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© dpa-Zentralbild

Verkehr: Potsdam liebt’s langsam: Tempo 30 statt Umweltzone

In der Landeshauptstadt soll es keine Einfahrverbote wie in Berlin geben. Alternativ werden Geschwindigkeitsbegrenzungen und neue Ampeln getestet

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Potsdam - In der Diskussion um die Einführung von Umweltzonen will Potsdam alternative Wege gehen. Auf fünf der wichtigsten Straßen der Landeshauptstadt soll für Autofahrer bald Tempo 30 gelten: Zeppelinstraße, Breite Straße, Behlertstraße, Kurfürstenstraße und Großbeerenstraße. Im nächsten Jahr will die Stadtverwaltung dann prüfen, wie mittels dieser Temporeduzierung und neuen Ampelschaltungen ein stetiger Verkehrsfluss erreicht werden kann. Dadurch solle die Belastung mit Schadstoffen in der Luft gesenkt werden, sagte Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Bündnis 90/Grüne). Eine Umweltzone mit Einfahrauflagen und -verboten wie in Berlin soll es in Potsdam vorerst nicht geben.

Der geplante Test und die begleitende Untersuchung sind Teil des Luftreinhalteplans der Stadt. Ob es dazu kommt, hängt allerdings noch von einem positiven Förderbescheid der Brandenburger Investitionsbank (ILB) ab. Handlungsbedarf besteht, weil ab 2010 wieder neue, europaweit gültige Grenzwerte gelten, die Potsdam im Fall von Stickstoffoxid voraussichtlich überschreiten wird. Ab 2010 dürfen an einer Straße nicht mehr als durchschnittlich 40 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Quadratmeter im Jahr gemessen werden – an zwei Straßen wird dieser Wert derzeit überschritten. Deshalb will Potsdam gemeinsam mit anderen Städten bei der Europäischen Kommission beantragen, dass die Einführung der neuen Grenzwerte bis 2015 ausgesetzt wird. Die Kommunen müssten mehr Vorlauf haben, um die strengeren Kriterien einzuhalten, sagte Baubeigeordneter Klipp.

Als realistisch wird in Potsdam angesehen, dass der Luftreinhalteplan bis Ende 2010 aktualisiert und bis Ende 2011 durch ein Stadtentwicklungskonzept Verkehr ergänzt wird. Erst danach werde sich herausstellen, ob Potsdam eine Umweltzone für die City nach Berliner Vorbild erhalte, heißt es. In Berlin und anderen deutschen Großstädten dürfen bestimmte Autotypen, je nach Schadstoffausstoß, nicht mehr in der Innenstadt fahren. Für Potsdam ist dies laut Klipp aber bislang nicht vorgesehen. „Der hohe Aufwand, der Mangel an Ausweichtrassen sowie der vergleichsweise geringe Nutzen sprechen derzeit dagegen“, meint der Beigeordnete. Wegen des besonderen Straßennetzes müsste das gesamte Stadtgebiet als Umweltzone ausgewiesen werden. Zur Vermeidung besonderer sozialer und wirtschaftlicher Härten wären zahllose Ausnahmegenehmigungen nötig.

Mit dem Vorhaben stellt sich die Potsdamer Verwaltung gegen die Forderung von Wissenschaftlern und Naturschützern, die erst jüngst wieder eine Umweltzone in Potsdam verlangt hatten. Beim Naturschutzbund (Nabu) stieß Potsdams Alternativweg jedoch auf Wohlwollen. Man könne auch „durch andere Methoden zum gleichen Ziel kommen“, sagt Landeschef Tom Kirschey. Nötig sei aber eine intensive Begleituntersuchung, die die Wirksamkeit von Tempo 30 überzeugend nachweise.

Kritik kam dagegen vom Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC). „Wir lehnen das ab“, sagte Michael Pfalzgraf, Sprecher des Regionalverbandes Berlin-Brandenburg. Bei Tempo 30 könne sich die Feinstaubbelastung sogar erhöhen. Durch das „ständige Bremsen und Anfahren“ werde mehr Kraftstoff verbraucht.

Nach Auskunft des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) ist Potsdam nicht die einzige Kommune, die verschiedene Alternativen zur Umweltzone prüft und mit begleitenden Untersuchungen ausprobiert. Fahrverbote und Tempolimits seien derzeit „deutschland- und EU-weit ein Thema“, sagt der Sprecher des Gemeindebundes, Uwe Zimmermann.

Für welche Lösung man sich letztlich entscheidet, hat die Stadtverwaltung selbst in der Hand. Obwohl auch Bundes- und Landesstraßen betroffen sind, liege die Zuständigkeit bei der kommunalen Straßenverkehrsbehörde, sagt der Sprecher des Verkehrsministeriums, Lothar Wiegand. „Wenn es gute Gründe für ein Tempolimit gibt, kann die Stadt das durchsetzen.“ Dazu zählten besonders Umweltaspekte.

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