstoff“ (Rehberger). „Dem Jahrgang fehlt Frische, Frucht leicht marmeladig“ (Amling). 2012 Malo Selection, um 45 Euro „Zigarre zum Trinken, sollte ,Screaming Condor‘ heißen. Ein Schluck: Huiii! Zweiter Schluck: satt. Solche Blockbuster sind sooo 20. Jahrhundert“ (Matthies). „Hat von allem zu viel, was auch eine Qualität darstellt, quasi ein Hummer SUV zum Preis eines Porsche Cayenne“ (Röger). „Meier will zeigen, dass in Argentinien Top-Bioweine möglich sind. Recht hat er, nur nicht mit diesem schwerfälligen Wein“ (Amling). „Wer 15 Prozent trinken will, die man auch merkt“ (Rehberger).

Dieter Meier, berühmt geworden als Stimme des Pop-Duos Yello, baut auf seiner Ranch im argentinischen Mendoza Bio-Weine an.
Dieter Meier, berühmt geworden als Stimme des Pop-Duos Yello, baut auf seiner Ranch im argentinischen Mendoza Bio-Weine an.

© David Heerde

4. Franz Beckenbauer

Swartland ist eine der aufregendsten Weinbauregionen in Südafrika. Das extreme Klima erfordert jedoch Fingerspitzengefühl. Beckenbauer hat als Kopf einer kleinen Gruppe in das Weingut Lammershoek mit 80 Hektar Reben investiert. Die teuerste Flasche heißt seitdem „Libero“. 2015 Chenin blanc Reserve, 23,50 Euro: „Da sollte der südafrikanische Chenin mal mit Karacho und High-End-Weinmacherei über seine Grenzen getrieben werden – aber da drüben ist irgendwie nichts“ (Matthies). „Eine Granate auf dem Feld. Zuerst sehr ausgewogen, kräftig, souverän. Doch in der zweiten Halbzeit baut er ab, wirkt ein bisschen überreif und bemüht, aber nicht mehr spritzig. Wäre er ein Libero, müsste man ihn in der 55. Minute auswechseln“ (Röger). „Enttäuschend, wie sich die Weine seit dem Eigentümerwechsel verändert haben“ (Rehberger). „Beginnt wunderschön, stürzt aber tief – und bleibt bitter im Mund“ (Amling).

5. Sting

Südlich von Florenz hat Gordon Matthew Summers ein toskanisches Gut erstanden und baut dort biodynamisch Gemüse und Wein an. Sting singt für die Dorfleute und den reifenden Wein im Keller. Die Flaschen tragen Namen seiner Songs, auf dem Korken steht „S.O.S“. 2016 Message in a bottle, 14,90 Euro: „Die wesentliche Botschaft, die in dieser Flasche steckt, lautet: Man kann Chianti auch außerhalb des Chianti machen, muss aber nicht. Und erst recht nicht so teuer“ (Matthies). „Braucht dringend Luft, dann auch typisch, kirschfruchtig und fein zu trinken, aber nicht zu diesem Preis“ (Rehberger). „Ein rustikaler Roter, der für den halben Preis Spaß machen kann. Wer mehr Sting will, muss mehr investieren, z.B. in ,Casino delle Vie‘ (19,90 Euro)“ (Amling). „Am Anfang knattert er noch los, die Säure pierct die Zunge, dann aber wird’s fad und redundant, er wirkt schon jetzt über dem Zenit. Wie ein alternder Bassist, den man auf der Bühne vergessen hat“ (Röger).

"Message in a bottle": Sting bei der Weinprobe auf seinem Gut in der Toskana.
"Message in a bottle": Sting bei der Weinprobe auf seinem Gut in der Toskana.

© Mauritius Images

6. Til Schweiger

Er hat eine Finca und ein Restaurant, natürlich braucht Schweiger auch eigene Flaschen „From Grape Til Wine“. Um den Inhalt kümmert sich Jochen Dreissigacker. Der Winzer aus Rheinhessen ist selbst beinahe prominent, hat schon für Tim Raue Abfüllungen kreiert und findet: „Til hat viel Geschmack und Sachverstand.“ 2017 Grauburgunder Luna, 9,95 Euro: „Hatte da wirklich Til Schweiger die Finger drin? Müsste eigentlich ,Vier Freunde‘ heißen, weil er noch einen Tick komplexer und anhaltender ist“ (Matthies). „Frisch und trinkfreudig, mit Körper und Schmelz. Eine Punktlandung wenn man irgendwo eingeladen ist. Dann hat man auch gleich ein flottes Gespräch über Wasserpreise in Hamburger Restaurants an der Hand“ (Röger). „Überraschend vielschichtig, guter Speisenbegleiter, bestes Preis-Leistungs-Verhältnis“ (Rehberger). „Zarte Röstaromen in der Nase, sorgfältig gemacht, lange Freude“ (Amling).

Die Tester. Ulrich Amling, Alexandra Rehberger, Kai Röger und Bernd Matthies.
Die Tester. Ulrich Amling, Alexandra Rehberger, Kai Röger und Bernd Matthies.

© Mike Wolff

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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