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Börsennotierte Unternehmen schütten in diesem Jahr weltweit wohl 1,5 Billionen Dollar an ihre Aktionäre aus.

© Getty Images/iStockphoto

Wenn Konzerne ihre Gewinne ausschütten: Worauf Anleger bei Dividenden achten sollten

Wer sein Geld auf Tages- oder Festgeldkonten anlegt, bekommt fast keine Zinsen mehr. Sind Dividenden auf Aktien eine Alternative?

0,001 Prozent Zinsen für Tagesgelder und 0,10 Prozent für ein-Jahres-Festgelder sind derzeit eher die Regel als die Ausnahme. Oft gibt es noch weniger, nämlich gar nichts. Real, also nach Abzug der Inflation, liegen Spargelder durchweg dick im Minus. Drei, vier oder gar mehr als sechs Prozent Jahresrendite erhält dagegen derzeit, wer sein Geld nicht bei einer Bank lagert, sondern in Aktien anlegt. Demnächst beginnen hier wieder die Auszahlungstage: Die Dividendensaison steht an. Im April und Mai schütten die meisten deutschen Unternehmen Teile ihrer Gewinne an die Aktionäre aus. In den USA und teilweise auch anderswo in Europa ist dagegen das ganze Jahr Dividendensaison, denn die Unternehmen beteiligen ihre Eigner vierteljährlich an den Gewinnen.

Darum geht es

Die Dividende ist der Teil des Gewinns, den ein Unternehmen an seine Aktionäre ausschüttet. Da große Konzerne meist Millionen Aktien ausgegeben haben, sind das pro Papier oft nur ein paar Cent oder Euro. Trotzdem sollten sich Anleger von diesen niedrigeren Beträgen nicht täuschen lassen. Wichtiger ist für sie die sogenannte Dividendenrendite: Sie setzt die Dividende ins Verhältnis zum Aktienkurs und zeigt an, wie sich die Anlage verzinst. Weil der Aktienkurs schwankt, ist auch die Dividendenrendite keine feste Größe. Trotzdem können Anleger sich an ihr orientieren.

Derzeit bieten 16 Unternehmen im Dax Dividendenrenditen von mehr als drei Prozent. Neun zahlen mehr als vier Prozent und drei – BASF, Lufthansa und Covestro – sogar mehr als fünf Prozent. Im EuroStoxx der 50 größten börsennotierten Unternehmen der Eurozone ist teilweise noch mehr drin: Mit den Finanzunternehmen Axa, Société Générale, Intesa SanPaolo, ING und den BNP Paribas, den Energieunternehmen ENI und Total und dem Telekommunikationsanbieter Telefonica rentieren sich die Aktien von acht Unternehmen in diesem  Jahr mit mehr als sechs Prozent, einige davon sogar mit mehr als sieben Prozent.

Wie viel Konzerne auszahlen

Ist die Dividende – also die Beteiligung der Eigner oder Aktionäre an den Gewinnen – tatsächlich der „neue Zins“, wie einige Fondsgesellschaften es suggerieren? In der Tat werden die börsennotierten Unternehmen weltweit in diesem Jahr wohl neue Rekordsummen an ihre Anteilseigner ausschütten. Im vergangenen Jahr flossen insgesamt bereits 1,42 Billionen Dollar an die Eigner, hat der Vermögensverwalter Janus Henderson ausgerechnet. Das waren knapp 700 Milliarden Dollar mehr als vor zehn Jahren. Auch in diesem Jahr sieht Henderson die Ausschüttungen weiter steigen, um etwa vier Prozent auf 1,5 Billionen Dollar.

Die 160 Unternehmen aus Dax-, M-Dax und S-Dax werden in diesem Frühjahr wohl 49,4 Milliarden Euro verteilen, hat die Deka-Bank ausgerechnet, etwas weniger als im Vorjahr mit 50,2 Milliarden. Allerdings haben einige Unternehmen noch nicht bekannt gegeben, welche Ausschüttungen sie planen.

In Deutschland und teilweise auch in Europa werden die Zeiten für Dividendenjäger also etwas schwieriger. Während 2019 noch die Hälfte der Dax-Konzerne ihre Ausschüttungen anhob, gibt es in diesem Jahr erste Kürzungen. Daimler zum Beispiel wird der Hauptversammlung am 1. April vorschlagen, die Dividende für das zurückliegende Geschäftsjahr von 3,25 Euro auf 90 Cent zu kürzen. Weil das Betriebsergebnis für 2019 von 4,3 auf 2,4 Milliarden und damit um 61 Prozent eingebrochen ist, schmilzt auch die Gewinnbeteiligung der Aktionäre ab, um gut 72 Prozent. Auch bei Continental und BMW könnte mit Einschnitten zu rechnen sein, glauben Analysten. Die Deutsche Bank kann wegen hoher Verluste gar kein Geld ausschütten und die Deutsche Telekom kürzt die Überweisung an die Eigner wegen der hohen Kosten für die Mobilfunkauktion in Deutschland um zehn auf 60 Cent je Aktie, trotz eines Umsatz- und Gewinnanstiegs.

Der Daimler-Chef Ola Kaellenius musste zuletzt einen Gewinneinbruch von 61 Prozent vermelden. Das hat auch Folgen für die Höhe der Dividende.
Der Daimler-Chef Ola Kaellenius musste zuletzt einen Gewinneinbruch von 61 Prozent vermelden. Das hat auch Folgen für die Höhe der Dividende.

© REUTERS

Auch bei Mittelständlern wie Klöckner, Hella, Krones oder Pfeiffer Vacuum könnten die Dividenden schmelzen. Renault will am 5. Mai, kurz nach der Hauptversammlung, 70 Prozent weniger ausschütten als noch im Vorjahr. Die Dividendenrendite wird damit, gemessen am aktuellen Kurs der Aktie, von 5,13 auf 3,6 Prozent fallen. Umgekehrt erwarten die Analysten bei einigen Unternehmen auch einen Anstieg der Gewinnbeteiligung. So könnte etwa die Hälfte der Dax-Konzerne in diesem Jahr mehr an die Aktionäre verteilen, etwa Adidas, die Munich Re oder auch die BASF, die trotz schwacher Zahlen mehr überweisen könnte.

Dies zeigt: Wer auf Dividenden als Zinsersatz setzt, muss mit Unsicherheiten und Risiken klarkommen. Weder ist eine Ausschüttung garantiert, noch sind die Renditen stabil. Steigt der Kurs, schrumpfen sie, fallen die Kurse, bieten sie gelegentlich sehr hohe Renditen, die aber mit Vorsicht zu genießen sind. Denn sie bedeuten nicht automatisch, dass ein Unternehmen sehr gewinnstark ist, sondern nur, dass die Ausschüttung gemessen am Kurs hoch ist.

Auch gesunkene Kurse und somit schwache Bilanzzahlen treiben die Renditen. Bei Daimler etwa können Anteilseigner selbst nach der Dividendenkürzung noch 36 Mal mehr verdienen als mit 0,1-Prozent-Festgeldern. Dabei ist der Aktienkurs selbst auf Jahressicht um 15 Prozent gefallen. Auch die drei Dividendenrendite-Stars im Dax gehören von der Aktienperformance zu den Schlusslichtern: Die Lufthansa notiert auf Jahressicht 31 Prozent im Minus, der Kunststoff-Riese Covestro 23 Prozent und die BASF acht Prozent. Allerdings puffern die hohen Dividendenrenditen das Minus deutlich ab.

Verfechter von Dividendenstrategien machen andere Rechnungen auf. So ist der Anteil der Gewinnausschüttungen am Erfolg von Aktien erheblich. Ablesbar ist dies zum Beispiel an der unterschiedlichen Wertentwicklung des normalen Dax Performanceindex und des Dax Kursindex, der die Ausschüttungen nicht in das Punktekonto einbezieht. So hat der Dax Kursindex in den vergangenen fünf Jahren 8,3 Prozent zugelegt, der normale Dax inklusive Dividenden jedoch 24,8 Prozent. Langfristig und über alle Anlageregionen betrachtet geht etwa ein Drittel der Wertentwicklung auf das Konto von Dividenden.

So arbeiten Dividendenfonds

Viele Manager von Dividendenfonds setzen deshalb auch nicht zwangsläufig auf Dividendenkönige mit möglichst hohen Ausschüttungen, sondern schauen stärker auf die Nachhaltigkeit der Dividende. Im Fokus steht dabei vor allem, ob ein Unternehmen so gut gewirtschaftet hat, dass es regelmäßige, vielleicht sogar regelmäßig leicht steigende Gewinnbeteiligungen zahlen konnte. Einer der Dividenden-Aristokraten ist etwa der Konsumgüterriese Procter & Gamble, der für Marken wie Ariel, Pampers, Gillette oder Oral B bekannt ist und seit 63 Jahren ohne Pause steigende Dividenden auszahlt. Auch Colgate Palmolive, der Ölriese Chevron oder Coca Cola gehören zu den Dividenden-Aristokraten mit einer langen Historie steigender Ausschüttungen. Zudem achten Manager von Dividendenfonds darauf, ob die Ausschüttungen tatsächlich aus den operativen Gewinnen kommen oder ob gelegentlich die Substanz angezapft werden muss.

Procter & Gamble, für Marken wie Pampers bekannt, zahlt seit 63 Jahren steigende Dividenden aus.
Procter & Gamble, für Marken wie Pampers bekannt, zahlt seit 63 Jahren steigende Dividenden aus.

© REUTERS

Zu den Top-Positionen des DWS Top Dividende, mit 21,8 Milliarden angelegten Euro einer der größten Dividendenfonds, zählen Taiwan Semiconductor, die Allianz, Roche, Merck, Nippon Telegraph oder Verizon. Der Taiwanesische Halbleiterhersteller gehört gemessen an den ausgeschütteten Summen zu den 20 größten Dividendenzahlern der Erde, ebenso wie das Telekom-Unternehmen Verizon. Die Allianz befindet sich in vielen Dividendenfonds, weil der Versicherungskonzern grundsätzlich die Hälfte der Gewinne den Eignern zur Verfügung stellen möchte.

Der größte Dividenden-Titan der Welt ist derweil der Ölkonzern Royal Dutch Shell. Zwar ist 2019 der Gewinn eingebrochen. Dennoch hat der britisch-niederländische Ölkonzern im vergangenen Jahr knapp 16 Milliarden Dollar über Quartals-Dividenden ausgeschüttet. 2021 soll die Dividende sogar moderat steigen, plant der Ölkonzern.

In Zeiten stark steigender Märkte an den Börsen schneiden Dividendenanlagen deshalb oft schwächer ab als der Gesamtmarkt. Allerdings: die Tech-Firmen, traditionell eher schwache Dividendenzahler, holen auf. Microsoft und Apple etwa zahlten viele Jahre gar nichts, stehen inzwischen jedoch auf Rang vier und fünf der größten Gewinnausschütter. Wegen der parallelen Kurssteigerungen blieb die Dividendenrendite jedoch bescheiden: die Microsoft-Aktie rentiert mit 1,11 Prozent und Apple mit ein Prozent.

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