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Vorher-Nachher-Bilder: Wie das Rostkreuz verschwand

Am Ostkreuz geht die neue Südkurve in Betrieb, einer der letzten Meilensteine im zwölfjährigen Umbau. Wer erinnert sich noch an den alten Bahnhof?

Nichts ist mehr übrig von der rostigen Brücke mit dem weißen S auf grünem Grund. 2006 fuhr der letzte Zug über die sogenannte Nordringkurve am Ostkreuz.

Vermummte stahlen das historische Logo. Anders als auf der anderen Seite der Gleise, wo am Sonntag mit der Wiedereröffnung der Südringkurve ein weiterer Meilenstein beim Ostkreuz-Umbau geschafft war, wurden Brücke und Bahndamm abgerissen. Nur die gekrümmten Bordsteinkanten an der Sonntagstraße erinnern noch an den Zugang aus dem Travekiez zum Bahnhof.

Den Weg zum Zug säumten einst ein "Frisör für den Herrn", die Bude eines asiatischen Blumenhändlers und ein Ketwurstwagen. Die DDR-Hot-Dogs haben Wende und Umbau bis heute überlebt und werden nun direkt auf dem Gleis verkauft.

Kurz hinter der Brücke stand ein kleiner, weiß gestrichener Flachbau - die Eingangshalle. Alles weg, alles Vergangenheit. Weil die Bahn auf eine Nordkurve verzichtet, öffnet sich ungenutzter Raum vor dem Bahnhof. Im Dezember 2017 ist der geplante Platz noch eine abgezäunte Baustelle voll aufgewühlter Erde.

Fußgängerbrücke und Wohnhaus überstehen den Umbau

Immerhin wird die historische Fußgängerbrücke wieder aufgebaut. Auch das alte Bahnbeamten-Wohnhaus bleibt stehen. Denkmalschützer haben seinen Abriss verhindert. Wie ein Bote aus einer vergessenen Zeit hält sich der ruinierte Zweigeschosser auf der Großbaustelle. Im Architekten-Entwurf ist der ganze Bereich gepflastert, eine Straßenbahn fährt bis unter die Ringbahnhalle. Südwestlich erhält der Rudolfkiez seinen Zugang, auch für die Bewohner der Rummelsburger Bucht und des nordöstlich gelegenen Kaskelkiezes entsteht jeweils ein eigener Vorplatz.

Das alte Ostkreuz war bis zu seinem langsamen Verschwinden ein rostiges Provisorium. Auf den Bahnsteigen liefen Fahrgäste noch über die gusseisernen Deckel der Kabelschächte aus Kaisers Zeiten. Viel zu viele Menschen drängten sich beim Umsteigen über die im Winter rutschigen Treppen. In einigen der vielen Ecken roch es beständig nach Fäkalien. Der Bahnsteig A an der alten Südkurve der S9 war bis zum September 2009 ein entlegener, in der Großstadt kaum vermuteter Ort der Ruhe. Wer hier ausstieg, stand zwischen hohem Unkraut. Auf der anderen Seite hin wurzelten längst Bäume im Gleisbett der schon früher stillgelegten Nordkurve. Nur eine Treppe führte herab zum nächsten Bahnsteig.

Elf Jahre Großbaustelle

Die DDR hatte den Bahnhof sanieren wollen, scheute aber das teure Großprojekt. Erst 2006 startete der überfällige Umbau im laufendem Betrieb. In elf Jahren wurde der Bahnhof niedergerissen und an Ort und Stelle neu aufgebaut. Ständig hasteten die Fahrgäste auf anderen Wegen durch die Baustelle. Straßen und Bahnstrecken wurden gesperrt, riesige Brückenteile montiert, neue Trassen gelegt - und die ganze Zeit über hatten Anwohner den Lärm zu ertragen. Wenn im nächsten Jahr die Bauarbeiten enden, liegt man zwar nicht mehr ganz im Plan. Zwei Jahre Verzögerung klingen aber nicht nach einem Flughafen-Desaster.

Beton, Stahl und Glas ersetzen das Rost-Ambiente des alten Bahnhofs. Von oben sieht es fast aus, als habe der Knotenpunkt mit seiner großen Halle einen Bauch angesetzt. Doch die Größe scheint angemessen für einen der am stärksten genutzten Bahnhöfe Deutschlands: 100.000 Menschen steigen hier täglich ein, aus- oder um. Sie haben es eilig und brauchen mehr Bewegungsfreiheit. Aus der neuen Ringbahnhalle hat die Bahn allerdings das Tempo mit einem Parcours aus Verkaufsständen schon wieder herausgenommen.

An Radfahrer wurde kaum gedacht

Noch etwas lässt sich kritisieren am neuen Ostkreuz: Man hätte bei der Planung an die Bedürfnisse des stark gewachsenen Radverkehrs denken können. Für ein Fahrradparkhaus wäre durchaus Platz auf einem der Vorplätze, das Projekt wird diskutiert. Zudem wurde die Kynastbrücke so schmal wieder aufgebaut, dass nur auf einer Seite Platz für einen Radweg blieb. In Richtung Norden kommen Radfahrer verständnislosen Autofahrern gefährlich ins Gehege.

Als das Ostkreuz noch ein Rostkreuz war: Sehen Sie in dieser Fotostrecke Bilder des verschwundenen Bahnhofs

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