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Soll schon Kanzlerin Merkel und Künstler Ai Wei Wei gefallen haben: Das Jolly gegenüber der Museumsinsel

© Jolly/ promo

Von Tisch zu Tisch - die Restaurantkritik: Wo die Kanzlerin chinesisch essen geht

Bilderbuchlage, tolles Ambiente, ein echter Geheimtipp: Das "Jolly" ist ein Chinarestaurant mit sehr guter authentischer Küche.

Welch ein Ambiente! Das „Jolly“ liegt direkt gegenüber der Museumsinsel. Man kommt in einen großzügig und luftig mit edlen Materialien und moderner Kunst ausgestatteten Raum, dezente Weihnachtsdeko, große Showküche, sehr bequeme Möbel. Der Fama nach schätzt es der Künstler Ai Wei Wei ebenso wie die Kanzlerin. Es gibt sogar Peking-Ente, und zwar nicht nur die große Variante für mehrere Personen, sondern auch die Single-Portion als Vorspeise. Außerdem wuselt ziemlich viel aufmerksames Personal herum. Obwohl noch Tische frei waren, wollte uns der Oberkellner an einen kleinen Tisch zwischen zwei größere Gesellschaften quetschen. Mit etwas Überredungskunst erbeuteten wir dann doch einen größeren Tisch am Fenster, wo man sich ungestört unterhalten konnte.

Spezialitäten wie Quallenstreifen werden serviert

Deutschkenntnisse sind hier vorhanden, aber nicht übermäßig ausgeprägt, dafür gibt es authentische Spezialitäten wie Quallenstreifen. Neben den teils sehr gehobenen Flaschenweinen gibt es eine gute Auswahl offener Weine. Den Pfälzer Riesling fand ich zu den aromenreichen Speisen etwas zu säuerlich-herb (0,5 l zu 13 Euro). Besser war der Rosé aus dem Languedoc, geschmacklich trockener und angenehm beerig (0,5 l zu 13 Euro).

Schön, dass es Fingerfood als Vorspeise gibt, schnörkellos auf einem eigentlich zu kleinen ovalen Teller angerichtet: zwei knusprig ummantelte Garnelen, zwei Spießchen mit zartem Huhn und zwei kleine Gemüserollen mit einem scharfen Süß-Sauer-Dip (7,90 Euro). Die zweite Vorspeise war grandios. In einem Bambuskorb dampften acht hauchdünne chinesische Pfannkuchen. Dazu ein Tablett mit Juliennes von Lauch und Gurke und einer satten Portion der klassischen Pekingsauce. Sie hatte durchaus süßliche Geschmackskomponenten, aber insgesamt mehr Umami, ist also kräftiger im Geschmack. Dazu gab es ein weiteres Tablett mit vorbildlich zarten, hauchdünnen Entenscheibchen (19 Euro).

Der Service arbeitet schnell

Gestaunt habe ich, wie flott der Service arbeitete. Da ist man ja nicht verwöhnt in Berlin. Ein bisschen mehr Muße könnten sich die tüchtigen Kellnerinnen beim Abräumen der Teller lassen, man möchte sie auch nicht verteidigen müssen. Auch wäre es schön, wenn die Gerichte zeitgleich serviert würden. Das klappte auch bei den Hauptgerichten nicht ganz. Zunächst stand der Tintenfisch mit allerlei bissfesten Gemüsesorten neben einer Schüssel Reis auf dem Tisch, sehr zarter Oktopus, die Brokkoli- und Blumenkohlröschen dagegen fast noch roh, dazwischen knackige Paprikawürfel, schwarze Bohnen und Geschmacksnoten von Ingwer und Knoblauch. Scharf, aber nicht zu scharf. Ebenso das Rindfleisch, das auf der Karte eigentlich mit drei Schoten gekennzeichnet ist. Die Scheibchen hatten zwar einige knorpelig-fette Stückchen, aber die guten waren in der Überzahl und lagerten, gemischt mit Möhrenscheiben und Chiliwürfeln, auf leicht angegarten, saucendurchtränkten Basilikumblättern (16,90 Euro).

Sehr zu empfehlen: Klebereisbällchen zum Abschluss

Ein süßer Abschluss sollte aber doch noch sein, und der bescherte mir das bislang beste Klebereisbällchen-Erlebnis, an das ich mich erinnern kann. Insgesamt wurden vier davon aufgetragen, jedes von der Größe eines Schokoladentrüffels. Außen dicht mit Sesam bestreut, innen gefüllt mit Sesampaste, waren sie auf zwei verschiedene Arten cremig-süß. Von der Dosierung und vom Geschmack her wirklich gut geeignet für ein Dessert (3,90 Euro). Schon von der Gestaltung her möchte ich diesen Nachtisch auch anderen ethnischen Lokalen zur Nachempfindung empfehlen. Zur Abrundung eines Mahles reicht ja oft ein Hauch von Süße.

Wir gingen mit diesem typisch berlinischen Gefühl, dass die Stadt abseits von allen gehypten In-Plätzen doch immer noch voller angenehmer Überraschungen steckt.

Jolly, Am Kupfergraben 4 - 4a, Mitte, Tel. 20059500, geöffnet täglich außer Heiligabend von 12 Uhr bis 22.30 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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