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First Lady und Freundin. Für viele Amerikanerinnen ist Obama ein Idol.

© Magana/dpa

Auftritt in Washington: Michelle Obama spricht, 20.000 hören gebannt zu

Die ehemalige First Lady macht Werbung für ihr Buch, viele Amerikanerinnen bejubeln Michelle Obama aber aus anderen Gründen.

Die Moderatorin kommt nicht viel weiter als bis zu: „Wo wir gerade von deinem Mann sprechen...“ Dann wird das Kreischen in der Halle ohrenbetäubend, die meisten der 20.000 Zuschauer zücken ihre Handys. Sie ahnen, was gleich passiert. Ex-Präsident Barack Obama betritt um 22.25 Uhr die Bühne und geht auf den eigentlichen Star des Abends zu: Michelle Obama. Er überreicht seiner Frau einen Strauß pinkfarbener Rosen, gibt ihr einen Kuss und quetscht sich auf die Armlehne ihres blauen Sessels – die Zuschauer in der Capitol One Arena sind kaum mehr zu halten. Diese Zugabe ist ein voller Erfolg.

Dabei hätte es an diesem Samstagabend in der ausverkauften Halle in Washington, die an anderen Tagen die Eishockeyspieler der „Washington Capitals“ und Popstars mehr oder weniger vollständig füllen, eigentlich gar keiner Zugabe bedurft. Eineinhalb Stunden lang hat die ehemalige First Lady ihren Fans das gegeben, was diese zurzeit brauchen: Hoffnung, Kraft, Verständnis und vor allem gutes Entertainment. Denn Michelle Obama ist genau das – ganz große Unterhaltung. Auf mehr dürfen ihre Anhängerinnen bis auf Weiteres nicht hoffen, ihr Idol hat immer wieder beteuert, kein politisches Amt anzustreben. Auch wenn ihr Auftritt wieder einmal beweist: Sie ist in der Lage, Menschen mitzureißen.

Mehr als drei Viertel der Zuhörer sind weiblich

Der Anlass des Abends ist ihre gerade erschienene Autobiografie „Becoming“, die sie in 14 Großveranstaltungen vorstellt – zwölf in den USA, dazu kommen Paris und London. An ihrer Seite hat sie dabei Prominente wie Starmoderatorin Oprah Winfrey oder Schauspielerin Reese Witherspoon. In Washington, bei ihrem vierten Auftritt, ist es Valerie Jarrett, die einst Barack Obama im Weißen Haus beraten hat. „Becoming“ führt die Bestseller-Listen an, das Interesse an dem, was die erste schwarze First Lady zu sagen hat, ist gigantisch. Viele Frauen – mehr als drei Viertel der Zuhörer in der Arena sind weiblich – haben ein Exemplar des Buches und hoffen darauf, dass Obama es signiert. Aber so nah kommt ihr an diesem Abend kaum jemand.

Um überhaupt in der Halle zu sein, haben die „Ladies“, wie Michelle Obama ihre Zuhörerinnen immer wieder nennt, großen Aufwand betrieben. Die Karten sind rasend schnell weggegangen, in den vergangenen Tagen gab es nur noch Tickets für mehrere hundert Dollar. Am Samstag sind die Schlangen vor den aufwändigen Sicherheitskontrollen hunderte Meter lang, bis alle auf ihren Plätzen in der Arena sind, vergeht viel Zeit. Der Auftritt beginnt mit einer Stunde Verspätung, die Stimmung trübt das nicht.

Im schwarzen Hosenanzug samt großer silberner Brosche und Stilettos sitzt Michelle Obama in dem blauen Sessel und unterhält sich mit Valerie Jarrett, aber vor allem unterhält sie sich mit den anderen Frauen im Saal, die sich für diesen Abend ähnlich schick gemacht haben. Als sie erzählt, von ihrer Kindheit im Süden Chicagos oder der ersten Begegnung „mit diesem Barack“, herrscht aufmerksame Stille. Wenn sie von ihren Selbstzweifeln berichtet, nicht „gut genug“ zu sein, von ihren Schwierigkeiten als Kind in einer Arbeiterfamilie, als Afroamerikanerin, die an eine Eliteuni wollte, oder ihrem Kampf, die eigenen Prioritäten mit der Rolle als junge Mutter in Einklang zu bringen, nicken viele Frauen im Publikum, rufen „Right!“ oder „Yeah!“.

Emotionen unter dem Hallendach

Wer daran gezweifelt hat, dass eine wie vom Veranstalter angekündigte „intime Konversation“ mit rund 20.000 Teilnehmern möglich ist, wird eines anderen belehrt: Es ist möglich, Michelle Obama scheint den Frauen im Raum aus der Seele zu sprechen, für viele fühlt es sich an wie das Gespräch mit einer guten Freundin. Per Großleinwand wird dieses Gefühl bis zu den Sitzplätzen ganz oben unter das Dach der Halle übertragen. Michelle ist ein Superstar, mit einer einfachen Botschaft: Ihr seid es wert, egal, was die anderen sagen. Macht das Beste aus euch.

Mit dieser Botschaft ist sie auf Tour. Am Ende sind eigentlich alle schon bereit, beseelt nach Haus zu gehen. Und dann kommt Barack Obama.

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