zum Hauptinhalt
Die Bar Brass im Skulpturenforum der Bildgießerei Noack in Charlottenburg.

© Bar Brass/promo

Von Tisch zu Tisch - die Restaurantkritik: Fein speisen in der Skulpturengalerie

Staunen und essen in der Bildgießerei Noack: Die "Bar Brass" ist architektonisch ein großer Wurf mit Spreeblick und weltläufig moderner Küche.

Wir freuen uns ja immer, wenn es mal was zu entdecken gibt, was nicht in Mitte, Prenzlauer Berg oder Neukölln liegt – schon wegen der Ausgewogenheit, und weil es viele anspruchsvolle Gäste gibt, die woanders wohnen und nicht immer halbe Tage mit An- und Abfahrt verbringen wollen. Die „Bar Brass“ liegt in Charlottenburg, allerdings auch wieder in einer Ecke des Bezirks, die niemand auf dem Zettel hat. Am Spreebord 9 – nie gehört.

Das Rätsel löst sich allerdings von selbst, wenn man weiß, dass das der neue Standort der berühmten Friedenauer Bildgießerei Noack ist. Im Gebäude war wohl noch Platz, und deshalb wurde hier nun ein außergewöhnlich großzügig geschnittenes, wertvoll ausgestattetes Restaurant mit hohen Räumen und bestem Licht implantiert, das schon von außen anziehend wirkt, großstädtisch im besten Sinn, wenn auch nicht unbedingt kuschelig. Und die großteils nackten Schulstühle sind unbequem, leider. Wollte der Architekt das so, oder war das Budget da am Ende?

Gelassene Moderne ohne extremen Regional-Stil

Soviel zur Sitzkritik, der hier nun eine durchaus erfreute Restaurantkritik folgt. Der tiefstapelnde Name „Bar“ besagt ja schon, dass es hier leger zugehen soll, und besonders überraschend finde ich, dass diese Bar an allen, wirklich allen Tagen mittags und abends geöffnet ist – wenn das mal gut geht ... Die kleine Speisekarte verrät nicht allzuviel, weil sie zwar einen modernen Ton anschlägt und Vegetarisches bietet, aber keine Hinwendung zum extremen Regional-Stil andeutet. Gelassene Moderne könnte man das nennen, wobei überraschend sogar ein zeitgeistiges Tabu gebrochen wird: Es gibt Foie Gras, drei Stücke eines guten Produkts mit viel Schmelz und schöner Festigkeit. Und was der Küche dazu einfällt, ist in seiner Leichtigkeit und Feinheit durchaus mustergültig, sehr aromatische, kaum gesüßte Himbeeren, herber weißer Löwenzahn und Senfsaat für den knusprigen Biss (14 Euro).

Nicht weniger zufrieden waren wir mit dem warmen Topinamburgratin mit glasierten Birnen und Blauschimmelkäse nebst roh gehobelten Topinambur (zwölf Euro), das ebenfalls ein gutes Gefühl für Balance und Proportionen zeigten. Und die jungen Artischocken (Poweraden) kamen schön knusprig ausgebacken auf grünem Kressejoghurt (zwölf Euro).

Hauptgerichte werden hier klar als solche gekennzeichnet, es fehlt auch der populäre Hinweis „Zum Teilen“, wenngleich hier natürlich jeder teilen oder allein essen darf, wie er will. Zum Beispiel das schön feste, deshalb auch ein wenig übergarte Heilbuttfilet, das von Kräutersaitlingen, einem milden Amaranth-Püree und einem roten Schaum zu spannungslos begleitet wurde; die auch noch anwesenden, auf dem Holzkohlengrill schroff angerösteten und sauer marinierten Salatherzen brachten zwar kräftige Kontraste ins Spiel, schmeckten allerdings, wenn man sie sich mit dem Fischmesser gefügig gemacht hatte, zu dominant (24 Euro).

Die Bar ist jeden Tag mittags und abends geöffnet

Mehr Harmonie brachte das in Koteletts aufgeteilte Lammkarree mit, weil der ausgebackene Rosenkohl zurückhaltender auftrat und von Karottenpüree, Kürbiskernkrümeln und (wie immer zu wenig) dunkler Jus angemessen begleitet wurde (26 Euro).

Den gut schmeckenden Desserts mangelte es teils an Schliff, weil Campari-Granité, Myrteneis (wohl aus Likör) und weißer Schokoschaum bis zum Tisch schon ziemlich zerlaufen waren; der Möhrenkuchen mit Ananassorbet und Walnusskrokant schmeckte prima (zehn Euro).

Die Weine sind zwar gut ausgesucht und preiswert, aber das Angebot ist quantitativ dem Anspruch der Küche noch nicht angemessen. Der sehr freundliche Service macht seine Sache gut, und der preisgünstige Mittagstisch ist ein Extra-Argument. Ich rate dringend, hinzugehen.

Bar Brass, Am Spreebord 9, Charlottenburg, Tel. 38 30 32 00, geöffnet täglich von 10 bis 23 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false