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Von Jugendstil bis Art Déco - Kännchen aus Porzellan.

© Martin Schutt/dpa

Nichts für Elefanten: Wie sich Porzellan als Geldanlage eignet

Über den Wert der Service entscheidet vor allem die Exklusivität sowie der Erhaltungszustand – und die aktuelle Mode.

Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Deswegen ist es auch kein Widerspruch, dass einerseits längst nicht mehr so viele Menschen es schön finden, mit einem Porzellanservice von Meissen zu speisen, gleichzeitig aber besondere Stücke aus den Manufakturen des weltbekannten Porzellanherstelllers aus Sachsen auf Auktionen Spitzenpreise erzielen. Erst Mitte November kündigte Meissen an, von den noch verbliebenen 619 Stellen weitere 200 zu kündigen. Nach der Wende hatten noch 1800 Menschen das Spitzenporzellan mit den gekreuzten Schwertern hergestellt.

Heute ist das Unternehmen zu 100 Prozent im Besitz des Freistaats Sachsen, der die in Jahrhunderten gewachsenen Traditionen wahren möchte, aber in den vergangenen Jahren Millionen zuschießen musste. Das „schwierige Umfeld in der Porzellanbranche und der stärker zu erwartende wirtschaftliche Abschwung in Kernmärkten zwingt zu einer Anpassung der Wachstumsaussichten“, erklärte das Unternehmen.

Auch anderen Porzellanherstellern geht es kaum besser. KPM, einst von Friedrich dem Großen gegründet, hatte 2006 beinahe Insolvenz anmelden müssen und wurde in letzter Minute vom Banker Jörg Woltmann übernommen. Elegante Coffee-to-go-Becher und Currywurstschalen aus feinstem Porzellan sollten seither die mäßige Kauflaune anheizen und mehr Zeitgeist in die Kollektion bringen. Dass dies nicht ausreichte, zeigt der jüngste Versuch einer Diversifizierung des Geschäfts: Woltmann eröffnete im Herbst ein KPM-Hotel in Berlin.

Mit Schönem Geld zu verdienen, bleibt im wahrsten Sinne des Wortes eine Kunst. Experten raten privaten Sammlern immer wieder, sich gezielt auf ein fest umrissenes Thema zu konzentrieren und sich dann zunächst detailliertes Wissen anzueignen. Allzu leicht fällt ein Neuling auf Fälschungen und wertlosen Ramsch herein. Und allzu schnell ruinieren Moden die einst erhofften Preissteigerungen oder auch den gewünschten Ertrag etwa eines von der Großmutter vererbten Meissen-Mokkaservices „Roter Drache“, das mangels Käufern nun nicht mehr 3000 Euro und mehr wert ist, sondern nur 1000 Euro und weniger.

Allerdings: Moden ändern sich. Aktuell registrieren einige Verkäufer wie Hersteller sehr zarte Hinweise auf eine Verbesserung der Lage. Man habe leichte Umsatzsteigerungen feststellen können, heißt es etwa bei Meissen. Auch Auktionshäuser registrieren wieder bessere Umsätze mit Porzellan. Immer öfter werden auch wieder der morgendliche Grüntee oder der Afternoon Darjeeling gerne aus feinen Tassen von Wedgwood, KPM, Sèvres, Herend oder Augarten getrunken.

Zustand ist entscheidend

Noch bleiben die Käufe aber selektiv. Das opulente Schwanenservice aus Meissen stellt sich kaum jemand in die Vitrine, ebenso wenig komplette Service für zwölf Personen und mehrere Tausend Euro. Allerdings erzielen zum Beispiel Teile des Schwanen-Porzellans, das ursprünglich mit über 2200 Teilen das aufwändigste Prunkservice des Barocks war und dessen Originalversion im Dresdner Zwinger zu sehen ist, bei Sammlern immer noch Spitzenpreise.

Entscheidend dabei ist nicht nur die aktuelle Mode, sondern auch ein exzellenter Erhaltungszustand und eine gewisse Seltenheit. So brachte ein 96-teiliges Schwanenservice aus dem Jahr 1976, als die DDR die Geschirrreihe neu auflegte, bei einer Auktion im Wiener Dorotheum im vergangenen Jahr 90.000 Euro ein. Allerdings hatte der Auktionator gehofft, einen Preis von bis zu 150.000 Euro zu erzielen. Sehr gefragt sind auch limitierte Figuren oder einzelne Exemplare, wie etwa eine zweieinhalb Jahrhunderte alte grazile Figur einer Kammerzofe aus Nymphenburger Porzellan, für die ein Sammler kürzlich 62 000 Euro hinblätterte.

Junge Menschen wollen es spülmaschinenfest

Wer ganz normales aktuelles Porzellan aus den Manufakturen von Meissen über Herend bis zu Augarten und KPM kauft, weiß immerhin: Anders als beim Ikea-Teller für 1,99 Euro, der im Müll landet, ist das Gekaufte auch in 20 Jahren noch etwas wert, vielleicht sogar mehr als heute. Gelten könnte das, je nach Entwicklung der Mode, beispielsweise auch für Varianten des Meissener Zwiebelservice oder des Prinz-Eugen-Geschirrs von Augarten, die heute beide für vergleichsweise wenig Geld über das Internet zu bekommen sind: zwar nicht neu, aber doch im perfekten Zustand.

Antonia Stubenberg, neue Geschäftsführerin bei Augarten, ist sich sicher, dass „exquisites Porzellan seinen Stellenwert behalten wird“. Hauptprobleme sei tatsächlich eine Sättigung des Marktes mit gebrauchter Ware. Wer sich für das Porzellan interessiert, erhält es – vitrinengepflegt – für einen Bruchteil des Neupreises. Problematisch sei zudem das weiter mangelnde Interesse junger Generationen, die nur auf geschirrspülsichere Alltagsware setzen würden. Porzellan werde verwendet und schnell wieder ausgetauscht.

Auch Kommoden sind günstig

Mit nur noch 50 Mitarbeitern und punktuellen Produkten wie Champagnerschalen versucht die Firma nun, neue Käufer ins Boot zu holen. 2003 hatte der Firmensanierer Erhard Grossnigg das damals bankrotte Unternehmen übernommen, räumt jedoch ein, dass er es weiter „aus reiner Leidenschaft und ohne Profitinteresse“ betreibe.

Deutlich geringere Preise als in der Vergangenheit erzielt gegenwärtig auch anderes, das Menschen noch vor 20 Jahren in größerer Zahl für schön und begehrenswert hielten. Kommoden oder Sekretäre aus der Biedermeierzeit wechseln trotz exzellenten Erhaltungszustands, professioneller Restaurierung und Schellackpolitur nur sehr selten zu Preisen von mehr als 4000 Euro den Besitzer.

Silberbesteck ist aus der Mode gekommen

Oft ist es deutlich weniger, vor allem bei Stücken mit einem mittelguten Erhaltungszustand. Vor 20 bis 30 Jahren konnte man sich glücklich schätzen, wenn man einen gut erhaltenen Sekretär aus der Biedermeierzeit oder gar aus dem Klassizismus des Louis Seize für weniger als 15 000 Mark erhielt. Umgekehrt betrachtet bedeutet dies natürlich auch: Derzeit sind die Preise günstig. Wer Freude an Schönem hat, sagen Antiquitätenhändler, kann nun relativ billig kaufen und hat eine Chance, dass das Gekaufte im Wert steigt.

Nicht anders ist es bei Silberwaren. Gefragt sind weiter Stücke aus Sterling, der wertvollsten Silberlegierung mit 92,5 Prozent Feinsilber und 7,5 Prozent Kupfer. Die sogenannten 925er-Gegenstände, die gut erhalten sind, schwer und nicht alltäglich, erzielen gute Preise. Dazu zählen beispielsweise massive Kerzenleuchter, meist im Doppelpack und aus England.

Preisverfall bei Antiquitäten in mittelgutem Zustand

Auch Gegenstände, die heute nur noch selten auf Tischen stehen, sind eher teuer, etwa Salièren zum Salzen beim Essen, altenglische Toasthalter, massive Platzteller oder das gut erhaltene Austernbesteck aus dem 19. Jahrhundert. Silberbestecke insgesamt werfen hingegen oft nur noch den reinen Materialwert ab. Hier liegt für den Käufer eine doppelte Chance. Denn der Wert von Waren aus Sterling würde sowohl bei einem steigenden Silberpreis als auch bei einer Veränderung der Mode steigen. Aktuell kostet eine Feinunze Silber rund 15 Euro – drei Dollar weniger als im September.

Auch für feingeknüpfte Teppiche oder Gemälde gilt: Nur was nicht Kunsthandwerk, sondern Kunst ist, selten und sehr gut erhalten, erzielt gute Preise. Gerade für Spitzenwaren würde immer noch exzessiv gezahlt, Japaner und Amerikaner seien hier die Hauptinteressenten, während die Gesamtumsätze sänken und Dinge mittlerer Qualität unter Preisverfall litten, erklärt etwa das Auktionshaus Sotheby’s. Gefragt seien gerade relativ junge Werke aus dem 20. und 21. Jahrhundert.

Alte europäische Meister hängt sich kaum noch jemand an die Wand. Wer also an Kunst interessiert ist und statt an hohe Renditen eher an Werterhalt denkt, der könnte gegenwärtig auf den Märkten für Kunst und Alltagsluxus einige Kaufgelegenheiten finden.

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