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Pavillon-Restaurant im Kleinen Tiergarten: Das "Alverdes" in Moabit.

© Alverdes/promo

Von Tisch zu Tisch - die Restaurantkritik: Modern-mediterran im Kleinen Tiergarten

Im kulinarisch vernachlässigten Moabit gibt's was Neues – das "Alverdes" ist ein modernes Restaurant mit mediterraner Fusionküche.

Diese Stadt birgt so manches Geheimnis, das sich auch langjährigen Einwohnern nicht erschließen will. Warum geht im abgelegenen Neukölln seit Jahre die kulinarisch szenige Gentrifizierung voran, während das mittige Moabit in dieser Hinsicht im Tiefschlaf verharrt? Ein vielversprechender Weckruf in Gestalt des „Ritchwater & Mitchell“ ist auch schon wieder verhallt.

Aber kaum macht ein neues Einkaufszentrum auf wie das Schultheiss-Quartier, geschehen Zeichen und Wunder. Wo früher im Kleinen Tiergarten ein wenig einladend wirkendes Café stand, lockt seit einigen Monaten ein verglaster Pavillon mit großzügigem Biergarten und moderner, von Fusion-Elementen inspirierter Küche. Schwarz-Weiß-Fotografien und eine gut bestückte Bar setzen im Inneren hippe Akzente. Dieser Ort, der lange ein etwas finsteres Image hatte, wirkt nun plötzlich licht und zukunftsfroh. Das liegt auch am Blick auf die beleuchteten Straßenecken zwischen Alt-Moabit und der Turmstraße, die aus dieser Perspektive auf urbane Weise malerisch wirken.

Das Pavillon-Restaurant wertet den lange vernachlässigten Park auf

Der Service war freundlich und so kommunikativ, dass wir auch ein bisschen was lernten über die Mühen des Studentenlebens, wenn man bis tief in die Nacht arbeiten und früh wieder lernen muss. Um uns herum wurde Englisch gesprochen, was in Neukölln schon lange normal ist, aber hier, wo die türkische Sprache allgegenwärtig ist, eben noch nicht.

Von der ganz achtbar bestückten Weinkarte wählten wir den Rosé Merlot von Heinrich Gies, der in einem gigantischen Weinkühler mit viel Eis serviert wurde und zu den Speisen mit seiner kräftigen Frucht gut passte (21 Euro). Die Auberginencreme war für eine appetitanregende Vorspeise leider deutlich zu dezent gewürzt, und auch der Thymian entfaltete da keine volle geschmackliche Wucht. Zerbröckelter Schafskäse brachte angenehme Salznoten hinein, dazu gab es konfierte Tomaten, was immerhin hübsch aussah. Die Konsistenz hätte noch etwas Schliff vertragen können, das war streckenweise eher etwas poltrig, statt fein (6,50 Euro). Dafür war die Portion ziemlich groß. Die Kürbissuppe war angekündigt mit Koriander und Chilifäden, wirkte auf der Zunge aber vor allem sahnig, von modischer Schärfe oder irgendeinem überraschenden Kick fanden wir allerdings keine Spur. Einige grüne Bitterkräuter immerhin setzten einen besonderen Akzent (5,50 Euro).

Am besten war der Lammspieß mit mild gewürztem Kräuterjoghurt

Aus der vegetarischen Abteilung wählten wir die cremige Burrata, die auf einem in dieser Kombination ungewöhnlich sauren Mittelmeergemüse-Mix aus Zucchini, Auberginen und Paprika lagerte. Die frischen Feigen passten gut dazu, Honig, Minze und Pinienkerne verteidigten elegant die milde Burrata gegen die unerwartete Sauerattacke (10,50 Euro).

Am besten war der Lammspieß. Er wurde ohne Spieß serviert und das Fleisch war schön scharf und stimmig gewürzt, dabei zart und exakt richtig gebräunt. Vielleicht ist Lamm das Leib- und Magenrezept des Kochs. Dazu gab es mild gewürzten Kräuterjoghurt. Ein Tiefpunkt waren die Pastinaken-Pommes-Frites, zäh, glatt, nicht wirklich lecker, eher eine unnötige Kaumühsal (15,50 Euro).

Das Schokoküchlein zum guten Schluss kam verdächtig schnell, vermutlich aus der Retorte. Außen Kuchen, innen flüssiger Kern, das dauert normalerweise lange. Der Kern war mit Beerenragout geschickt vermischt, dazu passte ein weißes Nougateis im Knusperkrokantmantel. Als süßer Abschluss ging das, auch wenn nicht über die Maßen raffiniert, ganz gut durch (7,50 Euro).

Ein vielversprechender Anfang ist gemacht. Wenn die Rezepte noch ein bisschen in Richtung Abenteuer kreativ überarbeitet werden, wird die Anreise leichter fallen.

Alverdes, Stromstr. 108, Mitte, Tel. 39 42 978, geöffnet täglich ab 10 Uhr.

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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