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Wer den Schaden hat: Immer wenn ein neues I-Phone kommt, häufen sich die Schadensmeldungen für ältere Modelle.

© imago/Science Photo Library

Fünf Milliarden Euro Schaden im Jahr: So betrügen Kunden ihre Versicherung

Kaputte I-Phones, fingierte Einbrüche, Tipps gibt es im Internet. Corona könnte das noch anheizen. Doch die Versicherer rüsten auf.

Immer wenn ein neues I-Phone-Modell auf den Markt kommt, sind die Versicherungsunternehmen alarmiert. Denn einige Kunden versuchen, auf Kosten der Versicherung ihr altes Modell loszuwerden. „Plötzlich fallen ganz viele Handys vom Tisch“, berichtet Rüdiger Hackhausen, Vorsitzender der Kommission Kriminalitätsbekämpfung im Versicherungsverband GDV. Mit dem Geld der Haftpflichtversicherung soll dann das neue Smartphone finanziert werden.

Rund fünf Milliarden Euro Schaden entstehen den Schaden- und Unfallversicherern jedes Jahr, indem ihre Kunden Schäden erfinden, bei der Höhe des Schadens übertreiben oder lügen, wenn sie den Vorfall beschreiben. Jede zehnte Schadensmeldung ist dubios, betont Hackhausen.

Bestätigt sehen sich die Versicherer durch eine repräsentative Umfrage, die der GDV am Donnerstag vorgestellt hat. Darin gaben zehn Prozent der Befragten an, dass sie selbst schon einmal die Versicherung betrogen haben oder von einem solchen Betrug wissen. Nur jeder Zweite rechnet damit, dass ein Versicherungsbetrug aufgeklärt wird. Allerdings halten nur zehn Prozent der Bundesbürger Versicherungsbetrug für ein Kavaliersdelikt. Bei Menschen unter 30 Jahren ist das Unrechtsbewusstsein jedoch weniger stark ausgeprägt. Ein Fünftel der Jüngeren hat Verständnis, wenn sich jemand Leistungen von der Versicherung erschleicht.

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Die Coronakrise könnte dazu führen, dass Betrugsversuche zunehmen, befürchten die Versicherer. Erste Anzeichen gibt es bereits. Verstärkt melden Boutiquen angebliche Einbrüche, bei denen Saisonware wie Sommerbekleidung gestohlen worden sein soll – möglicherweise, um mit dem Geld der Versicherung eine drohende Insolvenz abzuwenden. Privatleute geben verstärkt Schäden an Fernsehgeräten an, die sie auf Pump gekauft haben, deren Raten sie aber wegen Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit nicht mehr bezahlen können. Die wirtschaftliche Not, glaubt Hackhausen, wird einige Kunden zu Tätern machen.

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Jüngere haben ein geringeres Unrechtsbewusstsein

Vor allem Jüngere sind gefährdet, berichtet Abdou Gabbar. Er ist Strafverteidiger und kennt die Fälle aus seiner Praxis. Viele junge Menschen hätten hohe Ansprüche und wollten „immer das Tollste“ haben, sagt der Anwalt, das nötige Geld besorgt man sich dann von der Versicherung. Tipps, wie man einen möglichen Schaden gegenüber der Versicherung so frisiert, dass die Gesellschaft zahlt, gibt es in einschlägigen Internetforen. Hilfe beim Versicherungsbetrug leisten auch Anbieter, die Fakekartons von Luxusmarken verkaufen. Mit solchen gefälschten Verpackungen versuchen die Betrüger – mangels Rechnung – nachzuweisen, dass ihnen eine teure Handtasche oder eine Designerbrille abhanden gekommen ist.

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Wie die Versicherer Betrüger jagen

Doch die Versicherer rüsten auf. Sie setzen Software ein, um Betrugsforen im Internet aufzuspüren oder herauszufinden, ob Fotos manipuliert worden sind. Mit speziellen Programmen können sie herausfinden, ob Bildbearbeitungssoftware eingesetzt worden ist oder ob Kunden Fotos einschicken, die sie zuvor aus dem Internet heruntergeladen haben. Wer beim Versicherungsbetrug erwischt wird, muss mit einer Strafanzeige und einer Geldstrafe rechnen. Im Wiederholungsfall, warnt Gabbar, kann auch eine Freiheitsstrafe drohen.

Designerkleidung wird gern als gestohlen gemeldet.
Designerkleidung wird gern als gestohlen gemeldet.

© Getty Images/iStockphoto

Bagatellgrenzen, bis zu denen die Versicherer ungeprüft zahlen, gibt es nicht. „Jeder Schaden wird untersucht“, betont Hackhausen. Doch ein Schlupfloch bleibt Betrügern dennoch: Eine schwarze Liste mit Tätern, in die alle Versicherer Einblick haben, gibt es nicht. Das verhindert der Datenschutz, berichtet GDV-Vertreter Hackhausen.

Welche Daten Versicherer austauschen

Allerdings tauschen die Versicherer zumindest Daten über vermeintlich geschädigte Sachen aus. Im Hinweis- und Informationssystem (HIS) der Branche notiert etwa ein Versicherer, wenn er für den Totalschaden eines Autos aufgekommen ist. Taucht derselbe Wagen bei einem anderen Versicherer dann erneut als Totalschaden auf, muss sich dieser Kunde auf eine höchst intensive Prüfung einstellen.

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